Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO – wie weiter?

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Im Zivilrecht können erstinstanzliche Urteile fast immer – bis auf absolute Bagatellsachen mit einem Wert bis 600 Euro – mit der Berufung angefochten werden. Weil man aber gleichzeitig die Rechtsmittel möglichst begrenzen will, haben die Berufungsgericht die Option, eine offensichtlich unbegründete Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Bevor das geschieht, ergeht zunächst ein Hinweisbeschluss, in dem das Gericht seine Auffassung mitteilt und dem Berufungsführer die Möglichkeit der Stellungnahme gibt. In aller Regel wird die Stellungnahme aber nicht mehr viel an der Ansicht des Gerichts ändern können.

Darum stellt sich die Frage, wie man auf eine erfolgte Zurückweisung der Berufung reagieren kann.


Revision

Die Revision steht gegen den Zurückweisungsbeschluss nicht zur Verfügung.

Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik, nach der die unmittelbare Revision nur möglich ist, wenn das Berufungsgericht sie zulässt. Die Zulassung der Revision ist nur bei Fällen mit grundsätzlicher Bedeutung möglich.

Die „schnelle“ Zurückweisung durch Beschluss darf aber nur in einfachen Fällen ohne grundsätzliche Bedeutung geschehen. § 522 Abs. 2 ZPO und eine Revisionszulassung schließen sich gegenseitig aus.


Nichtzulassungsbeschwerde

Ursprünglich war gegen den Zurückweisungsbeschluss überhaupt kein Rechtsmittel vorgesehen. Vereinzelt findet man diese Information auch noch im Internet. Heute (seit immerhin mehr als zehn Jahren) stimmt das aber nicht mehr. § 522 Abs. 3 ZPO legt jetzt fest, dass gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel zulässig ist, das gegen ein „richtiges“ Urteil gegeben wäre.

Das bedeutet, dass die Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich möglich ist. Aber eben auch nur unter den Voraussetzungen, unter denen sie überhaupt gegeben ist, nämlich wenn die Berufung als unzulässig beurteilt wurde oder – in der Praxis ganz wichtig – der Beschwerdewert mindestens 20.000 Euro beträgt.


Anhörungsrüge

Mit der Anhörungsrüge wird geltend gemacht, dass das Gericht etwas nicht beachtet hat, was man vorgetragen hat. Dies darf sich aber nur auf das Berufungsgericht beziehen. Soweit das Gericht der ersten Instanz eine Gehörsverletzung begangen hat, musste dies mit der Berufung gerügt werden.

Dass nun das Berufungsgericht etwas aus der Berufungsbegründung ignoriert hat, kommt erfahrungsgemäß kaum vor bzw. es lässt sich nicht nachweisen. Neuer Sachvortrag ist in der Berufung nicht möglich, eine Berufung kann regelmäßig nur auf konkrete Zweifel an den Tatsachen oder auf Rechtsfehler gestützt werden.

Die Anhörungsrüge wird daher nur ausnahmsweise in ganz speziellen Konstellationen in Frage kommen.


Wiederaufnahme

Mit der Wiederaufnahme wird ein Urteil wegen einzelner, besonders schwerwiegender Fehler aufgehoben und der Prozess neu durchgeführt. Über die schon engen gesetzlichen Vorgaben hinaus (z.B. Nachweis der Richterbestechung, Verurteilung eines Zeugen Falschaussage) setzt die Rechtsprechung noch sehr strenge Anforderungen an eine Wiederaufnahme.

Eine Wiederaufnahme wird daher kaum jemals in Betracht kommen.


Verfassungsbeschwerde

Mit einer Verfassungsbeschwerde wird nicht gerügt, dass das Urteil in der Sache falsch wäre, sondern dass das Gericht ein Grundrecht verletzt hat. Dies kommt grundsätzlich in Betracht und ist mit genauem Blick auf den Einzelfall zu prüfen.

Allerdings kommt die Verfassungsbeschwerde nur in Betracht, wenn es kein anderes Rechtsmittel gibt. Nach den obigen Ausführungen ist dies in erster Linie die Nichtzulassungsbeschwerde. Sofern die Nichtzulassungsbeschwerde möglich ist, es in der Regel also um mindestens 20.000 Euro geht, scheidet die Verfassungsbeschwerde daher aus. Nichtzulassungsbeschwerde und Verfassungsbeschwerde schließen sich also grundlegend aus.


Entscheidung über weiteres Vorgehen

Angesichts dieser Ausgangssituation muss man nach Erhalt des Zurückweisungsbeschlusses genau überlegen, wie man nun vorgehen kann. Da die Frist gerade für die Anhörungsrüge (zwei Wochen) und für die Verfassungsbeschwerde (ein Monat) relativ kurz sind, sollte man hier keine Zeit verschwenden. Nach einer genauen Prüfung kann dann entschieden werden, welcher Weg der gewünschte ist.

Soweit die Höhe des Beschwerdewerts zweifelhaft ist, man also nicht genau weiß, ob dieser nun knapp unter oder knapp über der Grenze von 20.000 Euro liegt, kann die Beauftragung eines spezialisierten BGH-Anwalts zur Klärung dieser Vorfrage sinnvoll sein.

Rechtsanwalt Thomas Hummel arbeitet mit Kollegen aus verschiedenen Bereichen zusammen, um auch bei besonderen Detailfragen kompetente Auskünfte bieten zu können.

Außerdem wird man die ökonomischen Aspekte besonders genau betrachten müssen. Im allgemeinen kann man den „Wert“ einer zivilrechtlichen Klage relativ leicht feststellen. Sollten bspw. in der Berufung nur 1000 Euro mehr eingeklagt werden, wird sich eine Verfassungsbeschwerde zu einem Preis von 8000 Euro kaum rentieren.


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