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Anwaltskosten für Scheidung: nicht immer außergewöhnliche Belastungen

  • 4 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

Eine Scheidung ist eine aufwühlende Sache. Schön wäre es, wenn die Parteien wenigstens die Kosten dafür steuerlich geltend machen könnten. Allerdings existieren zur Absetzbarkeit von Anwaltskosten (die sich mit einem Anwaltskostenrechner ungefähr berechnen lassen) in einem Scheidungsverfahren mindestens so viele Fälle wie Ausnahmen oder Einschränkungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich in einem aktuellen Fall erneut mit der Frage befassen, wann Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit einer Scheidung entstehen, als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können und später steuermindernd wirken.

Scheidung und Anwaltskosten

Zwischen zwei Eheleuten wurde im Jahr 2009 die Ehe mit Urteil des zuständigen Amtsgerichts (AG) rechtskräftig geschieden. Auf Antrag der Frau erging das Urteil als sogenanntes Verbundurteil. Das bedeutet, dass in dem Verfahren nicht nur über die Scheidung selbst entschieden wurde, sondern gleichzeitig auch über den Versorgungsausgleich, die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens und den nachehelichen Unterhalt. Mit dem Urteil war der Mann aufgrund der Höhe des nachehelichen Unterhalts nicht einverstanden und reichte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) ein. Das Scheidungsverfahren zwischen beiden Parteien wurde letztlich durch einen Vergleich beendet. Für das Verfahren vor dem AG berechnete sein Anwalt dem Mann 1707,65 Euro, für das Berufungsverfahren 2171,99 Euro.

Kosten nicht anerkannt

In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Mann die kompletten Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Allerdings erkannte das zuständige Finanzamt (FA) diese Kosten nicht an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren klagte der Mann schließlich vor dem Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein auf Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen. Das FG urteilte, dass er die Rechtsanwaltskosten komplett absetzen kann. Das sah das FA aber anders und legte erfolgreich Revision zum BFH ein.

FA bekommt vom BFH Recht

Der BFH stellte fest, dass die Rechtsauffassung des FA korrekt war. Das Urteil des FG wurde aufgehoben und die Klage des Mannes abgewiesen.

Absetzbarkeit von Zivilprozesskosten

In § 33 Abs. 2 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ist definiert, was unter außergewöhnlichen Belastungen zu verstehen ist. Das sind solche Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, also wenn er sich diesen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Der BFH ist nach seiner aktuellen Rechtsprechung der Ansicht, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich abzugsfähig sind.

Berücksichtigung von Scheidungskosten

Gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG sind Aufwendungen nur dann absetzbar, wenn der zugrunde liegende Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich des Lebens berührt und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und lebensnotwendige Bedürfnisse im üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Prozesskosten, die im Rahmen eines Scheidungsverfahrens entstanden sind, werden vom BFH grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Begründet wird dies damit, dass im Scheidungsrecht das sogenannte Zerrüttungsprinzip gilt, d. h., es kann davon ausgegangen werden, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Scheidung eingereicht ist. Folglich sind die damit zusammenhängenden Kosten zwangsläufig entstanden. Sie müssen zur steuerlichen Berücksichtigung aber innerhalb des sogenannten Zwangsverbunds entstanden sein. Dazu gehört neben dem eigentlichen Scheidungsverfahren nur noch der Versorgungsausgleich von Rentenanwartschaften nach § 1587b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Aus diesem Grund sind nur die unmittelbar und unvermeidbar entstandenen Kosten wie die Gerichts- und Anwaltskosten für diese Ansprüche steuerlich absetzbar.

Scheidungsfolgesachen ohne Berücksichtigung

Der BFH hat entschieden, dass solche Kosten nicht als zwangsläufig anzusehen sind, die zwar zusammen mit der Scheidung verhandelt werden, mit dieser aber nicht in einem unlösbaren prozessualen Zusammenhang stehen, beispielsweise die Scheidungsfolgesachen – im vorliegenden Fall die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen und den nachehelichen Unterhalt. Die Tatsache, dass eine der Scheidungsparteien – hier die Frau – die Aufnahme dieser Folgesachen in den Scheidungsverbund gegen den Willen der anderen Partei beantragt hat, führt nicht zur Zwangsläufigkeit.

Nicht alle Anwaltskosten absetzbar

Das Verfahren vor dem OLG betraf nur die Berufung gegen die Entscheidung des AG zum nachehelichen Unterhalt. Die daraus entstandenen Kosten sind nicht zwangsläufig und folglich auch nicht steuerlich absetzbar.

Die im Rahmen des Verfahrens vor dem AG entstanden Rechtsanwaltskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, soweit diese auf den nachehelichen Unterhalt entfallen. Es muss in diesem Fall eine prozentuale Aufteilung der Kosten vorgenommen werden. Es wurde dabei festgestellt, dass der Mann von den 1707,65 Euro lediglich 510 Euro absetzen könnte. Nach § 33 Abs. 3 EStG besteht in seinem Fall aber eine zumutbare Belastung von 6 % seines Gesamtbetrags der Einkünfte, nämlich 2047 Euro, die er selbst tragen muss. In seinem Fall ist die Absetzbarkeit der Anwaltskosten nicht möglich – er hat die Belastungsgrenze nicht überschritten.

Fazit: Steuerlich absetzbar sind im Rahmen eines Scheidungsverfahrens nur Anwalts- und Gerichtskosten, die innerhalb des sog. Zwangsverbunds entstanden sind.

(BFH, Urteil v. 20.01.2016, Az.: VI R 70/12)

(WEI)

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