Arbeitsverhältnis in Polen? Was ist zu beachten?

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Andere Länder – andere Sitten, sagt man. Der Spruch trifft nicht nur zu, wenn man eine Reise in ein anderes weites Land bucht, sondern auch bei ganz trivialen Alltagsfragen der Arbeitswelt. Dass man in verschiedenen Ländern andere Arbeitssitten und Regeln hat, ist eine Binsenweisheit, doch welche Regelungen sind bei der Arbeit in Polen von Bedeutung? Dieser Text wirft ein wenig Licht auf dieses Thema.

Der wichtigste Rechtsakt in Polen, wenn es um das Arbeitsverhältnis geht, ist das Arbeitsgesetzbuch (Kodeks Pracy). Das Arbeitsverhältnis wird dort ähnlich wie in Deutschland als eine gegenseitige Verpflichtung des Arbeitgebers und Arbeitnehmers definiert. Laut des Gesetzes verpflichtet sich der Arbeitnehmer dabei, eine Arbeit bestimmter Art zugunsten des Arbeitgebers unter dessen Leitung und an dem von ihm bestimmten Ort und in dem von ihm bestimmten Zeitraum auszuführen. Auf der anderen Seite hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur gegen Entgelt zu beschäftigen.

Der „Kodeks Pracy“ sieht befristete und unbefristete Arbeitsverträge vor. Zur ersten Gruppe gehören auch Verträge, die für die Zeit der Ausführung einer bestimmten Arbeit geschlossen werden oder sog. „Stellvertretungsverträge“, also solche, die für die Zeit, in der ein anderer Arbeitnehmer in seiner Arbeitsleistung gehindert wird, etwa durch Elternzeit.

Der erste Arbeitsvertrag kann auf Probezeit bis zu drei Monate geschlossen werden, die Probezeit kann, in der Regel, nicht verlängert werden. Eine kürzere Probezeit ist durchaus zulässig. Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis entweder befristet oder unbefristet sein. Im ersten Fall kann die Zeitdauer des befristeten Vertrages 33 Monate nicht übersteigen. Darüber hinaus können die Parteien nicht mehr als drei befristete Arbeitsverträge hintereinander schließen. Ein Verstoß gegen eine dieser Regeln hat zur Folge, dass der Vertrag für unbestimmte Zeit gilt, was wiederum eine Bedeutung für die Kündigungsmöglichkeiten hat. Befindet sich der Arbeitnehmer im unbefristeten Arbeitsverhältnis, kann er nur unter Angabe eines wichtigen Grundes gekündigt werden.

Die moderne Arbeitswelt ist jedoch nicht mehr so starr wie in der Entstehungszeit des polnischen Arbeitsgesetzbuches 1974. Selbst wenn das Gesetz mehrmals erfolgreich novelliert wurde, sucht man heutzutage nach lockeren Formen der Sicherung seines Daseins. Bei der Suche nach praktikablen Lösungen kommt in Polen der Blick in das Zivilgesetzbuch zu Hilfe. Abhängig von der Art der Leistung und der Position der Parteien können verschiedene Lösungen für den vertraglichen Rahmen einer Leistung gefunden werden. Nicht alle Tätigkeiten müssen regelmäßig und weisungsgebunden ausgeübt werden und dies gilt nicht nur für die aus Deutschland bekannten Minijobs, sondern auch für andere, viel komplexere Tätigkeiten. Für einen Informatiker oder Grafiker ist es oft vorteilhaft, als Selbstständiger zu handeln oder anhand eines Auftragsvertrages.

Das Zivilrecht bietet hierzu einige Möglichkeiten. Um die öffentlichen Belastungen zu reduzieren und die engen Rahmen des Arbeitsverhältnisses zu lockern, werden in Polen oft bei der Einstellung zivilrechtliche Verträge praktiziert. Meistens ist es ein Werkvertrag oder Dienstleistungsvertrag. In beiden Fällen sind die öffentlichen Abgaben flexibler zu gestalten, wobei sie beim Dienstleistungsvertrag weitgehend dem Arbeitsvertrag ähneln.

Der Vorteil für den Arbeitgeber ist klar: die arbeitsrechtlichen Urlaubsregelungen oder Kündigungsfristen greifen etwa nicht und die Arbeitskosten fallen niedrigen aus. Die Parteien können den Vertrag plastisch gestalten: Arbeitszeiten, Urlaub und Vergütung in verschiedenen Schicksalssituationen vereinbaren.

Im Umgang mit Verträgen dieser Art ist jedoch zu einer gewissen Vorsicht zu raten. Wenn ein Verhältnis zu sehr dem Arbeitsverhältnis ähnelt, drohen dem Arbeitgeber rechtliche Konsequenzen, vor allem die Rückerstattungsansprüche des Scheinarbeitnehmers bzw. Ansprüche der Sozialversicherungsanstalt auf Einzahlung der Sozialversicherungsbeträge.

Das Arbeitsrecht in Polen befindet sich momentan im Umbau. Geplant ist eine Reform in Bezug auf die Inanspruchnahme des Urlaubs oder Gestaltung der sog. fakultativen Vergütungsbestandteile.

Sollten Sie Fragen zu den angehenden Änderungen des polnischen Arbeitsrechts oder den gegenwärtigen Regelungen haben, zögern Sie nicht und wenden Sie sich an uns. Wir werden uns freuen, Sie durch die Mäander des polnischen Arbeitsrechts zu begleiten.

Rechtsanwältin Sabina Ociepa


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