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Saisonarbeit und ihre Besonderheiten im Arbeitsverhältnis

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Saisonarbeit und ihre Besonderheiten im Arbeitsverhältnis

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Nach den Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums kommen jedes Jahr etwa 300.000 Saisonarbeitskräfte nach Deutschland. In der Europäischen Union (EU) handelt es sich überwiegend um Migranten aus Osteuropa und Afrika. Seltener kommen Saisonkräfte aus entfernteren Ländern, da die Anreise für eine nicht dauerhafte Arbeit zu kostspielig ist. 

Was bedeutet Saisonarbeit?

Bei Saisonarbeit handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis, das zeitlich auf eine Saison im Jahr begrenzt ist, in der ein erhöhter Bedarf an Arbeitskräften besteht. Vollbeschäftigung oder Überbeschäftigung in der Saison stehen typischerweise einer Unterbeschäftigung außerhalb der Saison gegenüber. Der Bedarf an Arbeitskräften ist somit fluktuierend, das heißt, unterschiedlich hoch. 

Saisonarbeit in Deutschland

Seit den 1990er Jahren stellen polnische Staatsangehörige die meisten aller Saisonarbeitnehmer in Deutschland. Prozentual machen diese polnischen Arbeitnehmer 80 Prozent der Saisonarbeiter aus. Bereits 2006 arbeiteten 90 Prozent, somit fast alle Saisonarbeiter, in der Land- und Forstwirtschaft. Der Rest verteilt sich auf das Hotel- und Gaststättengewerbe und die Schausteller.  

Die meisten Saisonarbeiter kommen derzeit aus anderen EU-Staaten. EU-Bürgerinnen oder -Bürger benötigen nämlich keine Arbeitserlaubnis. Innerhalb der EU einschließlich Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz gilt die EU-Verordnung 883/2004, die die sozialen Sicherungssysteme der EU-Länder miteinander koordiniert. Bei Saisonarbeitern aus anderen Ländern, sogenannten Drittstaaten, prüft die Bundesagentur für Arbeit (BA), ob die Bestimmungen für eine Saisonbeschäftigung vorliegen. Nur wenn dies der Fall ist, bekommen diese eine Arbeitserlaubnis und dürfen als Saisonarbeitskräfte angestellt werden. 

Voraussetzung ist, dass innerhalb von 180 Tagen insgesamt höchstens 90 Tage gearbeitet werden. Zudem muss regelmäßig mindestens 30 Stunden in der Woche gearbeitet werden. Auch Asylbewerber und Drittstaatsangehörige sind seit 2020 zur Erntehilfe ohne Arbeitsvisum zuzulassen. 

Rechtliche Besonderheiten der Saisonarbeit

Saison- und Kampagne-Betriebe sind gemäß § 22 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei Entlassungen nicht zur Anzeige verpflichtet. Nicht als Saisonbetrieb gelten Bauunternehmen, die Arbeitnehmer ganzjährig beschäftigen und dabei nach § 102 Sozialgesetzbuch III (SGB III) gefördert werden, beispielsweise durch Wintergeld (§ 22 Abs. 2 KSchG). Auch Massenentlassungen von Saisonarbeitern müssen der Agentur für Arbeit nicht angezeigt werden (§ 17 KSchG i. V. m. § 22 Abs. 1 KSchG). Zudem gilt auch eine Ausnahme bei der Kurzarbeit. Kann ein Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht bis zu den in § 18 Abs. 1 und 2 KSchG genannten Zeiten voll beschäftigen, so kann die Bundesagentur für Arbeit zulassen, dass in der Zwischenzeit Kurzarbeit eingeführt wird, § 19 Abs. 1 KSchG. Dies gilt jedoch nicht bei Saisonarbeit, da die Vorschrift gemäß § 22 KSchG ausgeschlossen ist. 

Für Saisonarbeit gilt der Mindestlohn

Beschäftigte, die Saisonarbeit leisten, erhalten stets auch den Mindestlohn. Die Verpflichtung, Mindestlohn zu bezahlen, gilt seit dem 1. Januar 2015. Momentan beträgt der Mindestlohn 12,00 Euro brutto je Stunde (Stand: Oktober 2022). Soweit die Saisonbeschäftigung weniger als 70 Tage im Jahr gelegentlich, das heißt, nicht berufsmäßig, ausgeübt wird, fällt für diese Tätigkeit keine Sozialversicherung an.  

Wer in Deutschland vorübergehend einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, die auf höchstens acht Monate befristet ist, gilt sozialversicherungsrechtlich als Saisonarbeiter (§ 15a Abs. 1 Beschäftigungsverordnung, BeschV). Die Tätigkeit muss einen jahreszeitlich bedingten, jährlich wiederkehrenden erhöhten Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers abdecken. Die Beschränkung auf acht Monate gilt nach § 15a Abs. 1 der Beschäftigtenverordnung nicht für Betriebe des Obst-, Gemüse-, Wein-, Hopfen- und Tabakanbaus. Ist eine Person als Schaustellergehilfe beschäftigt und wurde basierend auf einer Absprache der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes vermittelt, kann einem Aufenthaltstitel zur Beschäftigung für insgesamt bis zu neun Monaten pro Jahr zugestimmt werden (§ 15b BeschV). 

Anrechnung von Unterkunftsleistungen auf Saisonarbeit

Wird dem Saisonarbeiter eine Unterkunft zur Verfügung gestellt, ist eine Anrechnung von Verpflegung und Unterkunft entsprechend § 107 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) auf den gesetzlichen Mindestlohn zulässig. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt: Eine Anrechnung von Sachleistungen ist nicht erlaubt, wenn der Arbeitgeber – aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) oder des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) – verpflichtet ist, ein Mindestentgelt zu bezahlen. 

Saisonarbeit und Minijob

Von einem kurzfristigen Minijob wird gesprochen, wenn die Tätigkeit auf einen bestimmten Zeitumfang begrenzt ist. Dies ist vorab zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich zu regeln. Wenn eine Saisonarbeitskraft in einem kurzfristigen Minijob beschäftigt wird, ist die Beschäftigung dann beitrags- und sozialversicherungsfrei. 

Berufsmäßige Beschäftigungen sind nicht im Rahmen eines kurzfristigen Minijobs möglich. Berufsmäßig ist eine Tätigkeit, wenn sie für den Beschäftigten nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Verdient ein Arbeitnehmer mehr als 520 Euro monatlich, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es sich um eine berufsmäßige Ausübung des Minijobs handelt. Sozialversicherungsfreie Minijobs können kurzfristig auch von Kurzarbeitern getätigt werden, wenn diese von Ihrer überwiegenden hauptberuflichen Tätigkeit ganz oder teilweise freigestellt sind.  

Krankenversicherung und Rentenversicherung von Saisonarbeitern

In der gesetzlichen Krankenversicherung sind insbesondere alle Arbeitnehmer Pflichtmitglieder, deren Bruttoeinkommen unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze von 64.350 Euro (Stand 2022) und über der Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro liegt. Arbeitgeber zahlen zur Sozialversicherung pauschal 28 Prozent an die Minijob-Zentrale. 

Der Arbeitnehmer ist auch in der Rentenversicherung grundsätzlich versicherungspflichtig. Jedoch kann er sich von der Versicherungspflicht befreien lassen. Die Sozialabgaben entfallen dann für den Arbeitnehmer. Anderenfalls zahlt der Arbeitnehmer einen Eigenanteil von 3,6 Prozent an die Rentenversicherung (Stand 2023). Unabhängig vom Status des Arbeitnehmers fallen 2 Prozent Pauschalsteuer an. Diese sind entweder vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber zu tragen.  

Arbeitsbedingungen

Oft erfolgt eine Bezahlung nach abgeerntetem Ertrag statt nach Stunden. Hieraus ergibt sich häufig eine Bezahlung deutlich unterhalb des Mindestlohns. Wenn die geleisteten Arbeitsstunden nicht auf der Lohnabrechnung aufgeführt sind, ist die Überprüfung des Arbeitslohns oft problematisch. 

In der Abrechnung sind die abgezogenen Unterkunfts- und Verpflegungskosten gelegentlich höher als versprochen. Saisonarbeiter sind immer noch nicht selten auf engstem Raum untergebracht. Die Mindeststandards werden somit häufig nicht eingehalten.

Foto(s): ©Pexels/Anna Shvets

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