Arbeitszeitbetrug: Fristlose Kündigung: Innerhalb von 10 Arbeitstagen wiederholt Arbeit vorgetäuscht

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„Ergibt die Auswertung der elektronisch gespeicherten Arbeitsvorgänge, dass innerhalb von 10 Arbeitstagen mehrere Stunden Arbeitszeit zu viel in die manuell geführte Arbeitszeiterfassung eingetragen wurden, kann dies eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen.“ So lautet der amtliche Leitsatz des LAG Köln (2. Kammer), Urteil vom 29.09.2014 - 2 Sa 181/14; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Köln: „Als die Klägerin Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden beantragte, nahm die Beklagte eine Überprüfung der Arbeitszeiten der Klägerin vor, weil die Überstunden nicht während der Arbeitstage im Büro angefallen waren. Die häuslichen Arbeitszeiten trug die Klägerin manuell in die von der Beklagten geführte Arbeitszeitdatei ein….Am 04.12.2012 erfolgte ein erstes Gespräch mit der Klägerin. Die Klägerin schilderte, dass sie zuhause nicht immer zu den Zeiten, in denen nach der Gleitzeitordnung Arbeitszeit zulässig war, arbeitete. Die gegenüber der Beklagten angegebene Menge der Arbeitsstunden entspräche aber einer von der Klägerin zuhause geführten Excel-Tabelle. Diese übermittelte die Klägerin mit Mail vom 05.12.2012. Am 13.12.2012 fand ein zweites Gespräch mit der Klägerin statt. Hierbei erläuterte sie, dass sie die zuhause gearbeiteten Stunden nicht 1 : 1, also in gleicher Menge in die betriebliche Arbeitszeitauswertung eingebe, wie sie am konkreten Arbeitstag angefallen seien, sondern dass sie nach ihrem persönlichen Bedarf zuhause Überstunden speichere und gegebenenfalls einen positiven Saldo nach ihren persönlichen Bedürfnissen in die betriebliche Arbeitszeitdatei eingebe, um dann zeitnah Überstundenausgleich zu erhalten. Die Beklagte wertete danach die elektronisch gespeicherten Eingabezeiten für die häuslichen Dateneingaben in die Krankenhausentgeltvereinbarungsdatei aus. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Zeit vom 05.11. bis 16.11.2012 50,56 Stunden in die betriebliche Arbeitszeitliste eingegeben hatte, dass die Klägerin nach eigener Tabelle 43,26 Stunden gearbeitet hatte, dass die Zeitstempel der elektronischen Auswertung der vom häuslichen Arbeitsplatz getätigten Dateneingaben jedoch lediglich eine Arbeitszeit von 24,50 Stunden ergaben.“ Quelle: Beck-online.de

Fristlose Kündigung gerechtfertigt

LAG Köln: „Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist gemäß § 626 BGB außerordentlichen mit Zugang der Kündigung vom 18.01.2013 beendet worden…Die Täuschung des Arbeitgebers darüber, dass ein Arbeitnehmer gearbeitet habe, während tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde, stellt regelmäßig einen Grund dar, der geeignet ist, das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeberkündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu beenden. Nach durchgeführter Beweisaufnahme geht die erkennende Kammer davon aus, dass dieser Sachverhalt vorliegend gegeben ist und dass die Klägerin in einem Zeitraum von 6 Arbeitstagen gegenüber ihrem Arbeitgeber 15,76 Stunden zu viel an Arbeitszeit angegeben hat.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitnehmer wollte den Arbeitgeber betrügen

LAG Köln: „Dabei würde es nach Ansicht der Kammer nicht ausreichen, dass die Klägerin lediglich Arbeitszeiten, die außerhalb des betrieblichen Gleitzeitrahmens lagen zeitlich verlegt hat und hierdurch vorgegeben hat, ihre Arbeitszeit innerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht zu haben. Auch würde es nach Ansicht der Kammer alleine nicht ausreichen, dass die Klägerin zuhause eine abweichende Excel-Tabelle geführt hat und die nach dieser Tabelle von der Klägerin festgehaltenen Stunden zu anderen Zeiten im Betrieb als Arbeitsleistung in die dortige Zeiterfassung eingegeben hat. Die Klägerin hat zwar versucht, sich hierdurch Vorteile zu sichern, da durch die gesteuerte Bekanntgabe der (behaupteten) Überstunden ein Verfall dieser Überstunden nicht eintreten konnte…Nach Durchführung der Beweisaufnahme und Auswertung der Zeitstempelliste hat die erkennende Kammer die hinreichende Gewissheit, dass die Klägerin die Beklagte über die Menge der von ihr am Heimarbeitsplatz durchgeführten Arbeiten täuschen wollte…Die Klägerin konnte auch weder diese Arbeitsunterbrechungen noch andere längere Arbeitsunterbrechungen erklären. Nachdem die Klägerin angegeben hat, die Verordnung über die Neuregelung der Entgelte Psychiatrie und Psychosomatik am 14.11.2012 gelesen zu haben, wäre für den 12.11.2012 erklärungsbedürftig gewesen, welche Tätigkeiten die Klägerin konkret von 8.49 Uhr bis 12.31 Uhr, von 13.07 Uhr bis 14.22 Uhr und von 16.16 Uhr bis 16.36 Uhr verrichtet hat. Laut eigener Liste hat sie an diesem Tag nur 45 Minuten Pause gemacht. Sie hat angegeben, um 7.39 Uhr die Arbeit aufgenommen zu haben, die erste Eingabe war aber erst um 8.32 Uhr. Der Klägerin war bereits durch die Kündigungsanhörung zeitnah Gelegenheit gegeben worden, zu den Unterbrechungen in der Dateneingabe Stellung zu nehmen.“ Quelle: Beck-online.de

Für den Arbeitgeber ist es unzumutbar, dass Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin weiter fortzusetzen

LAG Köln: „Auch bei der vorzunehmenden individuellen Abwägung der Kündigungsgründe gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass es der Beklagten unzumutbar war, die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten und das Arbeitsverhältnis länger als bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung aufrecht zu erhalten. Zwar ist die Versuchung, Arbeitszeiten vorzutäuschen, wenn diese nicht effektiv kontrolliert werden können, bei einem Heimarbeitsplatz besonders groß. Trotzdem durfte die Klägerin nicht annehmen, ihr Arbeitgeber werde eine falsche Angabe von Arbeitszeiten, also die Abrechnung von Freizeit als Arbeitszeit hinnehmen oder allenfalls mit einer Abmahnung reagieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nicht nur um wenige Minuten handelt, die beim Stechkartenbetrug auch schon für die Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung ausgereicht haben. Vielmehr hat die Klägerin sich in erheblichem Maße Zeitguthaben durch Falschangaben „erarbeitet“, um sodann nach Belieben Freistellungstage geltend machen zu können.“ Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.


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