Architektenvertrag: nicht genehmigungsfähige Leistungen müssen nicht aufgezeigt werden

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Der Auftraggeber (AG) hatte den Architekten (A) mit der Planung und Überwachung der Arbeiten zur Errichtung einer Mehrzweckhalle beauftragt. Im Rahmen der zunächst beauftragten Leistungsphasen 1 und 2 legte A eine Kostenschätzung von rund € 9.5 Mio. vor. Auf dieser Grundlage betrieb der AG ein Förderbescheidsverfahren. In der Folge verteuerte sich das Bauvorhaben erheblich. Denn nach Einholung eines Baugrundgutachtens zeigte sich das Erfordernis der Ausbildung der Bodenplatte und der Kellerwände als Weiße Wanne. Der Architekt arbeitete dazu 3 Ausführungsvarianten aus, bei denen jeweils die Weiße Wanne zur Anwendung kommen solle. Bei den Varianten 1 und 2 reiche die Ausbildung der Bodenplatte und seitlichen Aufkantung in WU-Beton aus. Für Variante 1 müssten die Aufkantungen in WU-Beton bis über OK Gelände hochgezogen und eine zusätzliche Auftriebssicherung der Bodenplatte vorgesehen werden.

In der Folge wurde Variante 1 ausgeführt. Bei dem Aushub der Baugrube stellte sich heraus, dass der Baugrund entgegen der ursprünglichen Annahme wegen vorhandenen Schwemmmaterials und Tonsteinzersatzes einerseits und wegen einer Wasserlinse andererseits umfangreich ausgetauscht werden müsse. Es müssten Baugrundverbesserungsarbeiten durchgeführt und somit auch die Gründungskonzeption überarbeitet werden. Es wurde eine Weiße Wanne eingebaut, um eine Wasserabdichtung zu gewährleisten.

Der AG wirft dem A nun vor, diese deutlich kostenintensivere Ausführung nicht abgestimmt zu haben. Die Baukosten hatten sich auf rund € 15 Mio. erhöht. Das Landgericht hat die Klage des AG wegen deutlicher Baukostenüberschreitung sowie Rückforderung des anteiligen Architektenhonorars abgewiesen. Denn nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme sei der Einbau einer Weißen Wanne aufgrund der Bodenverhältnisse erforderlich und auch von dem A gegenüber dem AG frühzeitig mit der Angabe einer Kostenerhöhung dargestellt worden. Der AG habe aber die Fortsetzung der Arbeiten an der Weißen Wanne nicht unterbrochen bzw. gestoppt. Auch sei die Vereinbarung einer Kostenobergrenze nicht bewiesen worden. 

Das OLG Jena stellt auf die Berufung des AG hin fest, dass es für einen Erfolg der Klage bereits an einem Mangel am Werk des A fehle. Es sei nicht bewiesen, dass die Umsetzung der Variante 1 und nicht der günstigeren Variante 3 deshalb erfolgt sei, weil eine Weiße Wanne erforderlich geworden sei. Denn die Wannenkonstruktion sei bei allen drei von dem A vorgeschlagenen Varianten aufgrund der während der Bauausführung zu Tage getretenen Baugrundsituation notwendig gewesen. Für eine eigenmächtige Realisierung der Variante 1 anstelle der Variante 3 durch den A gebe es danach keinen Anhalt. Insbesondere sei der einen Mangel des Bauwerks begründende Planungsfehler des A nicht darin zu sehen, dass dieser neben den drei von ihm vorgeschlagenen Varianten nicht zusätzlich die vom AG behauptete weitere Variante 4 vorgeschlagen habe. Nach einer von dem AG eingeholten Stellungnahme eines Privatsachverständigen sei allein eine ebenerdige Lösung als Variante 4 bautechnisch richtig gewesen. 

Zwar sei es Aufgabe des Architekten, die Bauwünsche seines Auftraggebers zu ermitteln und die Möglichkeiten für die Realisierung aufzuzeigen (BGH, Urteil vom 08. Januar 1998 – VII ZR 141/97). Es könne aber dahinstehen, ob der A verpflichtet gewesen sei, dem AG die Variante 4 vorzuschlagen. Denn zur Überzeugung des Senats sei die Variante 4 baurechtlich nicht genehmigungsfähig mit der Folge, dass sich ein etwaiges Unterlassen des A nicht schadensbegründend ausgewirkt habe.

(OLG Jena, Urteil vom 30.06.2016 – 1 U 964/08)


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