Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten im Erbverfahren

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Nur wenige von uns sind auf den Tod vorbereitet, weder auf den eigenen noch auf den unserer Nächsten. Unbewusst versuchen wir daran nicht zu denken und möchten glauben, dass es uns nicht betrifft.

Doch für einige wird einmal der Zeitpunkt kommen, wo sie als Erben werden ihre Rechte im Erbschaftsverfahren wirksam geltend machen müssen, wobei sie erst dann hilflos feststellen, dass sie diese Rechte eigentlich nicht kennen. Um Sie von diesem Unwissenheitsgefühl zu befreien, werden von uns in diesem Artikel einige der wichtigsten Verfahren und Grundsätze erläutert, die von einem zuständigen Notar in jedem Erbverfahren angewendet werden sollten.

Im Falle des Todes eines Erblassers, der eine Ehefrau und Kinder hinterlassen hat und der gleichzeitig auch ein Vermögen hinterlassen hat, muss das Gericht zunächst feststellen, ob der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes mit dem überlebenden Ehegatten ein Gesamthandseigentum der Ehegatten hatte oder nicht. Die Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten im Rahmen eines Erbschaftsverfahrens wird insbesondere durch die Bestimmung des § 195 des Gesetzes Nr. 161/2015 Slg. Zivilprozessordnung für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (nachfolgend als “ ZPO“ genannt) geregelt.

Die Bestimmung des § 195 ZPO regelt also das Verfahren für den Fall, dass die Ehe des Erblassers durch seinen Tod oder durch eine Todeserklärung aufgelöst wurde und der Erblasser mit dem überlebenden Ehegatten ein Vermögen in einem Gesamthandseigentum der Ehegatten hatte. Dieses Verfahren findet jedoch keine Anwendung, wenn die Ehegatten kein zum Gesamthandseigentum gehörendes Vermögen hatten oder wenn ihr Gesamthandseigentum früher oder auf andere Weise als durch den Tod eines der Ehegatten oder durch dessen Todeserklärung aufgelöst wurde. 

Besteht jedoch ein Gesamthandseigentum der Ehegatten im Erbverfahren, so muss das betreffende Gesamthandseigentum der Ehegatten zunächst auseinandergesetzt werden. Es ist möglich, das Gesamthandseigentum der Ehegatten zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben auch durch eine Vereinbarung zu regeln. Die Vereinbarung muss schriftlich oder mündlich in Form einer Niederschrift geschlossen werden und bedarf der Genehmigung des Gerichts. Die gerichtliche Genehmigung der Vereinbarung hat in der Weise zu erfolgen, dass der Notar eine solche Vereinbarung durch einen Beschluss genehmigt. Gegen den Beschluss über die Genehmigung der Vereinbarung kann eine Berufung eingelegt werden.

Die Vereinbarung über die Auseinandersetzung des Nachlasses oder der gerichtliche Beschluss über diese Auseinandersetzung enthält den Umfang der Vermögenswerte und Schulden des Erblassers mit Angabe des Vermögenswerts und der Begrenzung, was von diesen Vermögenswerten zum Nachlass gehört und was dem überlebenden Ehegatten zusteht. Die vertragliche Freiheit der Erben ist nur dadurch beschränkt ist, dass ihre Vereinbarung dem Gesetz oder den guten Sitten nicht widersprechen darf. Es ist erforderlich, damit mit dem Inhalt der Vereinbarung alle Erben einverstanden sind. Durch die Vereinbarung kann nur der ganze Nachlass, der im Verzeichnis der Aktiva der Erbschaft angeführt wurde, geregelt werden, also niemals nur ein Teil davon. Aus dem Gesagten resultiert also, dass eine solche Vereinbarung nicht nur über einen Teil des Nachlasses abgeschlossen werden kann.

Kommt es zu keiner Vereinbarung zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Erben oder genehmigt der zuständige Notar als Gerichtskommissar die Vereinbarung über die Auseinandersetzung des Nachlasses nicht, so wird die Regelung nach Rechtskraft des Beschlusses fortgesetzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Erben nicht eine andere (neue) Vereinbarung, über die die Auseinandersetzung des Nachlasses schließen können.

Finden die Erben den Umfang des Gesamthandseigentums der Ehegatten strittig, so bleibt dieses strittige Vermögen bei der Auseinandersetzung unberücksichtigt; das Gericht beschränkt sich lediglich auf die Feststellung, dass dieses Vermögen strittig ist, und die Erben können dann ihre Rechte bezüglich des betreffenden Vermögens außerhalb des Erbverfahrens geltend machen.      

Bei der Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten stellt das Gericht nach den in der Bestimmung des § 150 des slowakischen Bürgerlichen Gesetzbuches (nachfolgend „BGB“ genannt) angeführten Grundsätzen fest, was von dem betreffenden Vermögen zur Erbschaft und was dem überlebenden Ehegatten gehört und es wird ein abschließendes Vermögensverzeichnis sämtlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Erbschaft vornehmen.

Nach dem § 150 BGB gilt, dass: "bei der Auseinandersetzung wird davon ausgegangen, dass die Anteile beider Ehegatten gleich sind. Jeder Ehegatte hat Anspruch auf Erstattung dessen, was er für das gemeinsame Vermögen ausgegeben hat, und ist verpflichtet, die Aufwendungen für das andere Vermögen aus dem gemeinsamen Vermögen zu erstatten. Darüber hinaus werden insbesondere die Bedürfnisse minderjähriger Kinder, die Art und Weise, wie jeder Ehegatte für die Familie gesorgt hat, und der Beitrag, den er zum Erwerb und zur Erhaltung des gemeinsamen Vermögens geleistet hat, berücksichtigt. Bei der Bemessung des Beitrags sind auch die Betreuung der Kinder und die Versorgung des gemeinsamen Haushalts zu berücksichtigen."

Eine der häufigsten Fragen in diesem Zusammenhang ist, ob das Gesamthandseigentum der Ehegatten auch finanzielle Mittel umfasst, die der Ehegatte des Erblassers bei einer Bank hinterlegt hat und die ausschließlich auf seinen Namen lauten, und ob diese finanziellen Mittel ebenfalls Gegenstand der Erbschaft sind. Diesbezüglich kann eindeutig festgestellt werden, dass die gegenständlichen finanziellen Mittel, wenn sie kein ausschließliches (getrenntes) Eigentum sind (gewonnen durch Schenkung, Erbschaft, erworben vor der Ehe), sondern während der Ehe erworben wurden, dem Gesamthandseigentum der Ehegatten unterliegen und im Falle des Todes des Erblassers seinem Ehegatten zur Hälfte zustehen und der Rest zum Gegenstand der Erbschaft wird, der zwischen den Ehegatten und den anderen Erben aufgeteilt wird. 

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der Vergangenheit umstritten war, ist die Frage, ob ein Geschäftsanteil ebenfalls Bestandteil des Gesamthandseigentums der Ehegatten ist. Da die Rechtsprechung in dieser Frage in der Vergangenheit uneinheitlich war, war es notwendig, diese Unstimmigkeit zu beseitigen. Dies geschah im Jahr 2020 durch das Urteil des Obersten Gerichtshofs der Slowakischen Republik (nachfolgend auch "OG SR" genannt) vom 28. Januar 2020 in der Rechtssache Nr. 8Cdo/196/2018 (nachfolgend auch "Urteil 8Cdo/196/2018" genannt).  Mit dem Urteil 8Cdo/196/2018 schloss sich das OG SR eindeutig dem Urteil des OG SR aus dem Jahr 2006, Rechtssache Nr. 2 Cdo 168/2005, an, wonach: "erwerben die Ehegatten oder einer von ihnen während der Ehe einen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus Mitteln, die zum Gesamthandseigentum der Ehegatten gehören, so wird das so erworbene Vermögen (der Wert des Geschäftsanteils) vom Gesetzes den Bestandteil des Gesamthandseigentums der Ehegatten, das im Verfahren zur Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten nach der Bestimmung des § 149 Abs. 3 des BGB auseinandergesetzt werden kann."

OG SR stellte in seinem Urteil 8Cdo/196/2018 unter anderem fest, dass man sich bei der Definition des Umfangs und des Inhalts des Gesamthandseigentums der Ehegatten nicht nur auf eine sprachliche Auslegung stützen kann, sondern dass der Begriff des Eigentums für die Zwecke des Gesamthandseigentums der Ehegatten umfassender zu verstehen ist (Artikel 20 der Verfassung der Slowakischen Republik spricht vom Recht auf Eigentum, der Begriff des Eigentums wird auch im  § 150 des BGB  in den Grundsätzen für die Auseinandersetzung des Gesamthandseigentums der Ehegatten erwähnt), und zwar jedes in Geld messbare Eigentum, das einer gerechten und angemessenen Abrechnung des Gesamthandseigentums der Ehegatten entspricht. Aus dem Umstand, dass ein Geschäftsanteil ein sonstiger Vermögensgegenstand ist und Gegenstand zivilrechtlicher Beziehungen im Sinne des § 118 Abs. 1 BGB sein kann, folgt sinngemäß, dass, wenn einer der Ehegatten während der Ehe einen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zumindest teilweise aus gemeinsamen Mitteln (sog. gemeinsames Geld) erwirbt, dieser Geschäftsanteil zum  Bestandteil des Gesamthandseigentum der Ehegatten wird, diese gemeinsamen Mittel also in einen Geschäftsanteil an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt werden und nur der Vermögenswert des Geschäftsanteils an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Gesamthandseigentum der Ehegatten  gehört.

Aus der oben Angeführten kann also eindeutig festgestellt werden, dass gemäß der vereinheitlichenden Entscheidung, d. h. gemäß dem Urteil 8Cdo/196/2018 gilt, dass: „wenn die Ehegatten oder einer der Ehegatten während der Ehe und aus den Mitteln, die dem Gesamthandseigentum der Ehegatten gehören, einen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erwerben, dieses Vermögen (der Wert des Geschäftsanteils) dem Gesamthandseigentum der Ehegatten angehört.“

Ich hoffe, dass Ihnen die Informationen in diesem Artikel zumindest teilweise geholfen haben, zu verstehen, welche Rechte Sie im Erbschaftsverfahren geltend machen können bzw. welche Ihrer Rechte auf keinen Fall außer Acht gelassen werden sollten. Bei Ihrem Interesse würden wir uns freuen, wenn Sie sich vertrauensvoll an uns wenden, damit wir Sie bestmöglich beraten und rechtlich unterstützen können.

Bemerkung: Dieses Dokument dient lediglich als eine allgemeine Information und ersetzt nicht die Rechtsberatung in einer konkreten Rechtssache


Foto(s): JUDr. Jana Markechová

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