Zusätzliches Erbverfahren über neu entdecktes Vermögen

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Im Leben passiert es häufig, dass die Erben ein weiteres Vermögen des Erblassers erst nach der rechtsgültigen Beendigung des Erbverfahrens entdecken, was auch nach vielen Jahren sein  kann. Wir haben diesbezüglich oft nachgefragt, was in dieser Situation zu tun ist und wie ein solches neu entdecktes Vermögen geregelt werden kann.  In diesem Artikel  erlauben wir uns  alle wesentlichen Fragen, die mit dieser Problematik verbunden sind, wie folgt zu beantworten.

Die Problematik eines zusätzlichen Erbverfahrens ist in der Bestimmung des § 211 des Gesetzes Nr. 161/2015 Slg., d. h. durch die Zivilprozessordnung für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (nachfolgend “die ZPO“ genannt), geregelt.

Gemäß § 211 ZPO gilt folgendes: „Falls nach der Rechtsgültigkeit des Beschlusses, mit dem das Erbverfahren beendet wurde, ein weiteres Vermögen oder eventuell auch eine weitere Schuld des Erblassers entdeckt wird, wird vom Gericht auf Antrag ein zusätzliches Verfahren über diesen Nachlass durchgeführt. Wenn lediglich eine Schuld des Erblassers entdeckt wird, soll kein zusätzliches Verfahren vorgenommen werden. In begründeten Fällen, insbesondere auf Anlass des Gerichts, des Notars, einer staatlichen Stelle oder örtlichen Behörde kann das Gericht auch ohne Antrag ein zusätzliches Verfahren über dieses Vermögen einleiten. Das Gericht stellt das zusätzliche Erbverfahren ein, wenn das im Antrag genannte Vermögen dem Erblasser nicht gehört.“

Nach der Bestimmung des § 159 ZPO ist für ein zusätzliches Verfahren über den Nachlass  örtlich das Gericht zuständig, an dem das Erbverfahren beendet wurde, da es von dem Grundsatz der Zuständigkeitsdauer ausgeht, die einmalig bis zum Ende des Verfahrens festgelegt wurde, ungeachtet späterer Änderungen der Umstände, die ansonsten für die Bestimmung der Zuständigkeit entscheidend sind.

Das Verfahren wird auf Antrag des Antragstellers begonnen, der als Erbe die Verhandlung der Erbschaft nach dem Erblasser fordert. Der Antrag muss sämtliche in § 127 ZPO  genannten wesentlichen Erfordernissen enthalten,  und zwar (i) an welches Gericht der Antrag gerichtet ist; (ii) wer den Antrag stellt; (iii) welche Sache der Antrag betrifft; (iv) Zweck des Antrages und (v) die Unterschrift des Antragstellers.

In dem Antrag  ist  das Aktenzeichen des ursprünglichen Erbverfahrens anzugeben. Es ist ebenso notwendig, den handelnden Notar anzuführen, der zum Zeitpunkt der rechtsgültigen Beendigung des Erbverfahrens tätig war. Der Erbenkreis soll ebenso angegeben werden. Gleichzeitig ist es erforderlich, den Gegenstand  des neu entdeckten Vermögens anzugeben und die Urkundenbelege beizufügen, die das Eigentum des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes nachweisen können, insbesondere eine Kopie des Katasterauszuges, des Kaufvertrags usw.

Das zusätzliche Verfahren über das neu entdeckten Vermögen ist in derselben Weise durchzuführen, die in dem ursprünglichen Erbverfahren vorgenommen wurde, da das Verfahren an die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens anknüpft sowie aus diesen Ergebnissen resultiert, wobei  in den bestehenden Zustand in keiner Weise eingegriffen werden soll.

Gemäß Punkt 18a des Anhangs zum Gesetz Nr. 71/1992 Slg. über Gerichtsgebühren ist hinsichtlich der Antragstellung für das zusätzliche Verfahren über das neu entdeckte Vermögen eine Gerichtsgebühr von 1% des Wertes der Erbschaft, die zu verhandeln ist, jedoch mindestens 6,50 EUR und höchstens 165,50 EUR, zu zahlen.

 Im folgenden Text sind einige der entscheidenden Urteile des Obersten Gerichtshofs der Slowakischen und Tschechischen Republik sowie der Entscheidungen der ausgewählten allgemeinen Gerichtsstände wie folgt angeführt:

 Der Tod einer physischen Person stellt in Vermögenssachen eine rechtliche Tatsache dar,   mit der eine universelle Sukzession gemäß § 460 des Bürgerlichen Gesetzbuches (nachfolgend “BGB“ genannt„) verbunden ist. Obwohl der Nachlass mit dem Tod des Erblassers erworben wird, äußert sich das Prinzip der staatlichen Ingerenz bei dem Erwerb der Erbschaft darin, dass die Erbschaft von einem Gericht (vorher vom staatlichen Notar) verhandelt  und geregelt  werden muss. Nach der Entscheidung des Gerichts (des Staatsnotariats) über die Erbschaft wird die Erbschaft mit der Wirksamkeit zum Tage des Todes des Erblassers erworben. Die Entscheidung des staatlichen Notars darüber, welche Sachen und Rechte vom Eigentum des Erblassers auf den Erben übergegangen sind, ist nur deklaratorisch. Wenn der Erblasser  zum Zeitpunkt des Todes tatsächlich die strittigen Grundstücke im Eigentum gehabt hat, haben seine Erben den Gegenstand der Erbschaft durch den Tod dieses Erblassers erworben, d. h. nicht durch die Ersitzung im Sinne von § 134 BGB. Wenn die strittigen Grundstücke trotz der Tatsache, dass sie sich zum Zeitpunkt des  Todes des Erblassers in seinem Eigentum befunden haben, nicht der Gegenstand eines Erbverfahrens waren, konnten sie im Verfahren über sogenanntes  neu entdecktes Vermögen verhandelt werden.“ Beschluss des Obersten Gerichts der Slowakischen Republik, Aktenzeichen 3Cdo 84/2012.

 In einem zusätzlichen Erbschaftsverfahren darf der Erbenkreis vom Gericht nicht neu geprüft werden und damit den im ursprünglichen Verfahren festgestellten Erbenkreis des Erblassers  ändern, und dies auch dann nicht, wenn sich neue Tatsachen ergeben würden (z. B. wenn später ein Testament entdeckt wird). Die Erklärung über die Ablehnung oder Nichtablehnung der Erbschaft bezieht sich auf die gesamte Erbschaft des Erblassers, d. h. auch auf  das neu entdeckte Vermögen. Wenn das ursprüngliche Erbschaftsverfahren jedoch gemäß § 175h ZPO eingestellt wurde und das neu entdeckte Vermögen eine solche Maßnahme nicht mehr begründet, wird auch eine Feststellung des Erbrechts vorgenommen. Wenn während des zusätzlichen Erbverfahrens festgestellt wird, dass das neu entdeckte Vermögen nicht vorhanden ist, wird das Verfahren vom Gericht eingestellt (wenn das Verfahren ohne Antrag begonnen wurde) oder der Antrag auf den Beginn des zusätzlichen Erbverfahrens abgelehnt (wenn das Verfahren auf Antrag begonnen wurde). Diese Vorgehensweise ist angemessen sowohl im Falle der Feststellung, dass  das Vermögen, für das das Verfahren durchgeführt wurde, nicht Eigentum des Erblassers war, als auch im Falle der Feststellung, dass das betreffende Vermögen bereits im Erbschaftsverfahren erörtert wurde. In beiden Fällen wird das Gericht das Verfahren einstellen bzw. den Antrag auf Beginn des zusätzlichen Erbverfahrens aus demselben Grund ablehnen, d. h. aufgrund des Nichtvorhandensein des Vermögens, das als der Nachlass verhandelt werden kann. Die Einstellung des Verfahrens in den vorgenannten Fällen ist keine Folge der Schlussfolgerung, dass die Verhandlung der Sache ein Mangel von Verfahrensbedingungen (§ 103 ZPO) hindert, also durch die Einstellung des Verfahrens gemäß den Bestimmungen von § 104 Abs. 1 ZPO “. Beschluss des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik, Aktenzeichen 30Cdo 839/2003.

Obwohl das Verfahren über das neu entdeckte Vermögen des Erblassers  auf Antrag begonnen  wurde, handelt es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren, wobei diesbezüglich ein Ermitlungsgrundsatz gilt und die Klärung des Sachverhalts zu den Gerichtsbefugnissen gehört. Urteil 8/2015

 Bemerkung: Dieses Dokument dient lediglich als eine allgemeine Information und ersetzt nicht die Rechtsberatung in einer konkreten Rechtssache.

 

JUDr. Jana Markechová

         Rechtsanwältin


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