Automatisches Sorgerecht

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Sind Sie verheiratet, steht die elterliche Sorge beiden Elternteilen automatisch zu. Sind Sie als Eltern (noch) nicht verheiratet, hat die Mutter des Kindes automatisch das alleinige Sorgerecht. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie das gemeinsame Sorgerecht bei unverheirateten Eltern zustande kommt und wie das alleinige Sorgerecht beantragt werden kann.

Haben beide Eltern automatisch das Sorgerecht?

Eltern haben automatisch das Sorgerecht, wenn sie miteinander verheiratet sind. Die Ehe begründet ein automatisches Sorgerecht. Der Ehemann gilt selbst dann als Vater des Kindes, wenn die Ehepartner bereits längere Zeit getrennt leben oder es offenbar unmöglich ist, dass die Frau das Kind von ihm empfangen hat. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Geburt des Kindes in der (formal noch) bestehenden Ehe, auf den Zeitpunkt der Zeugung kommt es nicht an. Die durch die bestehende Ehe begründete rechtliche Vaterschaft kann nur durch die Vaterschaftsanerkennung beseitigt werden. Anfechtungsberechtigt ist mithin der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.

Sind Sie nicht miteinander verheiratet, steht das Sorgerecht zunächst der Mutter zu, es sei denn, Sie geben eine gemeinsame Sorgeerklärung ab, heiraten einander oder das Familiengericht überträgt das Sorgerecht auch auf den Vater.

Gibt es ein automatisches Sorgerecht für ledige Eltern?

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, steht das Sorgerecht zunächst der Mutter zu. Es bestehen aber drei Optionen, wie Sie das gemeinsame Sorgerecht beantragen und begründen:

Sorgeerklärung

Beide Elternteile erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen. Zuständig hierfür sind Notare und Jugendämter. Diese Sorgeerklärung kann bereits vor der Geburt des Kindes abgegeben werden. Dann allerdings muss der Vater ausdrücklich auch seine Vaterschaft anerkennen, die dann gleichfalls vor der Geburt erklärt werden muss. Die Vaterschaftsanerkennung allein bedeutet noch nicht automatisch auch gemeinsames Sorgerecht. Die Sorgeerklärung kann übrigens nicht unter einer Bedingung abgegeben werden, indem der Vater beispielsweise erklärt, dass er das Sorgerecht nur übernimmt, wenn seine Unterhaltspflicht für das Kind ausgenommen bleibt.

Automatisches Sorgerecht bei Hochzeit

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, erwirbt der Vater automatisch das Sorgerecht für das Kind, wenn er die Mutter des Kindes heiratet (§ 1626a BGB).

Der leibliche Vater des Kindes, der das Kind mit der Mutter in der außerehelichen Beziehung gezeugt hat, erwirbt kein Sorgerecht. Grund ist, dass es im Interesse der bestehenden Familie und damit im Interesse des Kindes liegt, wenn die Sorge von demjenigen Mann ausgeübt wird, der Teil der Familie ist. Würde man das Sorgerecht auch dem leiblichen Vater zuerkennen, würde das Sorgerecht aufgespalten und die dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit entstehenden Konflikte in die Familie hineingetragen.

Tipp: Solange die Eltern miteinander verheiratet sind, hat der leibliche Vater des Kindes, der ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigt, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, aber nur insoweit, als der Umgang dem Kindeswohl dient (§ 1686a BGB). Er erwirbt damit aber kein Sorgerecht und kann keine Entscheidungen für das Kind treffen.

Gemeinsame Sorge gerichtlich durchsetzen

Die dritte Option, das Sorgerecht für ledige Eltern zu begründen, besteht darin, dass die gemeinsame Sorge durch gerichtlichen Beschluss übertragen wird. Insoweit besteht die Möglichkeit, die gemeinsame Sorge auch gegen den Willen eines Elternteils zu begründen. Auch wenn in der Regel der Vater das Sorgerecht wünscht, hat gleichfalls die Mutter ein Antragsrecht, um auf diese Weise den vermeintlich sorgeunwilligen Vater an der Sorge zu beteiligen.

Das Familiengericht überträgt die gemeinsame Sorge, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Nicht notwendig ist, dass die Übertragung dem Kindeswohl „am besten entspricht oder dient“. Maßstab ist vielmehr eine negative Kindeswohlprüfung, die ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der Elternteile voraussetzt. Soweit kein Elternteil Gründe vorträgt, die gegen ein gemeinsames Sorgerecht sprechen, vermutet das Gesetz, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. Um die Übertragung zu beschleunigen, sieht das Gesetz ein vereinfachtes Verfahren vor.

Gemeinsames Sorgerecht nach Trennung und Scheidung

Trennen Sie sich vom Ehepartner, besteht das gemeinsame Sorgerecht trotz der Trennung und Scheidung unverändert fort. Ungeachtet dessen kann jeder Elternteil beim Familiengericht beantragen, ihm die elterliche Sorge ganz oder teilweise zu übertragen (§ 1671 BGB). Wird ein solcher Antrag nicht gestellt oder vom Gericht als unbegründet abgewiesen, sieht das Gesetz eine Funktionsteilung bei der Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge vor. Dabei wird danach differenziert, wer das Kind in seiner Obhut hat und betreut.

Soweit Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Kind getroffen werden müssen, ist weiterhin das gegenseitige Einvernehmen beider Elternteile erforderlich. Im Übrigen kann der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes selbst entscheiden:

  • Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sind solche, deren Auswirkungen auf das Kind nicht oder nur schwer abzuändern sind.
  • Angelegenheiten des täglichen Lebens hingegen sind ständig vorkommende Gegebenheiten, die ein Elternteil allein bereits aus praktischen Gründen allein entscheiden kann.
  • Gleiches gilt für denjenigen Elternteil, der das Umgangsrecht für das Kind ausübt.

Soweit sich bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung eine Verständigung nicht bewerkstelligen lässt, z.B. bei einem geplanten Umzug ins Ausland, oder eine bestimmte Entscheidung mit dem Kindeswohl nicht vereinbar ist, muss die Maßnahme unterbleiben oder ein Elternteil ruft das Familiengericht an. Dabei kann das Familiengericht aber nicht selbst in der Sache entscheiden. Vielmehr wird es einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis zuweisen. Dabei soll sich das Gericht zunächst darum bemühen, dass sich die Eltern irgendwie einigen.

Wie ist das alleinige Sorgerecht zu beantragen?

Das alleinige Sorgerecht besteht, wenn 

  1. die Elternteile bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, 
  2. keine übereinstimmenden Sorgeerklärungen abgeben 
  3. und auch keine gerichtliche Entscheidung zur Begründung des gemeinsamen Sorgerechts beantragen. 

Soweit ein Elternteil allein sorgeberechtigt ist, kann er alles allein entscheiden und besitzt die alleinige Vertretungsmacht für das Kind. Der andere Elternteil ist von der elterlichen Sorge ausgeschlossen. Er bleibt aber zum Umgang verpflichtet und berechtigt. Außerdem ist er befugt, über Angelegenheiten des täglichen Lebens allein zu entscheiden, wenn sich das Kind in Ausübung des Umgangsrechts bei ihm aufhält.

Will ein Elternteil das alleinige Sorgerecht ausüben, kann er oder sie beim Familiengericht beantragen, das alleinige Sorgerecht zu übertragen (§ 1671 BGB). Voraussetzung ist, dass die Eltern dauerhaft getrennt leben und der andere Elternteil der Übertragung des Sorgerechts zustimmt oder die Übertragung dem Kindeswohl im Hinblick auf die familiären Gegebenheiten am besten entspricht.

Stellen beide Elternteile den Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts und lässt sich auch im Verfahren keine gütliche Einigung erzielen, muss das Gericht denjenigen Elternteil als sorgeberechtigt bevorzugen, der mit Blick auf das Kindeswohl am besten geeignet ist. Hierbei stellt das Gericht darauf ab,

  • wie das Kind untergebracht ist,
  • welche Möglichkeiten der Elternteil hat, das Kind angemessen zu betreuen,
  • wie weit die soziale Umgebung erhalten bleibt
  • und die bisherige Betreuungssituation fortgeführt wird.

Die Rechtsprechung hat eine ganze Reihe von Kriterien entwickelt, die in die Entscheidungsfindung des Gerichts einfließen. Ist das Kind mindestens 14 Jahre alt, kann es der Übertragung der Alleinsorge widersprechen.

Fazit

Das Sorgerecht hat viele Facetten. Sofern Sie wegen des Sorgerechts streiten, müssen Sie sich immer vergegenwärtigen, dass weniger Ihr Interesse, als vielmehr das Wohlergehen Ihres gemeinsamen Kindes der Maßstab Ihres Denkens und Handelns sein sollte.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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