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Axel Springer verliert vor Bundesgerichtshof: Werbeblocker „Adblock Plus“ nicht illegal

  • 3 Minuten Lesezeit
Johannes Schaack anwalt.de-Redaktion

Egal, wie störend sie oft sein mag – ohne Werbung ließen sich etliche Webangebote nicht finanzieren. Für so manchen sind Pop-up-Fenster, blinkende Banner und schrille Werbevideos dennoch ein absolutes No-Go. Nicht nur Vielsurfer greifen deswegen immer mehr zu sogenannten Adblockern, die störende Werbung unterdrücken. Der Fall des beliebten Werbefilters „Adblock Plus“ landete heute vor dem Bundesgerichtshof – mit überraschendem Ausgang.

Der weitverbreitete Adblocker als Dorn im Auge von einflussreichen Medienhäusern

Mittlerweile wird geschätzt, dass „Adblock Plus“ auf 8 Millionen internetfähigen Geräten in Deutschland installiert ist. Man muss jedoch nicht unbedingt Internetexperte sein, um zu schlussfolgern, dass Werbeblocker ein durchaus zweischneidiges Schwert sind. Was für den Nutzer ungestörtes Surfen bedeutet, kann Betreibern von Webangeboten nämlich empfindliche finanzielle Einbußen bescheren. 

2014 zog der Anbieter von „Adblock Plus“ den Zorn einer Gruppe erfolgreicher Medienunternehmen auf sich, zu der unter anderem die Süddeutsche Zeitung, der Fernsehsender ProSiebenSat1 und der Verlagsriese Axel Springer gehört. Die vereinten Mediengiganten forderten ein Verbot der Browsererweiterung, die vollmundig ein „Web ohne nervige Werbung“ verspricht, und gaben bekannt, dass man rechtliche Schritte einleiten werde. Als Grund gaben die mächtigen Unternehmen millionenschwere entgangene Werbeeinnahmen an.

Das Landgericht Köln nahm Axel Springer zunächst den Wind aus den Segeln

Zu den ersten Gerichtsverfahren, die nun ihren Lauf nahmen, gehörte eine Unterlassungsklage des Axel-Springer-Verlags. Dem Entwickler von „Adblock Plus“ sollte gerichtlich verboten werden, weiterhin Werbeinhalte auf den Websites des Verlagsriesen auszufiltern. Allerdings biss das Medienunternehmen dabei rechtlich auf Granit. Die Richter des Landgerichts Köln wiesen die Klage ab und ließen sich nicht überzeugen, dass den „Adblock Plus“-Machern ein Wettbewerbsverstoß vorzuwerfen ist – ihrer Meinung nach habe keine „gezielte Behinderung“ von Mitbewerbern vorgelegen (LG Köln, Urteil. v. 29.09.2015, Az.: 22 O 132/14).

Teilerfolg für den Mediengiganten bei der Revision

Das einflussreiche Medienunternehmen ging in Berufung und hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln mehr Erfolg. Allerdings störten sich die Richter nicht an der generellen Werbefilterfunktion von „Adblock Plus“, sondern an dem sogenannten „Whitelisting“-Verfahren seiner Macher. Dieses sieht nämlich die Möglichkeit vor, die eigene Website in eine Liste von Online-Angeboten aufnehmen zu lassen, deren Werbung Adblock Plus standardmäßig nicht ausfiltert. Das OLG Köln sah hierin eine „aggressive geschäftliche Handlung“ gemäß § 4a des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG), OLG Köln, Urteil v. 24.06.2016, Az.: 6 U 149/15.

Nun konterten die Entwickler der Browsererweiterung und gingen in Revision. Der Fall wurde schließlich dem Bundesgerichtshof vorgelegt und es ist davon auszugehen, dass sich nicht nur Branchenexperten das heutige Datum im Kalender markiert haben.

Axel Springer erleidet vor dem BGH erneut Schiffbruch

Das Urteil, das heute Nachmittag bekannt gegeben wurde, dürfte bei so manchem für eine handfeste Überraschung gesorgt haben, denn Axel Springer verlor diesmal auf ganzer Linie. Die Karlsruher Richter teilten nämlich nicht nur die Meinung des Landgerichts Köln, dass der „Adblock Plus“-Betreiber nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen hat und er keiner gezielten Behinderung des einflussreichen Verlagshauses zu beschuldigen sei. 

Der BGH hatte auch am „Whitelisting“ nichts auszusetzen

Auch am „Whitelisting“-Verfahren hatte das höchste deutsche Zivilgericht nichts auszusetzen und wies gesondert darauf hin, dass „Adblock Plus“ von kleinen und mittelständischen Unternehmen keine Umsatzbeteiligung fordere, um auf die interne Liste der Betreiber „akzeptabler Werbung“ zu gelangen. Die Karlsruher Richter widersprachen somit dem Urteil des OLG Köln und sahen eine „aggressive geschäftliche Handlung“ nicht als gegeben an. Für den Verdacht einer möglichen Marktbehinderung sahen die Richter nämlich keinen Anlass, da den „Adblock Plus“-Herausgebern kein Missbrauch ihrer Marktposition vorzuwerfen sei. 

Und besonders pikant: Das Gericht merkte zusätzlich noch an, dass es Axel Springer durchaus offenstehe, seine Onlineinhalte mit „Abwehrmaßnahmen“ gegen Adblocker zu versehen – denn dazu bemächtige den Verlag sein Grundrecht auf Pressefreiheit.

Axel Springer denkt nicht daran, aufzugeben

Medienberichten zufolge will Axel Springer jedoch weiterkämpfen und hält das Blockieren von Werbung allein für rechtswidrig. Nun plant das Verlagshaus, Verfassungsbeschwerde zu erheben. Wir gehen davon aus, dass im Fall „Adblock Plus“ noch einige überraschende Wendungen zu erwarten sind und werden über weitere Entwicklungen selbstverständlich berichten.

(BGH, Urteil vom 19. April 2018, Az: I ZR 154/16)

(JSC)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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