Veröffentlicht von:

Bahnbrechende Entscheidung des BGH zur Besteuerung von Bordellbetrieben

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Bundesgerichtshof hat in einer Steuerstrafsache per Beschluss vom 5. Mai 2022, Az.: 1 StR 475/21 geklärt, dass in Bezug auf die in Bordellen angebotenen sexuellen Dienstleistungen nicht die Betreiber, sondern die Prostituierten die umsatzsteuerrechtlichen Unternehmer sind. 

Die wegen Steuerhinterziehung angeklagten Bordellbetreiber wurden vom BGH freigesprochen.

In der Vergangenheit wurden Bordellbetreiber immer wieder zur Zahlung der Umsatzsteuer in für die von den Prostituierten erbrachten Leistungen herangezogen. Diese zum Teil existenzvernichtende Praxis der Finanzämter und der Finanzgerichte erfolgte jedoch zu Unrecht, wie der BGH nun klarstellte. 

Die Betreiber des Etablissements hatten ihr Bordell in Zeitungsanzeigen und im Internet beworben, wobei im Internetauftritt des Bordells auch dort tätige Prostituierte abgebildet waren. Eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit einzelnen Prostituierten war über die Internetseite des Bordells nicht möglich. Manche Prostituierte gingen ihrer Tätigkeit auch außerhalb des Bordells nach.

Besucher des Bordells zahlten an die Betreiber einschließlich der Nutzung von Sauna und Schwimmbad sowie des Buffets einen Eintrittspreis in Höhe von EUR 25 bzw. später EUR 30. Getränke wurden gesondert abgerechnet. Sexuelle Dienstleistungen und deren Preise wurden von den Besuchern direkt mit den Prostituierten verhandelt bzw. bezahlt. Die Betreiber waren an der Vergütung für sexuelle Dienstleistungen nicht beteiligt. Sie erhielten lediglich eine Tagesmiete für die Nutzung der Räumlichkeiten von den Prostituierten. 

Die Betreiber hatten auf ihrer Website und im Bordell Hinweise mit folgendem Wortlaut veröffentlicht: „Die Damen unseres Hauses sind selbstständige Unternehmerinnen und bieten ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung an. Die Dienstleistungen sind mit den Damen selbst abzurechnen. Nicht alle Damen bieten den gleichen Service an. Bitte stimmen Sie die Einzelheiten und Extras mit den Damen im Einzelnen ab.“

Das Landgericht Kleve hatte die Betreiber des Bordells wegen (angeblicher) Steuerhinterziehung verurteilt, da diese keine Umsatzsteuer auf die sexuellen Dienstleistungen der Prostituierten gezahlt hatten. 

Das Landgericht hatte diesbezüglich nämlich angenommen, dass die Bordellbetreiber gegenüber den Freiern als Anbieter einer Gesamtleistung, nämlich der unmittelbar von ihnen erbrachten Leistungen wie dem Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten und Speisen, aber auch der von den Prostituierten erbrachten sexuellen Dienstleistungen in Erscheinung getreten seien. 

Dieser Ansicht erteilte der Bundesgerichtshof eine Absage. In dem Beschluss führte er wörtlich aus:

"Aufgrund der im Bordell und im Internet veröffentlichten Hinweise sind die Angeklagten entgegen der Würdigung des Landgerichts nicht als Anbieter und Leistende eines die sexuellen Dienste der Prostituierten einschließenden Gesamtpakets anzusehen. Denn die Hinweise enthielten nicht lediglich eine pauschale – den tatsächlich im Bordell gelebten Verhältnissen widersprechende und damit steuerrechtlich irrelevante (§ 41 Abs. 2 AO) – Behauptung, dass die Prostituierten selbständig tätig seien; vielmehr forderten die Angeklagten die Besucher des Bordells mit den Hinweisen ausdrücklich dazu auf, Art und Umfang der Prostitutionsleistung sowie das hierfür zu zahlende Entgelt ausschließlich mit den Prostituierten auszuhandeln und die Bezahlung direkt mit den Prostituierten abzuwickeln. Damit gaben die Angeklagten gegenüber den Freiern als Kunden (§§ 133, 157 BGB) eindeutig und unmissverständlich zu verstehen, dass sie bezüglich der sexuellen Dienstleistung der Prostituierten nicht Vertragspartner sein wollten. Dementsprechend forderten sie von den Besuchern des Bordells auch lediglich ein pauschales Eintrittsgeld für die Nutzung der Räumlichkeiten einschließlich des Schwimmbads und der Sauna sowie für den Zugang zum Buffet und waren an den Prostitutionserträgen nicht beteiligt. Hingegen schlossen die Prostituierten die Prostitutionsverträge mit den Freiern im eigenen Namen ab. Dem entsprach auch die im Bordell tatsächlich gelebte Übung, weil ausschließlich die Prostituierten – wenn auch unter Berücksichtigung der geltenden Mindestpreise – die Leistungen und Preise mit den Freiern verhandelten sowie die Vergütung für ihre sexuellen Dienste vollständig vereinnahmten."

Im Ergebnis wird jedem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes nahegelegt, die eigenen Werbemaßnahmen einer genauen Prüfung zu unterziehen und die betriebseigene Website entsprechend zu überarbeiten, um die tatsächlich im Betrieb gelebten Verhältnisse nach außen entsprechend darstellen zu können. Ein deutlicher Hinweis in dem oben dargestellten Sinn im Betrieb sowie auf der Website des Betriebs ist unverzichtbar. 




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Jochen Jüngst LL.M.

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten