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Verwaltungsgericht Minden zum "sachgerechten Notrufsystem" bei Bordellen

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Das Verwaltungsgericht Minden hat in einem Eilverfahren entschieden, dass ein "sachgerechtes Notrufsystem" im Sinne von § 18 Abs. 2 Nr. 2 ProstSchG nur dann gegeben ist, wenn sich in der betreffenden Prostitutionsstätte (Bordelle, Laufhäuser, Modellwohnungen ...) permanent der Betreiber oder eine sonstige zuverlässige Person aufhält, die im Falle der Aktivierung des Notrufsystems sofort zur Hilfe eilen kann (VG Minden, Beschluss vom 16.05.2023, Az. 3 L 276/23). 

§ 18 Abs. 2 Nr. 2 ProstSchG sieht vor, dass in Prostitutionsstätten die einzelnen für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume über ein sachgerechtes Notrufsystem verfügen müssen.

Weder der Gesetzestext noch die Gesetzesbegründung geben eine genaue Definition dazu ab, welche Voraussetzungen ein solches Notrufsystem erfüllen muss. Dementsprechend gibt es unterschiedliche Behördenmeinungen. Zumeist genügt es den Behörden, dass der Notruf im Betrieb wahrnehmbar ist und Betreiber, sonstige zuverlässige Personen oder auch ein Wachdienst per Mobilfunk oder sonstige technische Einrichtungen über die Aktivierung des Notrufs informiert werden, um dann geeignete Schritte einzuleiten. 

Vorlegend war die Erlaubnis einer Bordellbetreiberin aus Herford mit der nachträglichen Auflage versehen worden, dass während der Öffnungszeiten des Bordells die Betreiberin oder ein zuverlässiger Mitarbeiter dauerhaft anwesend sein muss. Dies sei erforderlich, damit im Falle eines Übergriffs auf eine Prostituierte durch einen Kunden oder eine Kundin unverzüglich Hilfe geleistet werden könne.

Die Betreiberin wandte sich im Eilverfahren an das Verwaltungsgericht Minden, um die ihr erteilte Auflage anzufechten. Ihr Antrag wurde jedoch per Beschluss abgewiesen. 

Das Gericht sah die Auflage der Behörde als sachgerecht an. Nur Notrufsysteme, die schnell und erfolgsversprechend seien, könnten effektiven Schutz für die Prostituierten bieten und seien "sachgerecht" im Sinne des Gesetzes. Hierfür sei es erforderlich, dass jederzeit ausreichend qualifizierte und zuverlässige Personen im Bordell anwesend seien, die unmittelbar auf den Notruf reagieren könnten. Diese Verpflichtung des Betreibers könne nicht an andere im Betrieb anwesende Prostituierte delegiert werden. 

Auf den ersten Blick ist die Entscheidung für Prostituierte positiv. Es ist klar, dass der Schutz der Prostituierten vor übergriffigen Kunden/Kundinnen große Relevanz hat. Für Großbordelle, Laufhäuser u.ä. hat die Entscheidung keine Bedeutung, da hier ohnehin stets Personal anwesend ist. Kleine Betriebe wie so genannte Wohnungsbordelle bzw. Terminwohnungen könnten allerdings durch die Anforderung einer permanenten Anwesenheit zuverlässigen Personals wirtschaftlich überfordert werden. Dies könnte zur Folge haben, dass Betriebe schießen müssen und sich Prostituierte der weitgehend ungeschützten Wohnungsprostitution, bei der außer der Prostituierten und dem Freier keine weiteren Personen anwesend sind, zuwenden. 

Dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. 

Es bleibt abzuwarten, ob die Betreiberin das Verfahren in die nächste Instanz bringen wird und die Entscheidung Bestand hat. Weiterhin bleibt abzuwarten, ob andere Behörden dem Beispiel aus Herford folgen und ebenfalls entsprechende nachträgliche Auflagen erlassen.


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