Baugenehmigung und privatrechtlicher Beseitigungsanspruch

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Mit seinem Urteil vom 28.01.2022 (V ZR 99/21) hat der BGH entschieden, dass der quasinegatorische Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruch eines Nachbarn nicht gegen Kühlanlagen angewendet werden kann, die bestandskräftig genehmigt wurden. Der Nachbar muss die Nutzung dieser aufgrund der Legalisierungswirkung der Baugenehmigung gegen sich wirken lassen, sofern die Genehmigung noch wirksam ist.

Im zugrundeliegenden Fall ging die Klägerin gegen zwei Rückkühlanlagen eines Lebensmittelmarktes vor, die an ihrem Grundstück angrenzen. Die Kühlanlagen wurden schon in einem früheren Verfahren bestandskräftig genehmigt. Die Klägerin forderte, dass die Kühlanlagen die Abstandsflächen zu ihrem Grundstück berücksichtigen. Darüber hinaus verlangte sie die Einhaltung der Immissionsschutzwerte.

Der BGH wies die Revision zurück.

Einerseits versuchte die Klägerin einen quasinegatorischen Anspruch aus §§ 1004 I, § 823 II BGB i.V.m. Art. 6 BayBO geltend zu machen, um die Einhaltung der Abstandsflächen durchzusetzen. Andererseits einen Unterlassungsanspruch aus § 1004 I i.V.m. § 906 BGB, der die immissionschutzrechtlichen Vorgaben betrifft.

Die Streitgegenstände ihrer Anträge führen allerdings zu verschiedenen Rechtsfolgen. Somit handele es sich um verschiedene Streitgegenstände, die unabhängig voneinander beurteilt werden können. Grundsätzlich entstehe dabei die Gefahr, dass es zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen könne, „wenn zwischen ihnen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder wenn die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind.“

Dies sei hier allerdings nicht gegeben, da die Klägerin die Einhaltung der Immissionen nur durch Hilfsanträge, jedoch nicht durch den Hauptantrag verfolge.

Der BGH entschied über den Hauptantrag.

Er sei unbegründet, da die Kühlanlagen nicht gegen das Abstandsrecht verstoßen. Sie basieren auf einer bestandskräftigen Baugenehmigung, welche die Nutzung beinhalte. Die Legalisierungswirkung der Genehmigung decke auch die Einhaltung der Abstandsflächen.

Somit sei die Einhaltung nachbarschützender Normen des öffentlichen Rechts als Schutzgesetz i.S.v. § 823 II BGB gewährleistet, wenn eine bestandskräftige, wirksame Genehmigung auch die  Nutzung umfasse und diese Teil der Prüfung der Genehmigung gewesen sei.

Da der Inhalt einer Baugenehmigung eine Legalisierungswirkung entfalte, müsse der Betroffene die  genehmigte Nutzung des Grundstücks hinnehmen.  

Anzumerken ist dennoch, dass sich die Legalisierungswirkung nicht auf das Bestehen von Abwehransprüchen aus § 1004 I i.V.m. § 906 BGB auswirkt, womit der BGH das Urteil des Senats (V ZR 74/92) bestätigt.

Die Klage bleibt somit erfolglos. Über die Einhaltung der Immissionswerte muss noch entschieden werden.

Foto(s): Janus Galka


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