Bereitstellungszinsen bei Nichtabnahme des Darlehens: Neues Urteil ermöglicht Rückforderung!

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In nahezu allen Darlehensverträgen zur Finanzierung einer Immobilie finden sich Klauseln zu sog. Bereitstellungszinsen. Nach Ablauf einer bestimmten Frist (zumeist 12 Monate, manchmal aber auch weniger) verlangt die Bank für die Nichtabnahme des Darlehens Zinsen. Diese belaufen sich nicht selten auf 3% jährlich und bedeuten für Darlehensnehmer erhebliche Zusatzkosten bei der Finanzierung. Auch ist es häufig die Bank selbst, die die Auszahlung von einzelnen Tranchen des Kredits vom Nachweis des Baufortschritts durch Rechnungen usw. anhängig macht. Ein aktuelles Urteil des OLG Stuttgart (eine Besprechung finden Sie hier: OLG Stuttgart zur Fälligkeit der Darlehensauszahlung betrifft in seiner Konsequenz auch den Anspruch auf Bereitstellungszinsen. Nachfolgend soll es daher nur um diese gehen.

Bank verweigert Auszahlung

Eine Darlehensnehmerin machte die Auszahlung von weiteren € 150.000,00 eines über den Betrag von € 800.000,00 abgeschlossenen Darlehens geltend, von dem die beklagte Bank le­diglich ca. € 118.000,00 ausbezahlt hat. Der Darlehensvertrag enthielt in seinen Ver­trags­bedingungen nur den Hinweis, dass das Darlehen zu einem Auszahlungskurs von 100 % zugunsten des Kontos der Darlehensnehmerin ausbezahlt würde. In den All­ge­meinen Geschäftsbedingungen heißt es : 

Der Kredit kann erst in Anspruch ge­nommen werden, wenn sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt sind […]. Bei Bau­kre­di­ten erfolgt die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt […]“.

Die Bank verweigerte die Auszahlung des Darlehens und begründete dies damit, dass die Darlehensnehmerin den Baufortschritt nicht nachgewiesen hätte. 

Wann ist "üblicherweise" und wann nicht?

Das Oberlandesgericht Stuttgart gab der Darlehensnehmerin recht und begründete dies damit, dass es sich für einen nicht rechtlich vorgebildeten durch­schnittlicher Vertragspartner der Bank nicht ohne weiters erschließe, wann von einem "üblichen" und wann von einem unüblichen Fall auszugehen sein soll. Die verwendete Klausel enthalte dazu keinerlei An­haltspunkte. Es bleibe „gleichsam im Nebel“, woran sich der „Baufortschritt“ orientieren solle. Ein klarstellender Verweis auf die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) erfolge gerade nicht. Die Auslegung der Klausel durch die Bank, das Darlehen sei (nur) gegen Nachweis von Rechnungen auszuzahlen, finde in der konkreten Klausel gerade keine Stütze. Zudem sei ein Baufortschritt ein tatsächlicher Vorgang, der von der Tatsache, ob und welche Rechnungen im Einzelnen gestellt werden, gerade nicht abhänge.

Konsequenzen der Entscheidung

Ist die zitierte Klausel "üblicherweise nach Baufortschritt" im Darlehensvertrag vereinbart, muss die Bank das Darlehen in der Regel sofort ausbezahlen, ohne dass es auf Nachweise des Darlehensnehmers ankommt. In der weiteren Konsequenz hat die Bank dann, wenn sie das Darlehen dennoch vom Nachweis abhängig gemacht hat, auch keinen Anspruch auf Bereitstellungszinsen. Denn für diese gibt es dann keinen rechtlichen Grund, da sich die Bank in Verzug mit der Auszahlung und nicht der Darlehensnehmer in Verzug it der Abnahme des Darlehens befindet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und ist derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig.

Fazit

Betroffene Darlehensnehmer sollten den Darlehensvertrag von einem im Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt darauf prüfen lassen, ob die Bank die Auszahlung des Darlehens möglicherweise rechtswidrig zurückhält. Insbesondere dann, wenn die Bank darüber hinaus bereits Bereitstellungszinsen verlangt, kann eine fachmännische Prüfung Betroffenen nicht nur Geld sparen, sondern im Falle einer unberechtigten Belastung muss die Bank auch Verzugszinsen zahlen.

Rechtsanwalt Markus Mehlig ist bundesweit im Bankrecht tätig. Er vertritt Verbraucher wie Investoren insbesondere bei der Nichtauszahlung von Darlehen sowie gegen Bereitstellungszinsen, bei Widerruf von Immobiliendarlehen sowie Vorfälligkeitsentschädigungen.



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