Berufsunfähigkeit während der Elternzeit? Teilzeit vs. Vollzeit?

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LG Offenburg, Urteil vom 27.11.2019 - 2 O 443/18 und OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.04.2014 - 5 U 355/12

Eine junge Mutter in Elternzeit war bis kurz vor der Geburt des Kindes als medizinische Fachangestellte in Vollzeit (38,5 Wochenstunden) tätig. Mit der Geburt des Kindes im Jahr 2010 war sie ein Jahr in Elternzeit. Anschließend arbeitete sie bis 2015 in ihrem alten Beruf in Teilzeit (23 Wochenstunden). Die Rückkehr in die Vollzeittätigkeit war an sich mit der Einschulung des Kindes geplant. Im Jahr 2015 unterzog sie sich einer Operation, die zu einer Verletzung des Rückenmarks führte. Arbeiten konnte sie deshalb erst einmal nicht. Sie beantragte Leistungen aus der BU-Versicherung, die ab 50 % krankheitsbedingter BU in der Leitungspflicht war. Der VR kam seiner Pflicht auch für die Zeit bis zur Wiedereingliederung der VN nach. Länger wollte der VR nicht zahlen, weil die Mutter mit der Wiedereingliederung schließlich wieder 19 Wochenstunden arbeitete. Denn immerhin waren 19 Wochenstunden mehr als 50 % der zuletzt ausgeübten Teilzeittätigkeit.

Die VN war aber der Meinung, dass Maßstab der 50 % nicht die Teilzeit, sondern die im gleichen Beruf ausgeübte Vollzeittätigkeit sei. Unter Berücksichtigung vom 38,5 Wochenstunden waren 19 Wochenstunden keine 50 %.

Das Landgericht Offenburg gab der Klägerin recht. Dem VR sei war zuzugeben, dass es stets auf die letzte berufliche Tätigkeit vor Eintritt der BU ankomme. Hier sei aber zu berücksichtigen gewesen, dass Grund der  Reduzierung der Arbeitszeit auf 23 h die Geburt des Kindes gewesen sei. Damit wäre aber die im Rahmen der BU zu berücksichtigende Prägung geänderter Lebensstellung durch die berufliche Tätigkeit von nur 23 h nicht einhergegangen. Denn die Reduzierung der Arbeitszeit wegen der Geburt des Kindes sei von vornherein nur vorrübergehender Natur gewesen. Mit der Einschulung war wieder die Aufnahme der  Vollzeittätigkeit geplant (LG Offenburg, Urteil vom 27.11.2019 – 2 O 443/18).

Auch das OLG Saarbrücken sieht nicht, dass durch die Elternzeit der Bezug zum früheren Beruf verloren ginge, und zwar auch dann nicht, wenn zwischenzeitlich eine geringfügige Tätigkeit aufgenommen werde (OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.04.2014 – 5 U 355/12).

Beide Entscheidungen sollte man sich merken. Da in den Vers. Bedingungen regelmäßig auf die letzte berufliche Tätigkeit und deren Ausgestaltung abgestellt wird, werden Gericht in vergleichbaren Fällen geneigt sein, eher den nicht leistungsbereiten Versicherern recht zu geben.


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