Berufsunfähigkeitsversicherung - muss die Versicherung am Ende sogar länger zahlen als gedacht?

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Wer Leistungen (Berufsfähigkeitsrente, Beitragsbefreiung) aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bereits bezieht oder noch geltend machen möchte, sollte neben dem Versicherungsschein und den Bedingungen auch den vorausgegangenen Antrag auf Abschluss der Versicherung sorgfältig studieren und durch einen Fachanwalt/in für Versicherungsrecht genau prüfen lassen. In Einzelfällen kann es sein, dass Leistungen wegen Berufsunfähigkeit deutlich länger im Raum stehen als nur bis zum vermeintlich angenommenen Leistungsende.

Nicht immer begrenzt nämlich eine dokumentierte Versicherungs- bzw. Leistungsdauer (z.B. Versicherungsende: 01.10.2022) auch tatsächlich den Gesamt-Zeitraum, für den der Versicherer Leistungen im Falle bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit zu erbringen hat. Bei Versicherungen mit gegenüber der Leistungsdauer abgekürzter restlicher Versicherungsdauer können Ansprüche, die vor dem Ende der Versicherungsdauer entstanden sind, je nach Konstellation auch dann noch bis zum Ablauf einer vereinbarten Leistungsdauer auch dann gefordert werden, wenn die Versicherungsdauer selbst bereits abgelaufen ist.

Hintergrund: Abweichen von Versicherungsantrag und Versicherungsschein 

Unser Mandant hatte bei der ENTIS Lebensversicherung AG („ENTIS“, die vormalige Mannheimer Versicherung) eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen.

In dem Antrag auf Abschluss dieser Versicherung aus dem Jahr 1997 war eine Rentenversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit mit einer Leistungsdauer von 24 Jahren beantragt worden. Im Versicherungsschein, der dem Kläger auf seinen Antrag hin übermittelt worden war, war der Beginn des Versicherungsschutzes ausgewiesen worden (01.06.1997) und das Ende des Versicherungsschutzes (01.06.2021), was rechnerisch 24 Jahren entsprach.

Nach dem Eintritt bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit und einer Leistungserbringung ab dem 01.03.2018 stand die ENTIS auf dem Standpunkt, dass Leistungen ihrerseits nur bis längstens zum 01.06.2021 zu erbringen seien. Wir sahen dies mit unserem Mandanten aus verschiedenen Gründen durchaus anders.

Die Klage zum Landgericht Heidelberg

Es wurde durch unsere Kanzlei in der Folge Klage zum Landgericht Heidelberg erhoben, gerichtet auf Leistungen bis längstens 01.03.2042. Dieser Zeitpunkt war aus unserer Sicht die vereinbarte und damit geschuldete Leistungsdauer von 24 Jahren, gerechnet ab dem Eintritt der Berufsunfähigkeit am 01.03.2018.

Unser Argument war, dass der Antrag unseres Mandanten ausdrücklich eine "Leistungsdauer" von 24 Jahren vorsah und diese Leistungsdauer erst mit dem Versicherungsfall selbst zu laufen beginnen könne. 

Die ENTIS hat sich gegen die Klage verteidigt und unter anderem darauf gestützt, dass ein Gleichlauf von Versicherungsdauer und Leistungsdauer beantragt worden sei und die Leistungsdauer mit Beginn der Versicherung zu laufen begonnen habe, unabhängig davon, wann der Leistungsfall selbst eingetreten sei.

Das LG Heidelberg hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass unsere Auffassung, dass die im Versicherungsantrag handschriftlich vermerkte Leistungsdauer von 24 Jahren aus Sicht des Versicherungsnehmers durchaus auch so verstanden werden könne, dass dieser ab Eintritt des Versicherungsfalls für längstens 24 Jahre Leistungen erhalte, möglicherweise nicht von der Hand zu weisen sei.

Die Parteien verständigen sich sodann auf einen Vergleich, der eine weitere Zahlung in Höhe von insgesamt € 98.000,- vorsah.

Zusammenfassung:

Es kann sich lohnen, auch und gerade bei einem bereits anerkannten Eintritt der Berufsunfähigkeit prüfen zu lassen, wie lange Leistungen durch den Versicherer tatsächlich zu erbringen sind.

Sprechen Sie uns sehr gerne hierauf an! 

Eine erste rechtliche Einschätzung können wir Ihnen kostenfrei anbieten: 06221/7151617

Ihre Fachanwälte der Kanzlei MEILENSTEIN Rechtsanwälte.


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