Beschluss des BGH vom 10.Juli 2019 (IV ZB 22/18) zur Rechtswahl in einem „alten“ Erbvertrag

  • 2 Minuten Lesezeit

In dem obigen Beschluss hat der BGH zur Wirksamkeit der Wahl des deutschen Rechts in einem Erbvertrag Stellung genommen, der von einer nach dem 17. August 2015 verstorbenen deutschen Erblasserin mit einem italienischen Staatsangehörigen vor diesem Stichtag geschlossen worden war: Die deutsche Erblasserin hatte mit ihrem damaligen italienischen Lebensgefährten erbvertraglich vereinbart, dass hinsichtlich aller Regelungen über ihr Erbrecht bzw. das Erbrecht jedes einzelnen Vertragspartners ausschließlich das deutsche Erbrecht gelten solle und „als Rechtswahl das deutsche Erbrecht“ vereinbart. In einem späteren Testament setzte die Erblasserin jedoch in Widerspruch hierzu ihre noch nicht geborenen Enkelkinder bzw. eine weitere Beteiligte als Erben ein. 

Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass die Rechtswahl des deutschen Erbrechts zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages noch nicht möglich war, jedoch aufgrund der neuen Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 2 und 3 EuErbVO mit dem dort bestimmten Stichtag des 17. August 2015 nachträglich wirksam wurde. Der BGH stellte zunächst fest, dass auch ein Erbvertrag eine „Verfügung von Todes“ wegen im Sinne der Vorschrift darstellt, welche hiernach nachträglich wirksam werden kann. Sodann bestätigte der BGH die Auffassung der Vorinstanz, dass der Erbvertrag auch im konkreten Fall die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift erfüllte: Die deutsche Erblasserin war befugt, das deutsche Recht als das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl angehörte (Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 1 EuErbVO); dass der Vertragspartner italienischer Staatsangehöriger war, stehe dem nicht entgegen, da Art. 25 Abs. 3 EuErbVO den verschiedenstaatlichen Vertragsparteien eines mehrseitigen Erbvertrages gerade die einheitliche Wahl des Errichtungsstatuts nach dem Recht des Staates, dem auch nur eine der Vertragsparteien angehört, ermöglichen wolle. Ferner habe die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Todes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt (Art. 21 EuErbVO). Damit sei mit dem Stichtag die Wirksamkeit des Erbvertrages eingetreten, die auch die Bindungswirkung des Vertrages für die Erblasserin umfasse, sodass nach dem wirksam gewählten deutschen Erbrecht die Erblasserin nicht mehr durch Testament weitere Erben einsetzen konnte. Weiterhin widersprach der BGH der Auffassung, seine Auslegung der Übergangsbestimmungen verletze das Rückwirkungsverbot des deutschen Verfassungsrechts: Das nachträgliche Wirksamwerden oder Wirksammachen einer zunächst unwirksamen letztwilligen Verfügung wirke zwar in der Tat zurück, diese Rückwirkung beziehe sich jedoch auf einen noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt (Versterben der Erblasserin erst nach dem Stichtag – zulässige „unechte Rückwirkung“).


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Dr. Jutta Stoll LL.M.

Beiträge zum Thema