BMW und neue Händlerverträge: Kündigung einer Branche

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Zum 30. September 2018 laufen die Verträge zwischen BMW und seinen Händlern aus

Ein Großteil der Händler will die Verträge jedoch nicht verlängern. Für BMW könnte das gravierende Folgen haben. Was hat das für Konsequenzen für die Händler?

BMW hatte die Händler aufgefordert, die neuen Händlerverträge bis zum 26. September zu unterschreiben. Nach den uns bekannten Umständen haben die bisherigen Vertragshändler eine Kündigung verbunden mit dem Angebot zum Abschluss eines neuen Vertrages erhalten.

Was sollte der BMW-Händler tun? Für Handlungsempfehlungen sind vor allem die wirtschaftlichen und die rechtlichen Aspekte entscheidend. Hier beschränke ich mich auf die rechtliche Seite.

Die Kündigung des alten Vertrages

Wichtig sind dabei die Frage der Wirksamkeit der Kündigung und die Prüfung des angebotenen Vertrages. Die BMW-Händler sollten zunächst die Formalien der Kündigung prüfen: Sind die vereinbarte Frist und die vereinbarte Form eingehalten? Ist Schriftform vereinbart? Hat der Händler möglicherweise Sonderregeln vereinbart oder ergeben sich aus seinem Vertrag Besonderheiten? Ist die Kündigung überhaupt durch einen Vertretungsberechtigten unterzeichnet worden? Gerade Letzteres ist ein gravierender Punkt, der regelmäßig Kündigungen unwirksam werden lässt. Schließlich müsste BMW im Streitfall alles gerichtsfest beweisen.

Ist die Kündigung unwirksam, besteht der alte Vertrag so fort, als wäre die Kündigung nicht ausgesprochen worden. Das hat Konsequenzen: BMW muss die Pflichten aus dem Händlervertrag erfüllen, wie auch der Händler. Erfüllt BMW dennoch seine Pflichten nicht, kann dies erhebliche Schadensersatzansprüche des Händlers auslösen.

Der neue Vertrag

Der Händler ist nicht schutzlos der Willkür von BMW ausgeliefert, auch wenn der Händler den Vertrag unterschreibt. Denn auch die Klauseln des Vertrages unterliegen einer gesetzlichen Inhaltskontrolle.

Prüfen Sie auch, welche Konsequenzen eine spätere Kündigung des Vertrages hat. Nach der Rechtsprechung kann sich der Händlervertrag in seinen Folgen einem Handelsvertretervertrag annähern: Wird ein Vertragshändler vom Hersteller verpflichtet, nach der Beendigung des Vertrages seine Kundendaten dem Hersteller zur Verfügung zu stellen, kommt eine Ausgleichspflicht von BMW gegenüber dem Vertragshändler nach § 87b HGB in Betracht.

Unterschreibt der Händler trotz Bedenken den Vertrag, ändert sich an der Unwirksamkeit einzelner Klauseln nichts – der Händler kann sich also auch später, sogar nach Jahren auf die Unwirksamkeit einzelner Klauseln berufen.

Wird der Vertrag nicht unterzeichnet, kann dies zu gravierenden Problemen nicht nur mit dem Vertrieb mit Neuwagen oder Ersatzteilen, sondern auch mit dem Markenrecht führen: Denn mit dem Wegfall des bisherigen Vertrages kann das Recht entfallen, die Marken von BMW in gleicher Art wie bisher zu nutzen.

Es gibt bereits diverse Urteile zu Markenstreitigkeiten zwischen Herstellern und Händlern:

  • BGH, 07.11.2002 – I ZR 202/00 – „Mitsubishi“, GRUR 2003, 340-342, MarkenR 2003, 105-108;
  • BGH, Urteil vom 17.07.2003 – I ZR 256/00 – „Vier Ringe über Audi“)

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden (EuGH, GRUR Int. 1999, 438 Tz. 51 ff. – BMW/Deenik), dass die Nutzung einer Marke dann als unerlaubt angesehen werden kann, wenn der Eindruck erweckt werde, dass eine Handelsbeziehung zwischen dem Händler und dem Markeninhaber bestehe, insbesondere das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehöre oder eine sonstige Sonderbeziehung zum Markeninhaber gegeben sei.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 14.04.2011 – I ZR 33/10 – „ATU./.VW“), dass eine freie Werkstatt nicht die Bildmarke „VW“ verwenden darf, um auf das eigene Angebot hinzuweisen. Das muss der Händler berücksichtigen.

Wie der Handelsvertreter hat der Vertragshändler nach Beendigung seines Vertrages auch einen Ausgleichsanspruch gegen BMW, wenn er von BMW bis zur Beendigung des Vertrags wirtschaftlich in erheblichem Maße wie ein Handelsvertreter behandelt wird und BMW vom Händler einen Kundenstamm erworben hat, von dem BMW auch nach Beendigung des Händlervertrages Vorteile hat (§ 89b HGB). Hierfür spricht u. a., wenn der Händler im Händlervertrag zur Weitergabe seiner Kundendaten verpflichtet worden ist.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ist ein „Klassiker“ des Vertriebsrechts und auch für den Vertragshändler wichtig: Der Bundesgerichtshof hat mit zwei Urteilen den Begriff des ausgleichspflichtigen Neukundengeschäfts erheblich ausgeweitet (BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az.: VII ZR 102/12 und VII ZR 328/12).

Datenschutz

Selbst wenn der Händler den Vertrag mit BMW unterzeichnet, ist es fraglich, ob er seine Kundendaten überhaupt an BMW weiterleiten darf: Denn nach der Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) ist eine Weitergabe von personenbezogenen Daten nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.

Praxistipp

Der Händler sollte für seine Entscheidung zunächst die Wirksamkeit der ihm übersandten Kündigung prüfen. Ist diese unwirksam, muss geprüft werden, ob sich der alte Vertrag verlängert. Bei der Prüfung des neuen Vertrages ist jede Klausel auf rechtlichen Bestand zu prüfen.

Dann ist die Annahmefähigkeit des Angebots zu prüfen. Hier muss neben der wirtschaftlichen Bewertung eine umfassende rechtliche Bewertung der Vertragsklauseln erfolgen. Zudem sind die Fragen des Datenschutzes zu klären.

Wir haben langjährige, intensive Erfahrung im Bereich Vertragshändler und Handelsvertreter. Gern beraten wir Sie in allen Fragen im Zusammenhang mit Ihrem Händlervertrag mit dem Hersteller.



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