Brennpunkt Insolvenzanfechtung: 10 Jahre Rückzahlungsrisiko trotz Eigentumsvorbehalt?

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Nahezu jedes Unternehmen war schon einmal von der Insolvenz eines Kunden betroffen. Ist der damit verbundene Forderungsausfall schon bedauerlich, kann Post vom Insolvenzverwalter des Kunden noch viel unangenehmer sein, wenn dieser Zahlungen aus der Vergangenheit rückgängig machen will. Eine solche Insolvenzanfechtung mag im Fall von Zahlungen in den letzten 3 Monaten vor Insolvenzantragstellung vielleicht noch nachvollziehbar sein, je länger diese aber zurückliegen, umso ungerechter erscheint eine Rückzahlungsverpflichtung.

Nach § 133 Abs. 1 InsO ist jede Zahlung anfechtbar, die ein Schuldner in den letzten 10 Jahren vor seinem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen und der Zahlungsempfänger diesen Vorsatz des Schuldners kannte (sog. Vorsatzanfechtung). Nach der strengen Rechtsprechung des BGH handelt ein (drohend) zahlungsunfähiger Schuldner, der seine (drohende) Zahlungsunfähigkeit kennt, regelmäßig mit Benachteiligungsvorsatz. Die Kenntnis des Zahlungsempfängers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners wird vermutet, wenn dieser weiß, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht bzw. Umstände kennt, die auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Derartige Umstände können sein: Lastschrift- und Scheckrückgaben, die Bitte um Ratenzahlung oder Stundung für einen Zeitraum von mehr als 3 Wochen, schleppende und nur unter Druck erfolgende Zahlungen.

Der BGH hat nunmehr in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 12.02.2015, Az. IX ZR 180/12) entschieden, dass selbst ein erweiterter bzw. verlängerter Eigentumsvorbehalt nicht hilft. Es wurde die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Ware weiterverkauft und der Kunde blieb zur Einziehung der hierdurch begründeten und vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Forderungen ermächtigt. Allein durch die Einziehung der sicherungsabgetretenen Forderungen aus Warenveräußerungen durch den Kunden geht ein an den Forderungen bestehendes Absonderungsrecht verloren, ohne dass ein Ersatzabsonderungsrecht oder ein sonstiges Absonderungsrecht an dem Erlös entsteht. Durch den Einzug der vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Forderung erlosch diese und mit ihr ein daran bestehendes Absonderungsrecht. Diesen Verlust der Sicherheit könne man nur vermeiden, wenn der verlängerte Eigentumsvorbehalt rechtzeitig offen gelegt und die Forderungen selbst eingezogen werden. Ein Ersatzabsonderungsrecht an den Erlösen kommt nur in Betracht, wenn die vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Forderungen vom späteren Insolvenzschuldner unberechtigt eingezogen wurden. Zwar enthalten gute Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) immer einen Wegfall der Einziehungsberechtigung, was ggfls. die Verteidigung mit dem Hinweis auf eine Ersatzabsonderung eröffnet. Dies musste der BGH aber leider nicht entscheiden, weil die Berechtigung der Schuldnerin zum (weiteren) Forderungseinzug auf eine schlüssig erklärte Genehmigung gestützt werden konnte.

Wie kann man sich aber sonst vor Insolvenzanfechtungen schützen? Ob und unter welchen Voraussetzungen die Vorsatzanfechtung von sog. Bargeschäften möglich ist, wurde bislang noch nicht entschieden. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit, die Erzeugung von Indizien zu vermeiden, die im Falle einer Vorsatzanfechtung die Annahme der Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz rechtfertigen würden.

Es gibt aber Hoffnung: Am 29.09.2015 wurde der Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung“ beschlossen und am 15.01.2016 im Bundestag behandelt. Der Gesetzentwurf sieht u.a. die Verkürzung des Anfechtungszeitraums für normale Geschäfte von 10 auf 4 Jahre vor, eine Beweislastumkehr zu Lasten der Insolvenzverwalter bei Gewährung von Zahlungserleichterungen/ Zahlungsaufschub, eine Verzinsung der Anfechtungsansprüche nur noch ab Verzugseintritt und nicht mehr ab Insolvenzeröffnung sowie eine weitgehende Befreiung vom Anfechtungsrisiko, wenn die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung realisiert wurde. Wann die Gesetzesänderung in Kraft treten wird, ist noch nicht bekannt.



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