Compliance im Unternehmen: Scheinselbstständigkeit vermeiden

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Nachdem sich der letzte Artikel mit den Kriterien und Folgen bei einem Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Schwarzarbeit/Scheinselbstständigkeit beschäftigte (abrufbar unter: https://www.anwalt.de/rechtstipps/scheinselbststaendigkeit-im-fokus-von-staatsanwaltschaft-rentenversicherung-und-finanzamt_084261.html), werden an dieser Stelle präventive Maßnahmen für Unternehmer bzw. Auftraggeber vorgestellt, die helfen können, die Kriterien der Deutschen Rentenversicherung, des Hauptzollamts und Staatsanwaltschaft zu erfüllen.

Auswahl der Subunternehmer

  • Schon bei der Auswahl der Subunternehmer kann man viel richtig oder falsch machen: Sicherlich sind Auftraggeber, die Subunternehmer mit einem eingetragenen Gewerbe oder einer Gesellschaft einsetzen, weitaus weniger Risiken ausgesetzt, als solche, die auf „einfache Einzelunternehmer“ zurückgreifen. Beispielsweise wird ein Auftragnehmer mit einer Unternehmergesellschaft, UG (haftungsbeschränkt) seltener als abhängig Beschäftigter angesehen als ein „Freelancer“ ohne eingetragene Gesellschaft. Dies hängt mit dem Kriterium des „unternehmerischen Risikos“ zusammen.
  • Bei der Auswahl sollten zudem die Sprachkenntnisse berücksichtigt werden. Freelancer ohne ausreichende Deutschkenntnisse wird regelmäßig nicht abgenommen, dass sie mit Erfolg ein eigenes Gewerbe führen können.

Dienst-/Werkvertrag

  • Auftraggeber sollten mit einem Auftragnehmer stets einen Dienst oder Werkvertrag schließen (keinen Arbeitsvertrag!)

Wichtige vertragliche Vereinbarungen

  • Im Vertrag sollte festgehalten sein, dass allein der Auftragnehmer für die Abführung gesetzlicher Abgaben (Steuern, Sozialversicherung) verantwortlich ist.
  • Genau festhalten für welche Tätigkeit welches Honorar anfällt.
  • Im Vertrag festhalten, dass der Auftragnehmer Aufträge ablehnen und Aufträge anderer Kunden annehmen darf.
  • Vertraglich vereinbaren, dass ein Auftragnehmer zur Erledigung der Aufgabe auch Hilfskräfte einsetzen kann.
  • Aus dem Vertrag sollte hervorgehen, dass der Auftragnehmer nicht mehr als die Hälfte seiner Arbeitskapazität für den Auftrag brauchen wird.

Jeglichen Anschein der Eingliederung in den Betrieb vermeiden

  • Keine Vorgabe von festen Arbeitszeiten und/oder Pausenzeiten.
  • Tätigkeit mit eigenen Arbeitsmitteln / Arbeitsgeräten (keine Stellung von Werkzeugen, ansonsten Nutzungsgebühr vereinbaren).
  • Keine einheitliche Arbeitskleidung vorschreiben.
  • Kein eigener Schreibtisch im Betrieb.
  • Keine Visitenkarten oder Firmen-Mailadressen des Auftraggebers für den Auftragnehmer
  • Lange Zeiten der Vollzeitbeschäftigung vermeiden.

Freiraum bei der Auftragserfüllung

  • Keine (detaillierten) Weisungen im Hinblick auf die Durchführung des Auftrags.
  • Keine (durchgehende) Kontrolle der Arbeitstätigkeit.
  • Auftrag darf durch Hilfskräfte erledigt werden.

Wichtiges zur Bezahlung

  • Bezahlung erst bei Auftragserfüllung (Arbeitserfolg ist geschuldet, nicht die reine Arbeitsleistung).
  • Kein fixes Monatsgehalt zahlen, sondern im Einzelfall entscheiden, ob nach Stunden oder Pauschal abgerechnet wird.
  • Keine Zahlung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld.
  • Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Unternehmerisches Risiko

  • Kontrolle, ob eine Gewerbeanmeldung vorliegt.
  • Kontrolle, ob Auftragnehmer eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat.
  • Darauf achten, dass Auftragnehmer Werbung (gelbe Seiten, Website, Visitenkarten) betreibt.
  • Erlaubnis (Pflicht!) für weitere Auftraggeber tätig zu werden.

Gesamtschau entscheidend

Naturgemäß lassen sich im Regelfall nicht sämtliche Kriterien erfüllen, daher wird auch stets eine „Gesamtschau aller Indizien, die für oder gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen“ vorgenommen. Dennoch sollten Unternehmer, die Auftragnehmer als Subunternehmer beschäftigen darauf achten, möglichst viele der oben genannten Kriterien zu erfüllen, um nicht in die Gefahr zu geraten, teuren Ermittlungen durch Hauptzollamt, Rentenversicherung und Staatsanwaltschaft ausgesetzt zu sein.

Kanzlei Gemmerich

Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Sören Gemmerich ist auf diesem Gebiet spezialisiert und hat bereits eine Vielzahl von Unternehmer erfolgreich beraten oder verteidigt. Sollten Sie ebenfalls eine präventive Beratung wünschen oder bereits von Ermittlungen wegen Schwarzarbeit oder des Vorwurfs der Beschäftigung von Scheinselbstständigen betroffen sein, wenden Sie sich gerne an uns.

Auch wenn Sie weitergehende Fragen zu diesem Artikel haben, stehen wir Ihnen natürlich mit Rat und Tat zur Seite.

Ihr

RA/FAStr

Sören Gemmerich


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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