Corona und Entschädigung

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Corona und kein Ende, so scheint es. Erst gestern wurden noch einmal ausdrücklich die Maßnahmen verlängert bis zum Ende der Osterferien. Viele Unternehmer bangen um ihre Existenz. Der Staat versucht, unter anderem mit Soforthilfen zu unterstützen. Eine solche Soforthilfe ist aber nur bedingt sinnvoll, wenn der gesamte Betrieb stillgelegt ist.

Was also kann ein selbständiger Unternehmer oder ein Arbeitnehmer tun?

Über die Möglichkeit der Kurzarbeit, um laufende Personalkosten zu reduzieren, hatte ich Sie bereits an anderer Stelle informiert. Miet- und sonstige Zahlungen können unter bestimmten Voraussetzungen zumindest vorübergehend gestundet werden.

Daneben gibt es außerdem Entschädigungsansprüche.

Grundlage der Allgemeinverfügungen und Verordnungen der Bundesländer ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Dieses sieht einzelne Eingriffe und die Möglichkeit der Einschränkung von Grundrechten vor. Es weist aber auch einen Entschädigungsanspruch aus, § 56 IfSG.

Wer hat überhaupt Anspruch auf Entschädigung?

Grundsätzlich kommen Selbständige und Arbeitnehmer in Betracht. Diese müssen

  • Ausscheider (§ 2 Nr. 6 IfSG)
  • Ansteckungsverdächtiger (§ 2 Nr. 7 IfSG)
  • Krankheitsverdächtiger (§ 2 Nr. 5 IfSG) oder
  • sonstiger Träger von Krankheitserregern (vgl. § 2 Nr. 1 IfSG) 

sein.

Ausscheider ist, wer – ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein – Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Gefahr für die Allgemeinheit sein kann.

Ansteckungsverdächtig sind Personen, von denen anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen haben, ohne dass sie krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider sind.

Krankheitsverdächtig sind Personen, die Symptome haben, die das Vorliegen einer bestimmten, übertragbaren Krankheit vermuten lassen.

Das heißt: Nicht erfasst sind diejenigen, die tatsächlich erkrankt sind. Derartige Personen sind nach den allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts arbeitsunfähig und haben Anspruch entweder auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auf Krankengeld beziehungsweise Versicherungsleistungen.

Weiter muss die zuständige Behörde (das ist das örtlich zuständige Gesundheitsamt) Quarantäne (§ 30 IfSG) oder ein berufliches Tätigkeitsverbot (§ 31 IfSG) angeordnet haben.

Diese Anordnung muss durch einen Einzelverwaltungsakt (= Bescheid) oder durch eine Allgemeinverfügung erfolgt sein. 

Begibt sich jemand also freiwillig, ohne behördliche Anordnung, in Quarantäne oder schließt seinen Betrieb, so besteht kein Entschädigungsanspruch.

Ein großes Problem ist insoweit, dass – soweit ersichtlich – bislang alle Allgemeinverfügungen auf § 28 IfSG gestützt werden. Diese Norm gibt weitergehende Möglichkeiten, nicht umsonst ist sie mit dem weiten Begriff „Schutzmaßnahmen“ überschrieben.

Der in § 56 IfSG geregelte Entschädigungsanspruch ist allerdings nach dem Wortlaut des Gesetzes nur dann gegeben, wenn die §§ 30 oder 31 IfSG die Grundlage der Anordnung bilden.

In logischer Konsequenz weisen bereits jetzt einzelne Behörden darauf hin, dass ein Entschädigungsanspruch nicht bestehen soll. 

Ich rate allerdings dazu, den Entschädigungsanspruch geltend zu machen und gegebenenfalls im Rechtsweg durchzusetzen. Sinnvoll ist hier sicherlich die anwaltliche Betreuung bereits in einem frühen Stadium.

Wie erhalte ich die Entschädigung, wenn sie mir zusteht?

Arbeitnehmer erhalten die Entschädigung von ihrem Arbeitgeber direkt ausgezahlt. Dies ist in § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG geregelt. Die Dauer ist dabei auf höchstens 6 Wochen begrenzt. Der Arbeitgeber handelt insoweit für die zuständige Behörde.

Dem Arbeitgeber wird die geleistete Entschädigung von der Behörde erstattet, erforderlich ist insoweit aber ein Antrag bei der Behörde, § 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG.

Genügt die 6-wöchige Frist nicht, so erhält der Arbeitgeber in der Folgezeit auf eigenen Antrag hin die weitere Entschädigung direkt von der Behörde. 

Selbständige können bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Entschädigung stellen. Dem Antrag beizufügen ist unter anderem eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten Arbeitseinkommens, § 56 Abs. 11 Satz 2 IfSG.

Achtung: Der Antrag muss zwingend innerhalb von 3 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Quarantäne gestellt werden.

Wie hoch ist die Entschädigung?

Arbeitnehmer erhalten bis einschließlich der 6. Woche den vollständigen Verdienstausfall (Nettoarbeitsentgelt) als Entschädigung. 

Ab der 7. Woche erfolgt die Zahlung nur noch in Höhe des Krankengeldes. 

Kommt es zu einer Existenzgefährdung, so können (Achtung: Ermessen der Behörde) Mehraufwendungen in angemessenem Umfang erstattet werden.

Ein Nebeneinander von Kurzarbeitergeld und Entschädigung ist grundsätzlich möglich (aus tatsächlichen Gründen nach meiner Einschätzung aber eher unwahrscheinlich).

Für Selbständige erfolgt die Berechnung der Höhe der Entschädigung auf der Basis des letzten Jahreseinkommens. 

Weiter können unter Umständen weiter anfallende, nicht gedeckte Betriebsausgaben in angemessenem Umfang übernommen werden (insoweit besteht eine gewisse Ähnlichkeit zu den Soforthilfen).

Es kann also durchaus Sinn machen, die Entschädigung geltend zu machen. Allerdings muss auch damit gerechnet werden, dass die Behörden die Entschädigung zunächst ablehnen und eine gerichtliche Geltendmachung erforderlich wird. Insoweit dürfte in den meisten Fällen der sogenannte Anwaltszwang bestehen, Sie können also in der Regel nicht selbst vor Gericht auftreten.

Gerne können Sie in Bezug auf Entschädigungen und weitere Probleme rund um Corona (auf weitere Punkte habe ich in anderen Rechtstipps hingewiesen) meine Beratung und Vertretung in Anspruch nehmen.

Selbstverständlich ist dies auch ohne persönlichen Kontakt möglich, nutzen Sie einfach die Kontaktfunktion dieser Plattform oder die angegebenen Kontaktdaten.


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