Coronakrise und Pauschalreisen: Gutscheine statt Erstattungen? Unser Tipp!

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Da braut sich was zusammen: Das „Corona-Kabinett“ will Urlauber bei abgesagten Pauschalreisen mit Gutscheinen abspeisen.

Bisher kundenfreundliche Rechtslage bei Absagen

Bisher konnten sich Pauschalreisende darauf verlassen, dass sie bei Absagen ihrer Reise durch ihren Veranstalter zumindest ihr Geld zurückbekommen. Die Vorgaben der EU-Pauschalreiserichtlinie sorgten bislang dafür, dass Reiseveranstalter, die eine Reise absagen, den Reisepreis spätestens innerhalb von 14 Tagen ohne Wenn und Aber an ihren Kunden erstatten müssen. 

Pläne der Bundesregierung: Gutschein statt Geld

Jetzt aber wackelt dieser Verbraucherschutz gewaltig. Das sogenannte „Corona-Kabinett“ der Bundesregierung hat am 02.04.2020 einen Beschluss für eine Gutschein-Lösung u. a. bei Pauschalreisen gefasst.

Danach ist geplant, dass Buchende bei pandemiebedingten Absagen von vor dem 08.03.2020 gebuchten Reisen erst einmal nicht das Geld zurückbekommen, sondern Reisende sich mit Gutscheinen zufriedengeben müssen. Dabei soll zunächst einmal die EU-Kommission mit ins Boot geholt werden, eine Gutscheinpflicht wäre nach aktueller Lage ein Verstoß gegen das geltende EU-Recht.

Dabei soll es eine Härtefallklausel für Fälle geben, in denen der Gutschein für einen Buchenden unzumutbar ist. Die Gutscheine sollen bis 31.12.2021 gültig sein, danach soll dann der Wert zu erstatten sein. Es soll auch eine „Insolvenzabsicherung, ggf. staatliche Rückversicherung“ geben. 

Gravierende Folgen: Reisende könnten leer ausgehen

Bei der bisherigen Erstattungspflicht handelt es sich um hart erkämpften Verbraucherschutz. Dass daher ausgerechnet das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, das beim Corona-Kabinett mit am Tisch sitzt, dies so mitträgt, verwundert dann doch.

Schließlich handelt es sich bei diesen Gutscheinen letztlich um nichts anderes als – und zwar zinslose – Kredite für die Reiseveranstalter. Das Problem ist aber, dass heute noch niemand sagen kann, ob diese Ende 2021 überhaupt noch zahlungsfähig oder möglicherweise pleite sind.

Die geplante Gutschein-Lösung würde im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Kunde dann das Risiko hat, am Ende komplett leer auszugehen. Wenn man dann noch bedenkt, dass just zum 01.01.2022 alle nicht eingelösten Gutscheine auf einen Schlag auszuzahlen wären, kann man sich vorstellen, was dies für die Reisebranche bedeuten würde. Letztlich besteht die Gefahr, dass das Problem nur auf die lange Bank geschoben wird und ohnehin gebeutelten Reiseveranstalter Anfang 2022 umso mehr in Zahlungsschwierigkeiten kommen.  

Außerdem sollte beachtet werden, dass erwartet wird, dass die Preise für Reisen im nächsten Jahr deutlich anziehen könnten. Ein heute ausgestellter Gutschein für 1000 Euro könnte im kommenden Jahr nur noch die Hälfte wert sein, wenn viele Urlauber ihre Reisen nachholen und Hotels, Mietwagen, Unterkünfte deutlich teurer werden. Statt Gran Canaria 2020 ist mit der Rückerstattungssumme 2021 vielleicht nur noch Wangerooge drin.

Rettungsanker Staat?

Auf den ersten Blick könnte man daher meinen, dass die Gefahr, am Ende auszugehen, nicht besteht, weil man ja einen Sicherungsschein hat und im Notfall ja der Staat einspringt. 

Dass bei Pauschalreisen „ggf.“ eine staatliche Rückversicherung geplant ist, liegt offenbar auch an den Erfahrungen der Bundesregierung mit der Thomas Cook-Pleite im letzten Jahr. Dort wurde schnell klar, dass die Insolvenzversicherung von Thomas Cook bei weitem nicht ausreicht, alle Urlauber zu entschädigen.

Erst möglich gemacht hat dies eine mangelhafte Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie ins deutsche Recht, die letztlich zu einer krassen Unterversicherung von Thomas Cook führte. Daher spricht hier viel für eine Staatshaftung, wonach Betroffene unmittelbar von der Bundesrepublik Schadenersatz fordern können. Daher verwunderte es nicht wirklich, dass die Bundesregierung im Dezember 2019 verkündete, dass der Bund Thomas Cook-Kunden „zur Vermeidung unzähliger Rechtsstreitigkeiten“ ihre Schäden ersetzen werde. Am Ende kommt also niemand anders als der Steuerzahler für den Schaden auf.

Das dürfte auch hier die Bereitschaft der Bundesregierung erklären, bei der geplanten Gutschein-Lösung für Pauschalreisen eine staatliche Rückversicherung einzubauen. Auch dann würde allerdings letztlich nicht die Reiseveranstalter oder dessen Versicherung, sondern wieder der Steuerzahler einspringen müssen. 

Kundenfreundliche Alternative wäre möglich gewesen

Tatsächlich wäre eine Alternative denkbar gewesen: Der Staat hätte über einen mit Steuermitteln gefüllten Fonds die sofortige Rückzahlung aller Kundengelder sicherstellen können. Die Reisekonzerne hätten dieses staatliche Darlehen dann über zehn oder mehr Jahre mit kleinen, verkraftbaren Beträgen abstottern können. Die Tourismus-Industrie war nach der Großpleite von Thomas Cook ohnehin dazu aufgerufen, einen Sicherungsfonds einzurichten. Eine staatlich initiierte Fondslösung für die Corona-Krise hätte also nur beschleunigt, was so ähnlich ohnehin geplant war. Doch die Fondslösung – von Verbraucherschützern empfohlen – kam in den Beratungen des Corona-Kabinetts aus ungeklärten Gründen nicht zum Zuge.

Unser Rechtstipp:

Stand heute ist die Rechtslage eindeutig: Sagt der Veranstalter die Pauschalreise ab, bekommt der Kunde sein Geld zurück. Ohne Wenn und Aber. Es muss auch keinen Gutschein akzeptieren, auch wenn viele Tourismusunternehmen Berichten zufolge schon so tun, als handele es sich bei dem Versprechen der Bundesregierung bereits um unmittelbar geltendes Recht.

Erste Signale aus Brüssel deuten schon darauf hin, dass die EU-Kommission den Plänen der Bundesregierung ablehnend gegenübersteht. Der zuständige Verbraucherschutz-Kommissar Didier Reynders hat die Reiseveranstalter schon am 03.04.2020 an ihre Pflicht erinnert, die Verbraucher zu entschädigen. Auch Verbraucherschützer und die Opposition haben die Pläne bereits scharf kritisiert. So meint etwa die Verbraucherzentrale, dass Verbraucher nicht als schnelle und zusätzliche Refinanzierungsquelle von Unternehmen missbraucht werden dürften.

Ob so eine Gutschein-Lösung tatsächlich kommt und wie diese dann genau aussehen würde, ist also noch völlig offen. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass die Gedankenspiele der Bundesregierung die Zahlungsbereitschaft der betroffenen Unternehmen nicht gerade fördern. Betroffenen Urlaubern kann daher nur geraten werden, nicht weiter zuzuwarten und die Erstattung der gezahlten Gelder aktiv bei ihrem Reiseveranstalter einzufordern.

Über die Kanzlei Mutschke

Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin in Fragen rund um das Coronavirus und deutschlandweit bekannt aus den Medien. Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten engagiert und kompetent in allen Fragen des Reiserechts, auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Die Anwälte der Kanzlei sind deutschlandweit tätig und unterstützen auch Sie in dieser schwierigen Zeit.

Gerade in der aktuellen Situation ist für Betroffene wichtig zu wissen:

Die komplette Prüfung Ihrer Angelegenheit erfolgt digital, d. h., eine persönliche Vorsprache in der Kanzlei ist nicht notwendig.

Wer über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, für den fragen wir kostenfrei an, ob diese die Kosten der Beauftragung übernimmt.

Bleiben Sie gesund!



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