Coronavirus & Arbeitsrecht – was gilt bezüglich der Arbeitsbedingungen?

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In der letzten Zeit spitzt sich die Lage hinsichtlich der Coronavirus-Pandemie täglich immer weiter zu.

Im ersten Teil unser Serie von Rechtstipps zum Thema „Coronavirus & Arbeitsrecht“ wird Ihnen Rechtsanwalt Thomas Seidel die häufigsten Fragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmers zum Thema Arbeitsbedingungen beantworten.

Welche Pflichten treffen den Arbeitgeber im Rahmen der Coronavirus-Pandemie?

Neben der Hauptleistungspflicht, also der Zahlung des Gehaltes, treffen den Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern weitere Nebenpflichten, insbesondere die sogenannte Fürsorgepflicht. In Bezug auf die Corona-Pandemie bedeutet das für Arbeitgeber ganz konkret:

Zunächst trifft den Arbeitgeber eine Informationspflicht. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, seine Mitarbeiter über die Gefahren durch das Coronavirus aufzuklären und diese so stark wie möglich zu minimieren.

Muss der Arbeitgeber Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen?

Den Arbeitgeber trifft gegenüber seinen Arbeitnehmern eine „Fürsorgepflicht“. Daher muss er Hygienevorschriften beachten, um die Verbreitung von Krankheiten zu einzudämmen. Daher sollten in jedem Betrieb Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt und Hygieneempfehlungen ausgehängt werden.

Meiner Ansicht nach kann die Frage nach der rechtlichen Verpflichtung zur Bereitstellung von Seife, Handtüchern und Desinfektionsmitteln durch den Arbeitgeber jedoch praktisch gesehen dahinstehen. Denn es ist auch im Sinne des Arbeitgebers zu verhindern, dass seine Belegschaft durch das Coronavirus gefährdet wird oder sogar im „worst case“ der ganze Betrieb aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne mindestens für 14 Tage lahmgelegt wird.

Müssen Arbeitnehmer, die befürchten, sich mit dem Coronavirus anzustecken, zur Arbeit gehen?

Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, weiterhin zur Arbeit zu erscheinen. Die bloße Befürchtung, sich anstecken zu können genügt nicht, um der Arbeit fernzubleiben. Der Arbeitnehmer darf die Arbeitsleistung nur dann verweigern, wenn er auch tatsächlich arbeitsunfähig ist oder eine Behörde eine Quarantäne verhängt hat.

Sind Arbeitnehmer verpflichtet, zur Arbeit zu kommen, wenn der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eingestellt wurde?

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, wie er pünktlich zu seiner Arbeit gelangt. Ihm obliegt das sogenannte „Wegerisiko“. Grundsätzlich gilt: Wer nicht zur Arbeit geht, der bekommt auch kein Geld. Ob und inwieweit die Rechtsprechung wegen der Neuartigkeit und der Besonderheiten, die mit der Corona-Pandemie verbunden sind, Ausnahmen von diesem Grundsatz machen wird, wird erst die Zukunft zeigen.

Müssen Arbeitnehmer „Zwangsurlaub“ nehmen, wenn der Arbeitgeber wegen des Coronavirus vorübergehend den Betrieb einstellt?

Wenn der Arbeitgeber den Betrieb schließt, befindet er sich im Annahmeverzug. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer zwar seine Arbeitsleistung anbietet, der Arbeitgeber diese aber nicht annimmt. Der Arbeitnehmer ist daher nicht verpflichtet, hierfür Urlaub zu nehmen.

Erscheinen Arbeitnehmer nicht zur Arbeit, obwohl sie weder arbeitsunfähig noch durch behördliche Anordnungen an der Arbeit gehindert sind, riskieren sie eine Abmahnung und sogar Kündigung wegen Arbeitsverweigerung.

Darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter aktuell ins Ausland schicken?

Die Frage danach, ob der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter aktuell ins Ausland schicken darf, richtet sich zunächst danach, ob dies im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Selbst wenn der Arbeitsvertrag Auslandsreisen grundsätzlich vorsieht, kann dieses Recht des Arbeitgebers aktuell aufgrund des Coronavirus jedoch eingeschränkt sein.

Sein sogenanntes Weisungsrecht darf der Arbeitgebers nämlich nur nach „billigem Ermessen“ ausüben. Dies setzt eine Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus, im Rahmen derer der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinsichtlich des Coronavirus eine besondere Bedeutung zukommt. Die Anordnung einer Auslandsreise dürfte daher jedenfalls dann nicht mehr angemessen sein, wenn für das Reiseziel eine offizielle Reisewarnung ausgegeben wurde. Andere individuelle Faktoren, wie beispielsweise Vorerkrankungen, sind im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ebenfalls zu berücksichtigen.

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu Homeoffice zwingen?

Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Der Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter nicht zu Homeoffice zwingen. Allerdings haben Arbeitnehmer auch keinen Anspruch darauf, ab sofort im Homeoffice zu arbeiten.


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