Coronavirus: Darf ich während der Kurzarbeit Urlaub nehmen? Wird der Urlaub gekürzt?

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Durch die Corona-Pandemie sind viele Unternehmen gezwungen einen Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit zu schicken. Wir wollen hier kurz erklären, ob denn die Kurzarbeit auch rechtliche Konsequenzen auf den Urlaubsanspruch und das Urlaubsentgelt des Arbeitnehmers hat. Hierzu wie folgt:

1. Welchen Urlaubsanspruch hat der Arbeitnehmer während der Kurzarbeit?

Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer auch während der angeordneten Kurzarbeit einen Anspruch auf Urlaub.

Die entsprechende Anzahl der Urlaubstage ergibt sich entweder aus den gesetzlichen Regelungen des BUrlG (grundsätzlich mindestens 4 Wochen) oder aus dem Arbeits- oder eventuell anzuwendenden Tarifvertrag. Dabei dürfen durch den Arbeits- oder Tarifvertrag nur zu Gunsten des Arbeitnehmers nach oben hin mehr als 4 Wochen Urlaub vereinbart werden.

Vor Aufnahme der Kurzarbeit muss der Arbeitnehmer grundsätzlich noch vorhandenen Urlaub vorrangig nehmen und abbauen, damit durch die Agentur für Arbeit überhaupt Kurzarbeit gewährt wird. Denn zunächst sollte der Arbeitnehmer seinen „Resturlaub abfeiern“ bevor er Kurzarbeitergeld beziehen darf.

Sofern der Arbeitnehmer jedoch erst während des Zeitraumes der Kurzarbeit seine restlichen Urlaubstage in Anspruch nimmt, so stellt sich häufig die Frage in welcher Höhe der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsentgelt erhält.

2. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer während seines Urlaubes einen Anspruch auf sog. Urlaubsentgelt in der gleichen Höhe, wie der entsprechende Lohn, den der Arbeitnehmer erhält. Durch das Kurzarbeitergeld erhält der Arbeitnehmer jedoch einen deutlich geringen Lohnanspruch,  was zur Folge haben könnte, dass der Arbeitnehmer auch nur einen entsprechend geringeren Urlaubsentgeltanspruch hat im Vergleich zum Zeitraum "vor" der Kurzarbeit.

Dies ist jedoch nicht der Fall – denn gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 (BUrlG) berechnet sich das Urlaubsentgelt trotz der Kurzarbeit nach dem ungekürzten Entgeltanspruch der letzten dreizehn Wochen des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat daher während des Urlaubs einen vollen Lohn bzw. Urlaubsentgeltanspruch, wie er ihm auch vor der Anordnung zur Kurzarbeit zugestanden hat. Der Arbeitnehmer hat also so die Möglichkeit Verdienstausfälle, die durch die Kurzarbeit entstehen, durch die Inanspruchnahme von Urlaub zu vermeiden. 

3. Hat man während der Kurzarbeit weniger Urlaub? 

Wie bereits dargestellt, ergibt sich die genaue Anzahl an Urlaubstagen entweder aus dem Arbeitsvertrag, der entsprechenden Tarifvereinbarungen oder dem Gesetz (s. o. unter 1.).

Sofern nunmehr jedoch der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern die Kurzarbeit anordnet, stellt sich die Frage, ob sich auch für diesen Zeitraum der Kurzarbeit die grundsätzlichen jährlichen Urlaubstage reduzieren, da ja auch nur noch in einem geringeren Umfang gearbeitet wird.

  • Europäischer Gerichtshof sieht Vergleich mit Teilzeitbeschäftigten

Der EuGH (Europäische Gerichtshof) hat in einer vergleichbaren Situation, in welcher der Arbeitsumfang eines Arbeitnehmers reduziert wurde, zu Gunsten des Arbeitgebers geurteilt, dass der Teilzeitbeschäftigte im Umfang seiner Urlaubstage gekürzt werden könne. Dies sei auch mit Beschäftigten, die sich –  wenn auch nur über einen gewissen Zeitraum – in Kurzarbeit begeben, im Ergebnis vergleichbar. Demnach ist der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub für den Zeitraum der Teilzeitbeschäftigung im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung entsprechend zu reduzieren.

Dies würde also zu einer entsprechenden Urlaubszeitverkürzung bzw. Streichung von Urlaubstagen während des Zeitraumes der Kurzarbeit führen, so dass der Jahresurlaub im Ergebnis weniger Tage umfassen würde als vor dem Zeitraum der Kurzarbeit.

  • kleiner Hoffnungsschimmer für Arbeitnehmer

Da bisher noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch auf das deutsche Arbeitsrecht anzuwenden ist, bleibt es weiterhin spannend, ob die deutschen Arbeitsgerichte auch eine Kürzung des Urlaubsanspruches während der Kurzarbeit bestätigen werden. 

Dies dürfte unproblematisch ausschließlich dann der Fall sein, wenn eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung zur Kürzung des Urlaubsanspruchs während der Kurzarbeit vorliegt. Sofern also eine derartige schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht getroffen worden ist, dürfte weiterhin sehr streitig sein, ob der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeiter eine Reduzierung der Urlaubstage automatisch durchführen kann.

Fazit:

Aufgrund der noch "offenen" Rechtslage in Deutschland, sollte man auf Arbeitgeberseite noch "vorsichtig" sein, ohne schriftliche Vereinbarung den Urlaubsanspruch automatisch zu kürzen. Gerade auch unter dem Aspekt der "Solidarität" sollte gewissenhaft auf beiden Seiten, also auf Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmerseite, abgewogen werden, ob eine Reduzierung des Urlaubsanspruch wirklich zwingend erforderlich ist. 

Selbstverständlich stehen wir Ihnen bei weiteren Fragen mit unseren Fachanwälten zur Verfügung, bitten jedoch aufgrund der Vielzahl von teilweise sehr komplexen Anfragen zu diesem Artikel, dass wir nicht alle kostenlos beantworten können. Selbstverständlich werden Sie aber vorab über eventuelle Gebühren informieren. 

Wir bitten hier um Verständnis. 

Ihre KGK Rechtsanwälte


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