Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess

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In einem Rechtsstreit um die Vergütung von Überstunden hat der Arbeitnehmer die folgenden Anforderungen zu erfüllen:

  1. Der Arbeitnehmer muss darlegen, dass er Arbeit in einem Umfang geleistet hat, der über die Normalarbeitszeit hinausgeht oder dass er sich auf Weisung des Arbeitgebers bereitgehalten hat, solche Überstunden zu leisten.

  2. Der Arbeitnehmer muss vorbringen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat. Dies ist wichtig, da der Arbeitgeber nur für von ihm veranlasste Überstunden vergüten muss.

Es ist zu beachten, dass diese Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für Überstunden, die vom Bundesarbeitsgericht entwickelt wurden, nicht durch die unionsrechtliche Verpflichtung zur Einführung eines Systems zur Messung der täglichen Arbeitszeit beeinflusst werden.

Im vorliegenden Fall war der Kläger als Auslieferungsfahrer bei der Beklagten, einem Einzelhandelsunternehmen, tätig. Der Kläger erfasste seine Arbeitszeit mithilfe einer technischen Zeitaufzeichnung, die jedoch nur den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, nicht jedoch die Pausenzeiten erfasste. Am Ende seines Arbeitsverhältnisses ergab die Auswertung der Zeitaufzeichnungen einen positiven Saldo von 348 Stunden zugunsten des Klägers. Er verlangte Überstundenvergütung in Höhe von 5.222,67 Euro brutto und behauptete, die gesamte aufgezeichnete Zeit gearbeitet zu haben. Pausen seien aufgrund der Notwendigkeit zur Abwicklung der Auslieferungsaufträge nicht möglich gewesen.

Das Arbeitsgericht Emden gab der Klage statt und berief sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber zur Einführung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassungssystems verpflichten müssen. Dies habe die Darlegungslast im Überstundenvergütungsprozess verändert. Die Beklagte hätte sich durch die Einführung, Überwachung und Kontrolle der Arbeitszeiterfassung selbst Kenntnis von den Überstunden verschaffen können. Daher sei es ausreichend, die Anzahl der geleisteten Überstunden vorzutragen.

Das Landesarbeitsgericht änderte das Urteil ab und wies die Klage ab, mit Ausnahme der bereits abgerechneten Überstunden. Die Revision des Klägers beim Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos. Das Berufungsgericht entschied, dass die Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer weiterhin erforderlich sei, unabhängig von der Entscheidung des EuGH. Die unionsrechtlichen Bestimmungen zur Arbeitszeitgestaltung und deren Messung hätten keine Auswirkung auf die deutschen Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess. Der Kläger habe nicht hinreichend konkret dargelegt, dass er ohne Pausen arbeiten musste, um die Auslieferungsaufträge zu erfüllen, und die bloße pauschale Behauptung ohne weitere Details reichte nicht aus. Es blieb offen, ob die Behauptung des Klägers, keine Pausen gehabt zu haben, zutraf, da sie nicht ausreichend konkret war.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

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