Das fragwürdige Geschäft mit Uraltforderungen

  • 2 Minuten Lesezeit

So manche Betroffene werden sich über die Post, die in ihrem Briefkasten gelandet ist, schon verwundert die Augen gerieben haben. Sie sollen uralte Rechnungen bezahlen. Dass sie sich an diese offenen Forderungen oft überhaupt nicht erinnern können, ist nicht weiter erstaunlich. Denn es sind nicht ihre offenen Rechnungen, die sie nicht bezahlt haben – sie haben die Schulden von einem verstorbenen Verwandten geerbt. Das behauptet zumindest der Absender und verlangt die Begleichung der Forderungen, die durch Zinsen und andere Kosten förmlich explodieren können. Die Post kommt nicht vom ursprünglichen Gläubiger, z.B. einer Bank, sondern von einem Rechtsanwalt.

Rechtsanwalt Benjamin Hasan rät Betroffenen zur Vorsicht: „Die Forderungen sind oft völlig überzogen und sollten genau geprüft werden.“  Der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht hält das Vorgehen einiger Forderungseintreiber zumindest für unseriös und in einigen Fällen auch für betrügerisch.

Zunächst vorweg: Erben treten die Rechtsnachfolge des Erblassers an, wenn sie das Erbe nicht ausschlagen. Ihnen fällt nicht nur das Guthaben des Erblassers zu, sondern auch seine Verbindlichkeiten. Gläubiger können daher die Begleichung offener Rechnungen vom Erben verlangen.

Exkurs: Forderungskauf, Factoring, Inkasso

Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass offene Forderungen an Dritte abgetreten werden. Forderungskauf und -verkauf meint den zumeist gewerblich betriebenen Handel mit Forderungen. Handelt es sich bei den verkauften Forderungen um betagte Forderungen (d.h. Forderungen, die bereits entstanden, aber noch nicht fällig sind), so spricht man von Factoring im traditionellen Sinne. Dieses Factoring wird von klassischen Factoringunternehmen angeboten. 

Sind die Forderung hingegen überfällig bzw. befindet sich der Forderungsschuldner in Verzug , so spricht man in diesem Fall eher von Forderungskauf als von Factoring.  

Wird die Einziehung fremder Forderungen als eigenständiges Geschäft betrieben, liegt eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung vor gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG. Diese Dienstleitsung wird von Inkassounternehmen erbracht. 

Lukratives Geschäft mit verjährten Forderungen

Neben spezialisierten Unternehmen können auch Rechtsanwälte diese Geschäfte betreiben. Sie kaufen den Gläubigern die Forderungen mit großem Abschlag ab und versuchen, das Geld dann in eigenem Namen bei den Schuldnern einzutreiben. „Dagegen ist nichts einzuwenden, doch wie in jeder Branche gibt es auch hier schwarze Schafe“, so Rechtsanwalt Hasan.

Der „Tagesspiegel“ berichtete bereits im Mai 2019 über dubiose Geschäfte bei der Eintreibung von uralten Forderungen. Ein Rechtsanwalt Ralf Heyl soll dem Bericht zu Folge hohe Forderungen für Schulden stellen, die die Verbraucher offenbar nie gemacht haben, z.B. für Ratenkredite und Kontoüberziehungen bei der Postbank. Auch für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist der Anwalt kein Unbekannter. Es habe schon häufiger Beschwerden der Verbraucher über Rechtsanwalt Heyl gegeben, heißt es in dem Bericht.

Eine Mandantin von Rechtsanwalt Hasan sieht sich nach einer Erbschaft ebenfalls mit überhöhten Forderungen durch diesen Anwalt konfrontiert. Rechtsanwalt Hasan rät bei solchen Forderungen, Ruhe zu bewahren und zu prüfen, ob die Forderungen überhaupt berechtigt sind. Oft wurden die Forderungen auch schon beglichen oder sind längst verjährt. „Unberechtigte Forderungen müssen natürlich nicht bezahlt werden. Lassen sich die Forderungen nicht nachvollziehen, sollten Betroffene ihnen widersprechen und eine genaue Aufstellung fordern, woraus sich die Forderungen ergeben“, so Rechtsanwalt Hasan.

Foto(s): banklaw.de


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt u. Fachanwalt f. Bankrecht Benjamin Hasan LL.M.

Beiträge zum Thema