Das Kraftfahrzeug im "Bürgergeld"

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Mit den neuen Regelungen zum SGB II haben sich einige Änderungen im Gesetz ergeben, die wir uns nach und nach anschauen wollen. Ob die Reform eine wirkliche Reform darstellt und die Neubenennung als "Bürgergeld" verdient, wird sich dabei in den nächsten Jahren anhand einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen zeigen. 

In diesem Artikel wollen wir uns anschauen, wann ein Kraftfahrzeug als geschütztes Vermögen gilt.

Geschütztes Vermögen

Das geschützte Vermögen nach dem SGB II (Sozialgesetzbuch II) bezieht sich auf bestimmte Vermögenswerte, die bei der Berechnung des Leistungsanspruchs nicht berücksichtigt werden; § 12 SGB II. Dies bedeutet, wenn die Höhe ihres Vermögens bestimmt wird, wird das sogenannte geschützte Vermögen nicht mit hinzugerechnet. Dies ist entscheidend, da nicht geschütztes Vermögen einem Leistungsanspruch entgegen steht und zunächst aufgebraucht werden muss, bevor man Leistungen erhält.

Wann ist ein Kraftfahrzeug geschütztes Vermögen?

Ein Kraftfahrzeug ist dann geschützt, wenn es angemessen ist. Und genau an diesem Punkt der Angemessenheit lagen schon immer die Probleme, namentlich in der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessen". Für die Angemessenheit gilt wie bisher eine wertmäßige Obergrenze, die sich auf den Verkehrswert und den Erlöswert des Kfz bezieht.

Verkehrswert?

Der Verkehrswert eines Kraftfahrzeugs bezieht sich auf den Preis, zu dem ein Fahrzeug auf dem Markt verkauft werden könnte, wenn es unter normalen Marktbedingungen veräußert würde. Ähnlich wie bei einer Immobilie, hängt der Verkehrswert eines Kfz von vielen Faktoren ab, wie z.B. Marke, Modell, Alter, Kilometerstand, Ausstattung und Zustand. Sie können im Internet solche Bewertungen kostenlos durchführen lassen, beispielhaft bei mobile.de und ähnlichen Platformen.

Erlöswert?

Bei dem Erlöswert handelt es sich um den Betrag, der bei einem Verkauf und der Ablösung eine etwaigen Kredites, sowie anderer Kaufnebenkosten, übrig bleibt. Wenn also ein finanziertes Kfz einen Verkehrswert von 20.000 € aufweist, bei einem Verkauf aber noch 12.000 € an Kreditverbindlichkeiten fällig werden, dann ist der Verkaufserlöswert mit 8.000 € anzusetzen.

Mit welchem Verkaufserlöswert ist ein Kraftfahrzeug noch angemessen?

Tja, da gilt wie so oft, es kommt darauf an. Zunächst soll jedoch gelten: Ist ein Verkaufserlöswert von maximal 15.000,00 EUR erreichbar, ist von einer Angemessenheit auszugehen. Die Angemessenheit ist zudem abhängig von den Umständen des Einzelfalls (Größe der Bedarfsgemeinschaft, Anzahl der Kfz im Haushalt, Zeitpunkt des Erwerbs).

An diesen Punkten werden sich die Streitigkeiten vor den Gerichten ergeben. Hat eine Familie mit 2 Kindern und nur einem Kfz vielleicht ein Anrecht auf ein Kfz mit einem Wert von 30.000 €? Denn es gilt, jeder erwerbsfähigen Person in der Bedarfsgemeinschaft darf ein angemessenes Kfz gehören. Wenn also zwei Eltern je ein KfZ mit einem Verkaufserlöswert von 15.000 € besitzen dürfen, dürfen sie dann gemeinsam ein Familienauto mit einem Verkaufserlöswert bis 30.000 € besitzen? Darf eine Familie mit 3 oder mehr Kindern ein höherwertiges Kfz besitzen, aufgrund des Platzbedarfs? Hier wird man abwarten müssen, wie sich die Sozialgerichte positionieren werden. Es wird aber auf eine gute Argumentation ankommen. Wer gute Gründe fundiert darlegen kann, wird eher ein Kfz mit einem höheren Verkaufserlöswert als geschützten Vermögenswert durchsetzen können.  

Was passiert, wenn ein KfZ nicht angemessen ist?

Wenn der Verkaufserlöswert des Kfz die Angemessenheitsgrenze überschreitet, wird das Kfz nicht insgesamt zu einem zu berücksichtigenden Vermögensbestandteil. Lediglich der die Angemessenheit übersteigende Wert, ist dann zu berücksichtigen.

Wenn also ein Verkaufserlöswert von 19.000 € festgestellt wird und die Angemessenheit im Einzelfall bei 15.000 € liegen würde, dann würden 4.000 € als Vermögen berücksichtigt werden. Diese 4.000 € könnten aber bei den Vermögensfreibeträgen (Barvermögen) nach § 12 Absatz 2 i. V. m. Absatz 3 und Absatz 4 angerechnet werden.

Es zeigt sich also bereits, dass im Bereich der angemessenen Kfz sicherlich noch eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren anstehen werden. 


Niklas Sander

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht



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