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Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers

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In der Vergangenheit waren nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur für kaufmännische Angestellte (§ 74 HGB) und für Handelsvertreter (§ 90a HGB) geregelt. Das Bundesarbeitsgericht dehnte den Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB jedoch auf sämtliche Arbeitnehmer und auch auf arbeitnehmerähnliche Personen aus (vgl. BAG Urteil vom 02.06.1999, NZA-RR 2000, Seite 19). Daraufhin galten die §§ 74 ff. HGB auch für solche Arbeitnehmer, die keine kaufmännischen Angestellten sind. Seit dem 01.01.2003 hat der Gesetzgeber in § 110 Gewerbeordnung geregelt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken können (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f HGB sind daher für Arbeitnehmer entsprechend anzuwenden.

Wenn ein Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag oder daneben vereinbart ist, wäre zunächst zu prüfen, ob ein tätigkeitsbezogenes oder ein unternehmensbezogenes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vorliegt. Die allermeisten Wettbewerbsverbote sind als unternehmensbezogenes Verbot ausgestaltet. Dieses bezieht sich meistens auf das räumliche Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, kann jedoch im Einzelfall sogar weiter gehen. Die räumliche Reichweite des Wettbewerbsverbotes kann jedoch zu einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers führen. Für die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes hängt nämlich der räumliche Geltungsbereich mit der Höhe der zu leistenden Karenzentschädigung zusammen. Die Wechselwirkung dieser beiden Kriterien ist weder von der Rechtsprechung noch vom Gesetzgeber definiert worden. Es ist daher nicht möglich, allgemeine Grundsätze aufzustellen, wann die Mindestkarenzentschädigung wegen der zu weit reichenden räumlichen Wirkung eines Wettbewerbsverbotes aufzustocken oder das Wettbewerbsverbot insgesamt unbillig ist.

Nach Bucher, (Wettbewerbsverbot, Schriften zur AR-Datei, Band 10, Seite 72), soll ein Wettbewerbsverbot immer schon dann unbillig sein, wenn die Berufsausübung in Deutschland schlechthin vereitelt wird. Diese Auffassung ist jedoch zu weitgehend und wird von der Rechtsprechung regelmäßig nicht vertreten.

Die Grenze der zeitlichen Geltung des Wettbewerbsverbotes liegt bei maximal zwei Jahren.

In den meisten Verträgen ist nur eine Mindestkarenzentschädigung von 50 % der letzten Vergütung vorgesehen, bei einer räumlich und zeitlich meist sehr weitgehenden Beschränkung. Dies könnte jedoch ein Argument sein, ein Wettbewerbsverbot insgesamt als rechtswidrig anzusehen.

Auch der Arbeitgeber kann, wenn er vom Arbeitnehmer aus dem Wettbewerbsverbot in Anspruch genommen wird, sich auf die Unwirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes berufen. In diesem Falle würde er dann diejenigen Argumente ins Feld führen, die üblicherweise von den Arbeitnehmern vorgebracht werden, wenn diese sich nicht an das Wettbewerbsverbot binden lassen wollen. Für den Arbeitnehmer unverbindliche Wettbewerbsverbote entstehen dann, wenn dem Arbeitnehmer z. B. eine Karenzentschädigung in zu niedriger Höhe zugesagt wird (§ 74 Abs. 2 HGB). In jedem Falle macht eine vereinbarte Karenzentschädigung von weniger als 50 % das Wettbewerbsverbot unverbindlich.

Weiterhin ist ein Wettbewerbsverbot nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB für den Arbeitnehmer unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält. Man kann also sagen; je enger der örtliche Geltungsbereich ist und je kürzer der zeitliche Geltungsbereich ist und je höher die Karenzentschädigung ist, desto eher ist das Wettbewerbsverbot nicht unbillig und damit wirksam.

Eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung ist, dass das Wettbewerbsverbot gemäß § 126 BGB schriftlich abgefasst ist.

Ist ein Wettbewerbsverbot insgesamt wirksam vereinbart, so stellt sich des Weiteren die Frage, wann und wie ein Wettbewerbsverbot wieder wegfallen kann.

Bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Damit entfällt das Wettbewerbsverbot mit sofortiger Wirkung, der Arbeitnehmer kann also unmittelbar im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis konkurrierend tätig werden. Allerdings wird der Arbeitgeber erst mit Ablauf eines Jahres ab Zugang der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung befreit (vgl. § 75 HGB, siehe auch Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 30.11.1995 in NZA-RR 1996, Seite 165).

Auch eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers löst für den Arbeitnehmer das Recht aus, sich vom Wettbewerbsverbot loszusagen, wenn der Arbeitnehmer für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen erheblichen Anlass gegeben hat (vgl. § 75 Abs. 2 HGB).

Wird das Arbeitsverhältnis hingegen vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt, so kann der Arbeitgeber sich in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB von der nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung binnen eines Monats nach Kündigung durch schriftliche Erklärung lösen.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Arbeitgeber mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses oftmals ihren Arbeitnehmern auch sogenannte Ausgleichsquittungen vorlegen, die vom Arbeitnehmer dann unterzeichnet werden sollen. Solche Ausgleichsquittungen sollten immer mit Vorsicht behandelt werden, da diese oftmals Erklärungen enthalten können, die auch etwaige Ansprüche aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot erfassen können. Obwohl der Arbeitnehmer an sich einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung hätte, kann dann schon mal ganz schnell und unbedarft darauf verzichtet werden; „die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Beendigung des Arbeitsverhältnis sämtliche wechselseitigen Ansprüche erledigt und abgegolten sind ..." Und schon ist die Karenzentschädigung vom Tisch... Arbeitnehmer sind allerdings nicht verpflichtet, Ausgleichquittungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu unterzeichnen. Besser ist es, vorher den rechtlichen Umfang prüfen zu lassen, oder die Quittung nicht zu unterzeichnen.

Was die Höhe einer zu zahlenden Karenzentschädigung und die Anrechnung anderweitigen Verdienstes anbelangt, so sind Einkünfte aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit, die der Arbeitnehmer durch die Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt, während der Realisierung des Wettbewerbsverbotes auf die Karenzentschädigung anzurechnen (vgl. § 74c Abs. 1 HGB).

Auch das Arbeitslosengeld ist als Lohnersatzleistung wie jeder anderweitige Verdienst nach § 74c Abs. 1 HGB zu berücksichtigen. Es ist dem Arbeitgeber allerdings verwehrt, die Karenzentschädigung schon allein deswegen zu kürzen, weil der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld erhält. Auch hier sind die Vorgaben des § 74c Abs. 1 HGB zu beachten. Eine Anrechnung findet also nur dann statt, wenn die Entschädigung und das Arbeitslosengeld den Betrag der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung um mehr als 1/10 übersteigen würden.

Beenden Sie Ihren Arbeitsvertrag und enthält dieser eine Karenzentschädigung, macht es daher immer Sinn, sich rechtzeitig anwaltlich beraten zu lassen.


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