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Die Soka-Bau bittet zur Kasse

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Viele Bauunternehmer beklagen sich über die Soka-Bau und deren Beträge. 

Viele verstehen nicht, dass sie völlig überraschend mit zum Teil existenzgefährdenden Beiträgen konfrontiert werden. Manches an sich gesunde Bauunternehmen musste allein wegen rückständiger SOKA-Bau Beiträge schon Insolvenz anmelden.

Hier nun ein kleiner Umriss, wie diese Verfahren üblicherweise ablaufen: 

Die SOKA Bau hat kein eigenes Prüfungsrecht gegenüber den betreffenden Arbeitgebern. Allerdings erhält die SOKA Bau in der Regel die Ergebnisse der Prüfung der Winterbauumlagen durch die Arbeitsverwaltung. Wenn von der Arbeitsverwaltung bereits festgestellt worden ist, dass ein Baugewerbe vorliegt und somit der betriebliche Geltungsbereich des VTV-Bau eröffnet ist, so muss man sich wohl oder übel damit abfinden, dass das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe auch auf den eigenen Betrieb Anwendung finden wird. 

Dann spielen auch Fragen der Verjährung der Beitragspflicht eine Rolle. Die Verjährung von Beitragsansprüchen der Sozialkassen des Baugewerbes richtet sich nach § 25 Abs. 4 Satz 1 VTV (vgl. BAG vom 25.11.2009 - 10 AZR 737/08). Nach § 25 Abs. 1 VTV verfallen Ansprüche der SOKA Bau gegen den Arbeitgeber, wenn sie nicht innerhalb von 4 Jahren seit Fälligkeit geltend gemacht worden sind. Auf die Entstehung der Ansprüche kommt es nicht an. Für den Beginn der Frist gilt § 199 BGB entsprechend. Fällig werden die Ansprüche immer zum 15. des Folgemonats. Die Verjährung beginnt aber erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Beitragsanspruch fällig geworden ist. In entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung nur dann gehemmt, wenn die SOKA Bau ein Klageverfahren einreicht. 

Auf Zeit spielen ist also zunächst einmal das Gebot der ersten Stunde.

Meistens kommt man damit aber nur partiell weiter, weil die SOKA-Bau irgendwann Klage erheben wird. Und dann stellen sich Fragen nach der Berechtigung der Forderung. Darf die SOKA-Bau das überhaupt, obwohl der Unternehmer ja gar nicht Mitglied der SOKA-Bau ist? 

Bedauerlicherweise ist es in der Bundesrepublik so und es ist auch verfassungsrechtlich trotz mehrerer Anläufe bis heute nicht beanstandet worden, dass eine sogenannte Pflichtmitgliedschaft für jeden baugewerblichen Betrieb besteht. D. h., selbst dann, wenn man nicht dem Tarifvertrag beigetreten ist, findet der VTV-Bau gleichwohl auf jeden baugewerblichen Betrieb innerhalb der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Daraus folgt zwangsläufig, dass die Betriebe wegen dieser Zwangsmitgliedschaft auch verpflichtet sind, an die SOKA Bau entsprechende Beiträge zu richten. Die Beitragshöhe richtet sich nach den für die gewerblichen Arbeitnehmer jeweils gezahlten Bruttolöhnen. Bei der SOKA Bau sind einige Abteilungen tatsächlich nur damit beschäftigt, das Internet und andere Medien und Druckerzeugnisse zu durchforsten, um festzustellen, ob Betriebe, die beitragspflichtig sein könnten, entdeckt werden können. Sodann erfolgt in der Regel der erste Kontakt per Brief. Dem Arbeitgeber wird ein Formular an die Hand gegeben, welches insbesondere Fragen nach dem Betriebsgegenstand, nach der Anzahl der Mitarbeiter und der Art der Tätigkeiten stellt. 

Der Arbeitgeber muss einen solchen Fragebogen nicht beantworten. Sollte er jedoch die verlangten Auskünfte verweigern, so wird die SOKA Bau Auskunftsansprüche vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden oder vor dem Arbeitsgericht Berlin geltend machen. Sämtliche Verfahren, die Betriebe betreffend, deren Sitz in den alten Bundesländern liegt, werden in Wiesbaden geführt, die Verfahren der Betriebe mit Sitz in den neuen Bundesländern hingegen in Berlin. Im Rahmen des Klageverfahrens wird die SOKA Bau eine Auskunftsklage einreichen. Im Rahmen der Auskunftsklage wird in der zweiten Stufe dann auch gleich ein Entschädigungsantrag geltend gemacht. Diese Entschädigungssumme wird von der SOKA Bau schlicht und einfach geschätzt. Die Entschädigungssumme wird dann fällig, wenn im Falle einer Verurteilung die Auskünfte spätestens 6 Wochen nach Rechtskraft nicht erteilt werden. 

Manchmal verfügt die SOKA Bau über gesicherte Daten, die wegen der Mitteilung der Arbeitsverwaltung vorliegen. Manchmal aber auch nicht. Sofern allerdings der SOKA Bau keine gesicherten Daten vorliegen, erhebt die SOKA Bau eine sogenannte Mindestbeitragsklage. D. h., es würde für die betreffenden Betriebe schlicht eine ganz bestimmte Anzahl von Mitarbeitern behauptet. Auf Grundlage dieser Zahl werden dann rückwirkend die Beiträge für die vergangenen vier Jahre eingeklagt. Sodann wäre es dann am Arbeitgeber, nachzuweisen, dass diese Schätzung unzutreffend wäre. Und genau hier kann angesetzt werden. Der Betriebsinhaber kann z. B. nachweisen, dass sein Betrieb nicht unter den VTV-Bau fällt, weil er kein Baugewerbe betreibt, bzw. seinen Schwerpunkt nicht im Baugewerbe, sondern zum Beispiel im Gartenbau hat. Hier ist aber ein sehr exakter Sachvortrag vor dem Arbeitsgericht erforderlich. Dabei müssen sämtliche Mitarbeiter nach deren Tätigkeit eingeordnet und der zeitliche Umfang Stunde um Stunde dargelegt werden. Und das zum Teil für die zurückliegenden vier Jahre... 

Ohne qualifizierte anwaltliche Begleitung ist das so gut wie unmöglich. Um es deutlich zu sagen; nicht nur dem Bauunternehmer der sich selbst vertritt, sondern auch dem Rechtsanwalt, dem die hohe Vortrags- und Beweislast nicht bewusst ist, wird die Klageerwiderung regelmäßig in Wiesbaden und Berlin „um die Ohren gehauen". Und die Streitwerthöhen sind im SOKA Bau Verfahren  zumeist außerordentlich hoch. Denn üblicherweise werden ja die Jahresbeiträge sämtlicher Mitarbeiter geltend gemacht. In der Regel können für die zurückliegenden vier Jahre Jahresbeiträge geltend gemacht werden, was den Streitwert in die Höhe schnellen lässt. Eine Verteidigung im Klageverfahren löst also immer erhebliche Verfahrenskosten aus. Allerdings muss man der Gegenseite in erster Instanz jedenfalls keine Kosten ersetzen. Weil das Verfahren vor dem Arbeitsgericht geführt wird, hat die SOKA Bau ihre Kosten erstinstanzlich immer selbst zu tragen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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