Grad der Behinderung (GdB) bei Long COVID (Chronisches Fatigue-Syndrom CFS / ME, Lungenfunktionseinschränkung)

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Der Grad der Behinderung (GdB) bei Long-Covid (Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) / Myalgische Enzephalomyelitis (ME), Lungenschäden, Einschränkungen der Lungenfunktion nach Corona-Erkrankung) 

Mit anhaltender Dauer der Corona-Pandemie wird immer deutlicher, dass eine SARS-COV-2-Infektion auch bei mildem Krankheitslauf oder unbemerkter Infektion längerfristige gesundheitliche Folgen haben kann.

Mitunter leiden die Patienten auch noch lange nach einer überstandenen Corona-Infektion unter verschiedenen Symptomen, insbesondere bei Infektionen mit Lungenentzündungen werden grundsätzlich längere Genesungszeiten beobachtet als normal. Daher wird das Coronavirus in medizinischen Fachkreisen als Multiorganvirus bezeichnet, da es neben der Lunge auch in zahlreichen anderen Organen auftreten kann, so etwa in Niere, Herz, Leber oder Gehirn.

Besonders häufig leiden diejenigen Patienten unter Spätfolgen, die mit einem schweren Verlauf von COVID-19 zu kämpfen hatten. Long Covid kann aber auch diejenigen Patienten mit leichten Verläufen betreffen und sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen, z.B. werden oftmals nachträglich auftretende Gedächtnisstörungen geschildert. Auch kann ein typisches Symptom einer Corona-Infektion, der Verlust des Geschmacks- und Geruchsinns, noch lange nach der Genesung anhalten. 

1. Zu den häufigsten Symptomen von Long Covid zählt auch das chronische Fatigue-Syndrom (CFS), ein Zustand chronischer Erschöpfung, unter dem viele Genesene auch noch Monate nach ihrer akuten Corona-Erkrankung leiden.

Für die Erkrankung an Long Covid gibt es zur Beurteilung des Grades der Behinderung nach der Versorgungsmedizinischen Verordnung (VersMedV) aber noch keinen eigenen konkreten Bewertungsmaßstab.

Daher wird nach einer vergleichbaren Erkrankung und deren Auswirkungen geschaut an der man sich orientieren kann. So wird auf die Ziffer 18.3 und 18.4 der VersMedV zurückgegriffen, dort ist die Erkrankung "Fibromyalgie" geregelt:

Die Fibromyalgie, das Chronische Fatigue Syndrom (CFS), die Multiple Chemical Sensitivity (MCS) und ähnliche Syndrome sind jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. 

Damit kommt hier - je nach Schwere der Erkrankung - ein GdB von 10 - 100 in Betracht.

2. Darüber hinaus sind bei vielen Betroffenen auch noch Monate nach Beginn der Symptomatik Veränderungen der Lunge zu verzeichnen. Die Folgen einer Corona-Erkrankung können die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System, den Muskelapparat, das Nervensystem und auch den Stoffwechsel betreffen. Hierfür wäre dann jeweils auch ein Einzel-GdB gesondert zu vergeben, z.B nach der VersMedV für Lungenschäden:

Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion

geringen Grades - (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen, mittelschwere körperliche Arbeit); statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu ein Drittel niedriger als die Sollwerte, Blutgaswerte im Normbereich) - GdB von 20-40

mittleren Grades - (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen, Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit); statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu zwei Drittel niedriger als die Sollwerte, respiratorische Partialinsuffizienz) - GdB von 50-70

schweren Grades - (Atemnot bereits bei leichtester Belastung oder in Ruhe; statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um mehr als zwei Drittel niedriger als die Sollwerte, respiratorische Globalinsuffizienz) - GdB von 80-100

Fazit

Die Folgen einer Covid-19-Infektion werden also in der VersMedV (bislang noch) nicht ausdrücklich genannt. Dennoch können die Folgen einer Covid-19-Infektion zur Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 oder mehr führen.

Daher kann es sinnvoll sein, wenn Sie nach einer Covid-19 Infektion einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises stellen.

Zu der Antragsstellung, Bewertung und den Vorteilen eines GdB möchte ich an dieser Stelle auf folgenden Artikel hinweisen https://www.anwalt.de/rechtstipps/schwerbehindertenrecht-der-grad-der-behinderung-gdb-anwalt-sozialrecht-188540.html

Falls Sie Hilfe bei der Beantragung des Grades der Behinderung brauchen oder Sie der Auffassung sind, dass Sie zu niedrig eingestuft worden sind bzw. dass Ihnen ein höherer GdB zustehen müsste, so können Sie sich gerne bei mir melden. Ich berate und vertrete deutschlandweit schwerbehinderte Menschen vor den Versorgungsämtern, im Widerspruchsverfahren und auch vor den Sozialgerichten im Klageverfahren. Sollten Sie daher mit der getroffenen Entscheidung des Versorgungsamtes nicht einverstanden sein, können Sie mich gerne jederzeit für eine erste unverbindliche Einschätzung Ihrer Sach- und Rechtslage kontaktieren.

Mit den allerbesten Grüßen,

Rechtsanwältin Stephanie Bröring

Die Autorin vertritt als Fachanwältin für Medizin- und Sozialrecht bundesweit die Interessen von schwerbehinderten Menschen.


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