Der Härtefallantrag – terra incognita des Prüfungsrechts

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Härtefallanträge sind eine Art letzte Chance im Prüfungsrecht. Über eine Entscheidung wegen besonderer Härte lassen sich manchmal noch bestimmte Rechtsfolgen abwenden oder auf andere Weise Möglichkeiten offenhalten. Die Zulässigkeit, die Voraussetzungen und die Begründung eines Härtefallantrags sind aber häufig kaum bekannt, gleichsam ein unbekanntes Land im Recht der Prüfungen.

Daher möchte ich heute einige Fragen beantworten, die in der Praxis des Prüfungsrechts andauernd an mich herangetragen werden und deren Antworten vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen:

Was kann mit dem Härtefallantrag erreicht werden?

Prinzipiell kann man mit der Begründung, eine besondere Härte liege vor, jede Entscheidung des Prüfungsamts herbeiführen. Häufig geht es aber darum, dass das endgültige Nichtbestehen abgewendet und ein weiterer Wiederholungsversuch für eine bestimmte Prüfung eingeräumt werden soll. Ebenso können aber bspw. Prüfungsfristen verlängert, ECTS-Punktehürden verschoben, Zeitlimits für Wiederholungsprüfungen angepasst oder die Höchststudiendauer verlängert werden.

Wann ist ein Härtefallantrag sinnvoll?

Der Härtefallantrag ist in der Regel nur dann sinnvoll oder überhaupt notwendig, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt. Wer bspw. die Prüfung regulär und ohne besondere Begründung noch einmal schreiben darf, muss keine besondere Härte geltend machen.

Stehen die Härtefälle in den Prüfungsordnungen?

In aller Regel nicht, die Härtefallregelungen wurden weitestgehend aus den Prüfungsordnungen gestrichen.

Lediglich für einige organisatorische Fragen gibt es noch praktisch wenig relevante Regelungen, bspw. dass man aus besonderer Härte den Prüfungsort für die Wiederholungsprüfung ändern kann.

Kann man trotzdem einen Härtefallantrag stellen?

Prinzipiell schon. An sich ist es keine Voraussetzung für den Härtefallantrag, dass er gesetzlich vorgesehen ist. Allerdings gibt es durchaus Prüfungsausschüsse, die sich dieser Möglichkeit ganz verschließen, weil die Härtefallanträge nirgends geregelt sind. Hier braucht es ggf. einer gewissen Hartnäckigkeit.

Wann liegt eine besondere Härte vor?

Entscheidend ist hier das Merkmal der besonderen Härte. Eine Härte ist jedes Nichtbestehen für den Betroffenen, schon alleine, weil die gewählte Universitätsausbildung damit ohne Erfolg zu Ende sein soll.

Sie müssen aber darlegen, dass Ihre Härte eine ganze besondere ist, die über das bloße Nichtbestehen hinausgeht und nicht bei jedem anderen erfolglosen Kandidaten genauso vorliegt.

Argumente dafür können sein:

  • Erkrankung während des Studiums
  • familiäre Probleme
  • sehr knappes Nichtbestehen
  • im Übrigen erfolgreiches Studium

Wie begründe ich den Härtefallantrag?

Sie müssen alles vortragen, was eines der oben genannten Argumente (oder natürlich auch andere, besondere Argumente) begründen kann. Dabei sollten Sie lieber zu viel als zu wenig vortragen und auch unter Umständen unangenehme Dinge schildern. Wenn Sie etwas zurückhalten, wird das normalerweise nur zu Ihrem Nachteil sein.

Muss ich Nachweise vorlegen?

Ja, das ist unbedingt ratsam. Ihre Angaben müssen glaubhaft gemacht werden und das geschieht am besten durch Urkunden wie Atteste, Studienbescheinigungen (soweit diese dem Prüfungsamt nicht ohnehin schon vorliegen), Arbeitszeugnisse o. ä. Auch schriftliche Äußerungen von Personen, die Ihre Angaben bezeugen, können hilfreich sein.

Habe ich einen Anspruch auf Anerkennung meines Härtefalls?

Normalerweise nicht. Dadurch, dass der Härtefallantrag meistens gar nicht mehr geregelt ist, kann sich auch kein individueller Anspruch auf Feststellung der Härte und Gewährung eines Vorteils mehr ergeben. Die Universitäten und Prüfungsämter verweisen dafür gerne auf die Chancengleichheit aller Bewerber.

Ausnahmsweise kann sich ein Anspruch lediglich aus Grundrechten ergeben. Das sind aber ganz spezielle Sonderfälle.

Wenn der Härtefall nicht anerkannt wird, kann ich dann klagen?

Auch die Ablehnung eines Härtefallantrags dürfte sich als Verwaltungsakt darstellen, gegen den – je nach Rechtslage des Bundeslands – Widerspruch eingelegt oder unmittelbar geklagt werden kann. Dadurch können sich gewisse Fristen (i. d. R. ein Monat) ergeben.

Eine Verpflichtungsklage auf Anerkennung eines Härtefallantrags dürfte aber meist wenig Chancen haben, da es – siehe oben – eben keinen gesetzlich verbürgten Anspruch gibt.

Kann ich Härtefallantrag und Prüfungsanfechtung kombinieren?

Ja, das ist möglich und ratsam. Wenn Sie gegen die Prüfungsentscheidung und/der Exmatrikulation Widerspruch einlegen, können Sie diesen auch damit begründen, dass ein Härtefall vorliegt.

Gleichzeitig sollten aber Einwendungen gegen die Prüfungsentscheidung als solche erhoben werden. Die Argumentation ist dann also folgende:

  • Die Exmatrikulation ist rechtswidrig, weil ich die Prüfung bestanden habe.
  • Sollte ich doch nicht bestanden haben, steht mir aber wegen Härte ein neuer Versuch zu. Bevor ich den nicht abgelegt habe, kann man mich nicht rauswerfen.

Wie hoch sind die Chancen eines Härtefallantrags?

Das lässt sich so allgemein unmöglich sagen. Es kommt auf den Fachbereich und die beteiligten Behörden an sowie natürlich auf Ihre persönlichen Argumente an.

Ich bin grundsätzlich ehrlich und würde Ihnen nie ein positives Ergebnis versprechen oder gar garantieren. Grundfalsch wäre es auch, sich so sehr auf den Härtefallantrag zu verlassen, dass man andere Chancen sausen lässt.

Häufig bestehen Vergleichsmöglichkeiten, wenn man die Prüfung auch aus anderen Gründen und mit guten Erfolgsaussichten anficht. In diesen Fällen muss der Prüfungsausschuss keinen eigenen Fehler einräumen, sondern kann sich mit Ihnen auf die Zuerkennung des Härtefalls einigen.

Kennen Sie sich mit Härtefällen an meiner Universität und in meinem Studienfach aus?

Aufgrund der tausenden Studienkombinationen, die es in Deutschland gibt, kann ich nicht jede Fachrichtung an jeder Hochschule kennen. Wenn Sie nicht ein Massenfach an einer großen Universität studieren, ist das also eher unwahrscheinlich.

Ich kenne aber die Grundlagen der Härtefallanträge, die prinzipiell überall gleich sind. Ich habe schon zahlreiche solcher Anträge gestellt – natürlich nicht alle mit positivem Ergebnis – und kann daher gut einschätzen, wie man einen zumindest erfolgversprechenden Antrag formuliert.

Gleichzeitig ist aber jeder Fall ein Einzelfall im wahrsten Sinne des Wortes, da es auf Ihre ganz individuellen Härtegründe ankommen wird.

Wie hoch sind die Kosten?

Die Kosten für den Antrag berechnen sich nach dem jeweiligen Aufwand und können variieren. Dadurch, dass in der Regel alle Entwürfe und Dokumente per E-Mail hin und her geschickt werden und kein persönliches Treffen notwendig ist, ist häufig ein relativ günstiger Preis möglich.

Da aber trotzdem viele Unterlagen gesichtet, ein langer Text verfasst und häufig noch mit der Schule bzw. Hochschule direkt kommuniziert werden muss, dürften sich die Kosten zwischen 500 und 1.500 Euro plus MwSt. bewegen. Sie erhalten frühestmöglich ein Pauschalangebot der Kanzlei, das das gesamte Verfahren umfasst.


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