Muss ich bei einer polizeilichen Vorladung als Zeugin oder Zeuge erscheinen?

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Sie haben einen Brief von der Polizei erhalten in dem steht, dass Sie als Zeugin oder als Zeuge in einem Strafverfahren geführt werden und fragen sich nun, ob Sie bei der polizeilichen Ladung erscheinen müssen und eine Aussage machen müssen?

Der folgende Artikel soll Sie kurz und relevant über dieses Thema informieren und die wichtigsten Zusammenhänge abarbeiten.



Wann werde ich als Zeugin oder als Zeuge geführt und was muss ich beachten?


Als Zeugin oder Zeuge  gilt man, wenn man ein (strafrelevantes) Geschehen miterlebt hat. Aufgrund der eigenen Wahrnehmung können Zeuginnen oder Zeugen relevante Angaben zu Handlungsabläufen machen.

Sie liefern in einem Verfahren wichtige Hinweise, was, wann, wo und wie passiert sein kann.



Bin ich als Zeugin oder Zeuge verpflichtet bei der polizeilichen Ladung zu erscheinen, muss ich dort auch aussagen und muss ich die Wahrheit sagen?


Seit dem Jahr 2017 gibt es die Pflicht als Zeugin oder Zeuge bei einer polizeilichen Ladung zu erscheinen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt (§163 Absatz 3 Satz 1 StPO).

Bislang waren Zeugen nur dann zum Erscheinen verpflichtet, wenn eine Ladung zur Vernehmung durch die  Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht erfolgte.

Neu ist nun die generelle Ladungsermächtigung der Staatsanwaltschaft.

Es empfiehlt sich bei der Ladung durch die Polizei darauf zu achten, ob es eine Erscheinungspflicht durch die Staatsanwaltschaft gibt oder ob die Ladung lediglich durch die Polizei ohne Ladungsermächtigung durch die Staatsanwaltschaft erfolgte.

Bei Zweifeln können Sie hier bereits anwaltlichen Rat einholen.


Sofern die Vorladung der Polizei durch die Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, sind Zeuginnen und Zeugen im Gegensatz zu Beschuldigten auch zur Aussage verpflichtet.


Eine Ausnahme von der Aussagepflicht besteht, wenn Sie dabei nahe Angehörige belasten müssten und Ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Dazu zählen gemäß § 52 StGB Verlobte, Ehepartner*innen (auch nach der Ehe), Lebenspartner*innen (auch nach der Partnerschaft), Eltern, (Ur-)Großeltern, Kinder,

(Ur-)Enkel, Bruder, Schwester, Tante, Onkel, Nichte, Neffe, Stiefeltern,

Stiefkinder, Stiefenkelkinder, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Schwiegerenkel, Großeltern von Ehepartner*innen oder von Lebenspartner*innen, Stiefgroßeltern und Schwager oder Schwägerin (auch bei all den Schwieger- und Stiefpersonen gilt, dass das Zeugnisverweigerungsrecht auch nach Beendigung der Ehe oder Lebenspartnerschaft fortbesteht).


Eine weitere Ausnahme besteht, wenn ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht und man sich mit einer Aussauge der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.


Damit das ganze Verfahren fair ablaufen kann, gibt es die sogenannte Wahrheitspflicht. Wie der Name schon verrät, sind Zeugeninnen oder Zeugen dazu verpflichtet die Wahrheit zu erzählen. Wenn Zeugen lügen, können Sie sich strafbar machen.

Hier kommen insbesondere die Straftatbestände falsche uneidlichen Aussage (Falschaussage) § 153 StGB, Meineid § 154 StGB, Vortäuschen einer Straftat § 145d StGB, Falsche Verdächtigung § 164 StGB, Begünstigung § 257 StGB und Strafvereitelung § 258 StGB in Betracht.



Was passiert, wenn ich nicht erscheine oder meine Aussage ungerechtfertigt verweigere?


Wenn Sie als Zeugin oder als Zeuge Ihre Aussage verweigern, ohne einen gesetzlich anerkannten Grund dafür zu haben, kann ihnen ein Ordnungsgeld drohen, in schwerwiegenderen Fällen sogar Ordnungshaft, Sie können zwangsweise vorgeführt werden und Ihnen können die Kosten auferlegt werden, die durch Ihr Ausbleiben oder durch Ihre ungerechtfertigt verweigerte Aussage entstanden sind.



Kann mein Zeugenstatus auch zum Beschuldigtenstatus werden?


Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie als Zeuge oder Beschuldigter geladen sind oder Sie zwar als Zeuge geladen sind, aber bereits vermuten, dass auch gegen Sie in der Angelegenheit etwas strafrechtlich Relevantes vorliegen könnte, sollten sie unbedingt vorab mit einer Anwältin oder einem Anwalt aus dem Bereich des Strafrechts Kontakt aufnehmen.


Es kann die Gefahr bestehen, dass Sie zunächst lediglich als Zeugin oder Zeuge geladen werden, wenn schon eine Vermutung einer Straftat besteht, aber noch nicht klar ist, ob der Sachverhalt strafbar ist oder wirklich Sie die gesuchte Person sind.

Sobald sich der Anfangsverdacht gegen Sie erhärtet, müssen Sie nach § 136 Abs. 1 StPO belehrt werden. Sie werden darauf hingewiesen, dass man Sie nun als Beschuldigte oder Beschuldigter führt, es Ihnen freisteht, sich zur Sache zu äußern und es Ihnen freisteht eine anwaltliche Vertretung zu nehmen.

Jedoch haben Sie den Ermittlungsbehörden bei einem solchen Hinweis bereits die Anhaltspunkte oder Beweise geliefert, die Sie nun zur Beschuldigten oder zum Beschuldigten werden lässt.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt sollten Sie nicht mehr zur Sache aussagen und erst anwaltlichen Rat einholen.



Muss ich bei einer polizeilichen Ladung als Beschuldigte oder als Beschuldigter erscheinen?


Als Beschuldigte oder Beschuldigter dürfen Sie grundsätzlich die Aussage verweigern und müssen sich nicht selbst belasten.

Damit geht einher, dass sie gemäß § 163a Abs. 3 Satz 1 StPO nur verpflichtet sind, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen, wobei Sie auch hier weiterhin zum Tatvorwurf schweigen dürfen.


Daneben dürfen Sie auch lügen, das wird dann im Prozess oft als Schutzbehauptung von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht dargestellt, wenn Zweifel an der Richtigkeit Ihrer Behauptungen bestehen.

Eine Lüge ist dann nicht mehr straffrei, wenn andere dadurch fälschlich be- oder entlastet werden oder Straftaten vorgetäuscht werden.



Wie oben beschrieben, kann aus einer Zeugenvernehmung schnell eine Beschuldigtenvernehmung werden. Wenn eine solche Gefahr bei Ihnen besteht oder andere Unsicherheiten vor einer möglichen Aussage geklärt werden sollen, können Sie sich gerne bei Rechtsanwalt David-Joshua Grziwa melden. Er verfügt über intensive Erfahrung im Strafrecht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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