Der Nutzungsentschädigungsanspruch des Nichteigentümers

  • 3 Minuten Lesezeit

Fall:

Die Eheleute A und B sind seit 25 Jahren miteinander verheiratet. A hatte zu Beginn der Ehe ein unbebautes Grundstück von seinen Eltern geerbt, das während der Ehe mit einem Einfamilienhaus bebaut wurde. Die Wohnfläche beträgt 120 m², der Mietwert monatlich 800 € (Kaltmietzins), der angemessene Wohnvorteil beträgt 500 €. Der Kredit, der für den Hausbau benötigt wurde, ist mittlerweile abbezahlt worden. Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse erfolgte während der Ehe nicht. Die Einkommensverhältnisse der Eheleute sind in etwa gleich.

B trennt sich von A, zieht aus und verlangt von A die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 250 € und für die Zeit nach Ablauf des Trennungsjahres monatlich 400 €.

Die beschriebene Situation ist eigentlich typisch: Nach der Trennung zieht ein Ehegatte aus der gemeinsamen Wohnung/dem gemeinsamen Eigentum aus und verlangt entweder Unterhalt oder für den Fall, dass die Einkünfte beider Ehegatten etwa gleich hoch sind, eine Nutzungsentschädigung.

Für den Fall, dass Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, ist völlig unstreitig, dass auf Seiten des in der ehelichen Wohnung Verbliebenen ein Wohnvorteil mit zu berücksichtigen ist, was dazu führt, dass der Unterhaltsanspruch um die Hälfte des Wohnvorteils steigt, unabhängig von der Tatsache, wer Eigentümer der Immobilie ist. Der Trennungsunterhaltsanspruch ergibt sich dabei aus § 1361 BGB unter Berücksichtigung sämtlicher eheprägenden Einkünfte, worunter auch das „mietfreie Wohnen“ gehört. Dies gilt auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 ff. BGB.

Schwieriger wird es, wenn statt des Unterhaltsanspruches lediglich der Nutzungsentschädigungsanspruch geltend gemacht wird. Während der Trennungszeit ist dann § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB einschlägig als lex spezialis zu § 745 Abs. 2 BGB. Es kommt demnach für die Trennungszeit nicht darauf an, wer Eigentümer der Immobilie ist, sondern vielmehr darauf, ob es der „Billigkeit“ entspricht, eine Nutzungsentschädigung zu gewähren oder nicht.

Die Tatsache, dass die Parteien lange miteinander verheiratet waren, während der Ehe die Immobilie auf dem Grundstück des A errichtet und abbezahlt haben, spricht vorliegend eindeutig für einen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung während der Trennungszeit in Höhe von monatlich 250 € bzw. 400 € nach Ablauf des Trennungsjahres.

Allerdings ist festzustellen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Konstellation noch nicht vorliegt und sich gerade die Untergerichte, wie gerade wieder erlebt, schwer damit tun, dem Nichteigentümer eine Nutzungsentschädigung zuzusprechen. Einzig das OLG München hat bislang eindeutig festgehalten, dass für die Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung nach § 1361b BGB eine dingliche Berechtigung gerade nicht Voraussetzung ist (OLG München, FamRZ 2008, 695).

Dies sollte aber schon deshalb klar sein, weil § 1361b BGB den Verlust des Wohnungsbesitzes und der damit in Verbindung stehenden wirtschaftlichen Nachteile unabhängig von der Eigentümerstellung ausgleichen will (BGH FamRZ 2006,930 ff.). Eine andere Betrachtungsweise macht gerade angesichts der Abgrenzung zu § 745 Abs. 2 BGB, der das Recht auf eine Entschädigung gerade aus dem Eigentum ableitet und für die Zeit nach der Scheidung Anspruchsgrundlage ist, keinen Sinn.

Nach der Scheidung entfällt damit der Nutzungsentschädigungsanspruch von B, da nach der Scheidung die Eigentumsverhältnisse entscheidend für einen solchen Anspruch sind. Das Ergebnis ist nach dem Gesetz zwar eindeutig, aber auch nicht ganz widerspruchsfrei. Würde B aufgrund eines bestehenden Einkommensgefälles ein Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt zustehen, würde ohne weiteres auf Seiten des A der Wohnvorteil wieder eine Rolle spielen, obwohl er Alleineigentümer ist. B wäre demnach zu raten, für die Zeit nach der Ehe Ansprüche nach § 1570 ff. BGB zu verfolgen anstelle eines solchen nach § 745 Abs. 2 BGB.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Michael Küsgens