Der Streit um das Sorgerecht

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Streitige Sorgerechtsverfahren sind herausfordernd und benötigen neben besonderen verfahrensrechtlichen Kenntnissen ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl. Streit um das Sorgerecht impliziert oft, dass Verletzungen und Kränkungen aus der Paarebene nicht aufgearbeitet sind und in der Elternebene ausgetragen werden sollen. Für mich als in Kindschaftssachen tätige Rechtsanwältin wird das Kindeswohl immer im Blick behalten. Aus dem Grund versuche ich insbesondere in sorgerechtlichen Streitigkeiten deeskalierend tätig zu werden, und versuche, weitere Streitpunkte zu vermeiden. Eine einvernehmliche Lösung ist also das Schlüsselwort. Diese Lösung kann nicht immer erreicht werden, das muss ich zugeben. Allerdings ist sie immer einen Versuch wert, insbesondere im Bereich des Sorgerechts. 

Die Übertragung der elterlichen Sorge durch das Familiengericht 

Sind die Kindeseltern verheiratet, üben Sie die elterliche Sorge gemeinsam aus. Eltern, die nicht verheiratet sind, üben die elterliche Sorge gemeinsam aus, wenn sie erklären, dass sie diese gemeinsam ausüben wollen, oder soweit ein Familiengericht die elterliche Sorge zur gemeinsamen Ausübung übertragen hat. Grundsätzlich geht nämlich bei nicht verheirateten Eltern das Gesetz von der Alleinsorge der Mutter aus. Soll das Gericht entscheiden, ob die elterliche Sorge zur gemeinsamen Ausübung übertragen werden soll, so nimmt es hierfür nur eine negative Kindeswohlprüfung vor. Negativ aus dem Grund, da es einer Feststellung der kindeswohldienlichen Tatsachen, die für die Übertragung der Sorge zur gemeinsamen Ausübung sprechen, nicht bedarf. 

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass beispielsweise der Antrag des bisher nicht sorgeberechtigten Vaters, das Sorgerecht zur gemeinsamen Ausübung zu übertragen, von einem Familiengericht nur dann abgewiesen werden darf, wenn festgestellt werden kann, dass die gemeinsame Ausübung der Sorge dem Kindeswohl widersprechen würde. Damit die Kindesmutter die Alleinsorge beibehalten kann, wird beispielsweise neben einer schwerwiegenden und nachhaltigen Störung der elterlichen Kommunikation eine Feststellung zu treffen sein, dass es den Kindeseltern nicht (mehr) möglich ist, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und dass das betroffene Kind hierbei erheblich belastet würde, wenn die Kindeseltern gezwungen werden würden, die elterliche Sorge gemeinsam auszuüben. 

Das bedeutet auch: eine reine Ablehnung der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge durch die Kindesmutter oder erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten der Kindeseltern reichen nicht aus, um die Alleinsorge beizubehalten. Da es nicht notwendig ist, dass zur Übertragung der gemeinsamen Sorge die Kindeswohldienlichkeit positiv festgestellt wird, muss also beispielsweise die Kindesmutter konkrete Tatsachen vortragen, dass die gemeinsame Sorgerechtsausübung dem Kindeswohl widersprechen würde. Hierbei ist die Rede von unüberbrückbaren, für das Kind schädliche Konflikte, und von einer grundsätzlich fehlenden Bereitschaft, zu kooperieren.

Gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge als Leitbild

Dieses Leitbild zwingt die Beteiligten, konkrete Anhaltspunkte vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts als nicht kindeswohldienlich erachtet werden kann. Insbesondere ist bei dem Vortrag zu Kommunikationsproblemen darauf zu achten, dass es sich nicht um Probleme bezüglich des Umgangs handelt. Ebenso wenig reichen zur Darlegung fehlender Kooperationsbereitschaft formelhafte Ausführungen. Ganz konkret müssen dem Gericht Anhaltspunkte vorgelegt werden, sodass von einer gemeinsamen und tragfähigen Grundlage, die für die gemeinsame elterliche Sorge nötig ist, nicht auszugehen ist.

Dass sich die Beteiligten gemeinsam oder einzeln Unterstützung beim Jugendamt geholt haben, zeigt im Übrigen nicht, dass der gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts etwas im Wege steht. Ganz im Gegenteil: es kann vielmehr zeigen, dass Eltern an einer einvernehmlichen Problemlösung interessiert sind. 

§155 a FamFG und das schriftliche Verfahren

Bei diesem Verfahren ist das Ziel, durch einerseits eingeschränkte Ermittlungspflichten des Gerichtes und mithilfe eines vereinfachten Verfahrens andererseits zur gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts zu gelangen. Mündliche Verhandlungen sollen nur dann stattfinden, wenn Gründe bekannt sind, die gegen die gemeinsame Ausübung sprechen. Wichtig ist hierbei zu wissen, dass dieses Verfahren nur durch einen Antrag eingeleitet wird. Antragsberechtigt ist der rechtliche Vater, der wirksam die Vaterschaft anerkannt hat. Aber auch die Kindesmutter, die beispielsweise den Kindesvater in die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts einbinden will. 

Ob sie sich nun im laufenden Scheidungsverfahrens befinden oder rechtskräftig geschieden sind und das Sorgerecht zur alleinigen Ausübung übertragen haben wollen, oder ob sie unverheiratet sind und von der Alleinsorge eines Elternteils hin zur gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge wollen: ich bin Ihre richtige Ansprechpartnerin, auch in hochkonfliktbehafteten Elternbeziehungen.

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Foto(s): Foto von Artem Podrez von PexelsDer

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