Der Swimmingpool in Nachbars Garten - Bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum nur mit Beschluss

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Der Swimmingpool in Nachbars Garten 
 
Bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum nur mit Beschluss


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Fall entschieden, in dem es um den Bau eines Swimmingpools im Garten geht, der im Gemeinschaftseigentum der beiden Nachbarn steht. Dabei hat der BGH auch grundsätzliche Fragen des neuen Wohnungseigentumsrechts geklärt.

Wie war der Sachverhalt?

Die Nachbarn bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit zwei Doppelhaushälften auf einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück. Die Beklagten in diesem Verfahren beabsichtigen gegen den Willen der Klägerin den Bau eines Swimmingpools in der von ihnen genutzten Hälfte des Gartens. Sie haben bereits mit dem Bau des Swimmingpools begonnen und dafür eine Grube ausgehoben. Einen Beschluss über diese bauliche Veränderung haben sie mit ihrer Nachbarin, der Klägerin, nicht herbeigeführt.
Ein solcher gestattender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt also.

Wie ging die Sache weiter?

Die Klägerin fühlte sich von ihren Nachbarn übergangen und ließ die rechtliche Situation durch uns prüfen. Dabei ergab sich, dass die Nachbarn ohne Zustimmung unserer Mandantin ein solches Bauvorhaben nicht durchführen durften.
Das Bauvorhaben wurde dann – zunächst im Wege einer einstweiligen Verfügung - gestoppt. In den darauf folgenden Verfahren - zunächst vor dem AG Bremen und dann vor dem LG Bremen -  wurde die Rechtsauffassung unserer Mandantin, bestätigt. Die Nachbarn wollten sich damit aber nicht zufriedengeben und haben Revision gegen das Urteil beim BGH eingelegt.
Diese Revision blieb aber jetzt erfolglos.


Worum ging es im Einzelnen?

Bauliche Veränderungen sind Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, und benötigen eine Gestattung durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer (§ 20 Wohnungseigentumsgesetz – WEG). 
Der Bau eines Swimmingpools stellt zweifellos eine solche bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums dar.
Die vorinstanzlichen Gerichte in diesem Verfahren – und jetzt auch der BGH - haben festgestellt, dass die Klägerin schon deshalb einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten baulichen Veränderung hat, wenn es alleine an einem gemäß § 20 Abs. 1 WEG erforderlichen gestattenden Beschluss fehlt.
Ein solches Beschlusserfordernis ist nämlich weder in der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung) noch in anderer Weise abbedungen, d. h. aufgehoben, worden, . Und gerade nach der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 1. Dezember 2020 bedarf jede nicht durch Vereinbarung gestattete bauliche Veränderung einer Gestattung durch einen Beschluss (sog. Beschlusszwang). 
 
Denn nur dadurch wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums informiert werden. Ebenso sorgt ein solcher legitimierender Beschluss natürlich auch für Rechtssicherheit, insbesondere gegenüber Rechtsnachfolgern der Grundstücke.
Lediglich in ganz eindeutig gelagerten Fällen darf dem Unterlassungsanspruch des einen Wohnungseigentümers ein Anspruch auf Gestattung gemäß § 242 BGB entgegengehalten werden. Dies betrifft jedoch nur Fälle, in denen ganz offensichtlich keiner der anderen Wohnungseigentümer auch nur ansatzweise durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt ist. Bei dem Bau eines Swimmingpools ist aber das Fehlen jedweder Beeinträchtigung gerade nicht offenkundig.
 
Folgerichtig hat der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und unserer Mandantin das Recht zugesprochen, das Bauvorhaben mit einer Unterlassungsklage zu verhindern.


Was bedeutet dies für die Praxis?

Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft sollten davon Abstand nehmen, bauliche Vorhaben quasi „auf eigene Faust“ durchzusetzen, ohne zuvor einen Beschluss darüber herbeizuführen. Dies gilt auch – und gerade – für kleinere, beispielsweise nur aus zwei Parteien bestehende Wohnungseigentumsgemeinschaften. Kommt der gewünschte Beschluss in einer solchen Konstellation dann nicht zustande, dann muss der Wohnungseigentümer, der für die bauliche Veränderung die Zustimmung des anderen Miteigentümers verlangt, nötigenfalls den Weg einer sogenannten Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 WEG beschreiten, wenn er meint, einen Anspruch auf Gestattung seines Vorhabens zu haben.


BGH – Urteil vom 17. März 2023 – V ZR 140/22
LG Bremen – Urteil vom 8. Juli 2022 – 4 S 176/21
AG Bremen – Urteil vom 12. Mai 2021 – 28 C 48/20
AG Bremen – Urteil vom 29. Juli 2020 – 28 C 31/20



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