Der Verdienstentgang eines Selbstständigen

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Sie sind selbstständig tätig und infolge eines Unfalls zumindest für eine gewisse Zeit oder gar einen längeren Zeitraum nicht in der Lage, Ihren Betrieb zu führen? Dann steht Ihnen eine Entschädigung zu. Wie wird deren Höhe errechnet? Wegen des Unfalls weiß man nicht sicher, wie sich die Firma ohne den Unfall entwickelt hätte. Ihr Nachteil im Vergleich zu der Berechnung des Verdienstschadens eines Arbeitnehmers ist, dass man sich nicht an den Lohnabrechnungen orientieren kann. Die Vorteile überwiegen aber diesen Nachteil. Denn die Lohnabrechnungen beweisen zwar die Höhe des Einkommens vor dem Unfall, stellen aber vorbehaltlich etwaiger Einkommenssteigerungen zugleich auch die obere Grenze des Schadensersatzanspruchs dar.

Die Prognose anhand der bisherigen Fakten

Die Ermittlung des Einkommensausfalls eines Selbstständigen erfolgt stattdessen anhand einer Prognose, was sich in der Zeit nach dem Unfall ergeben hätte, wenn sich der Unfall nicht ereignet hätte. Hierzu müssen der Versicherung möglichst viele Details hinsichtlich der bisherigen (meist werden die letzten 3 Jahre ausgewertet) sowie aktuellen Situation der Firma, der zukünftigen Entwicklung, der Rentabilität begonnener oder zukünftiger Aufträge sowie ggf. auch geplante Erweiterungen des Unternehmens usw. geschildert werden. Die Gesetze berücksichtigen durch Beweiserleichterungen (§ 252 BGB, § 287 ZPO), dass der Geschädigte nichts dafür kann, dass nicht mehr mit Sicherheit ermittelt werden kann, wie die berufliche Karriere ohne den Unfall verlaufen wäre. Denn die Ursache hierfür hat der Schädiger gesetzt. Erforderlich ist, dass die vom Geschädigten behauptete Entwicklung seiner beruflichen Karriere „mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte“.

Man kann die Situation ein wenig mit den Vorgaben vergleichen, nach denen z. B. ein Businessplan erstellt wird, um eine Bank von einem Finanzierungskonzept zu überzeugen. Plausibilität ist gefragt!

Verpflichtung zum Nacharbeiten nach Genesung, um die Versicherung zu entlasten?

Dem ist nicht bzw. nur in engen Grenzen so. Hierzu ein Beispiel:

Ein Berater hat acht Termine / Tag, für die er je 100.- € abrechnen kann. Jeder Termin dauert ca. eine Stunde. Der Berater ist zwei Wochen arbeitsunfähig, somit fallen 80 Termine aus. In den folgenden acht Wochen kann der Berater jeden Tag nach den anderweitig bereits vereinbarten acht Beratungen / Tag immer zwei der ausgefallenen Beratungen nachholen. Er erleidet somit keinen Verlust. Folgt daraus, dass er keinen Schadensersatzanspruch hat? Nein, ihm steht gleichwohl eine Entschädigung zu. Denn der Verletzte ist überobligatorisch tätig geworden, indem er in seiner eigentlichen Freizeit gearbeitet hat. Es kommt letztlich auf die Auslastung an, wie folgendes Beispiel zeigt:

Wieder ist ein Berater verletzt. Er hat aber nur zwei Termine zu je einer Stunde / Tag in den beiden Wochen, in denen er arbeitsunfähig ist. In den Wochen danach hatte er zum Unfallzeitpunkt noch gar keine Termine, und er kann alle während der Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Termine nachholen. Hier ist der Verletzte weitgehend nicht überobligatorisch tätig. Er kommt vielmehr im Wesentlichen nur seiner Schadensminderungspflicht aus § 254 II BGB nach. Er wird sich die Einnahmen aus den nachgeholten Beratung ganz oder zu einem wesentlich Anteil anrechnen lassen müssen, so dass bestenfalls noch ein geringer Schadensersatzanspruch verbleibt.

Mühe lohnt sich!

Die Darlegung aller Fakten zum Verdienstentgang eines Selbstständigen ist aufwändig, aber nur so gelingt es, für Sie eine faire Regulierung Ihres Verdienstschadens durchzusetzen. Der Rechtsanwalt darf sich nicht mit ein paar Zahlen aus Ihrer Buchhaltung begnügen. Man muss sich die Mühe machen und persönlich und im Detail mit dem Verletzten alle Umstände klären, die für die Geltendmachung des Anspruchs von Bedeutung sind.

Bitte beachten Sie auch unsere Rechtstipps mit allgemeinen Hinweisen zur optimalen Vorgehensweise nach einem Schadensereignis sowie zu weiteren einzelnen Schadenspositionen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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