Der Versorgungsausgleich - Eine wichtige Folgesache innerhalb des Scheidungsverfahrens

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Das Thema Versorgungsausgleich wird vor einem deutschen Familiengericht in irgendeiner Form bei jeder Scheidung eine Rolle spielen. Es handelt sich dabei um ein Verfahren, das von Amts wegen mit einem Scheidungsverfahren berücksichtigt wird. Es ist als Zwangsverbundverfahren ausgestaltet, d.h. es findet automatisch statt. Der Gesetzgeber hat also dem Versorgungsausgleich eine besondere Bedeutung beigemessen. Der Versorgungsausgleich ist in einem eigenen Gesetz geregelt – dem Versorgungsausgleichgesetz (VersAusglG).

Was ist also der Versorgungsausgleich und wie funktioniert er?

Kurz gesagt, soll der Versorgungsausgleich die Rentenansprüche der Ehepartner bei einer Scheidung fair und damit zu gleichen Teilen verteilen. Damit wird sichergestellt, dass beide Ehegatten nach der Scheidung unabhängig voneinander im Alter finanziell abgesichert sind. Einbezogen in den gerichtlichen Versorgungsaugleich werden alle Versicherungen, die später eine Rente gewähren.  

Jeder Ehegatte wird aufgefordert in einem Fragebogen anzugeben, welche Versicherungen für ihn bestehen (gesetzliche Rentenversicherung, betriebliche Rentenversicherung, Riesterrente usw.), welche Nummern dazu bestehen, wann zuletzt ein Beitrag gezahlt wurde und ähnliches mehr. Das Gericht veranlasst anschließend bei den verschiedenen Rententrägern die Ermittlung der Höhe der Rentenanwartschaft, die sich für die Ehezeit ergibt.

Bereits bei der Ermittlung der Rentenanwartschaften gilt es Fehler zu vermeiden.

Werden einzelne Renten vergessen und in den Versorgungsausgleich nicht einbezogen, so können diese nach einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht mehr berücksichtigt werden. Auch ist darauf zu achten, dass die Rentenansprüche der Höhe nach richtig berechnet wurden. Es ist daher erforderlich z.B. bei der Klärung des gesetzlichen Rentenkontos mitzuwirken.

Das Familiengericht ordnet nach Ermittlung der für beide Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche die hälftige Teilung der Rentenanwartschaften an und richtet sich dabei nach den gesetzlichen Vorgaben. Umgesetzt wird die Teilung dann von den Rententrägern, die als Beteiligte im Verfahren gelten.

Wirtschaftlich spürbar wird der Versorgungsausgleich erst mit Eintritt in die Leistungsphase aus den Rentenansprüchen. Die Teilung der in der Ehezeit vorhandenen Rentenanwartschaften führt dazu, dass je nach Ausgleichslage geringere oder höhere Rentenzahlungen an einen Ehegatten fließen.

So vielfältig wie in jeder Ehe die Erwerbstätigkeit der Ehegatten und die individuelle Altersvorsorge gestaltet ist, so unterschiedlich wird die Situation beim Versorgungsausgleich bei einer Scheidung sein. Nicht immer entspricht die gesetzliche Regelung den Wünschen oder den Bedürfnissen der Ehegatten.  

Der Versorgungsausgleich ist nicht zwingend verpflichtend und findet daher nicht bei jeder Scheidung statt. Die Eheleute können den Versorgungsausgleich bei Eheschließung, während der Ehe oder bei der Ehescheidung abweichend regeln.  

Welche Ausnahmen vom Versorgungsausgleich und welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es?

Waren die Ehegatten weniger als 3 Jahre verheiratet, so sieht das Gesetz keinen Versorgungsausgleich vor bzw. er wird nur auf ausdrücklichen Antrag durchgeführt.

Wie zu jeder Scheidungsfolgesache können auch zum Versorgungsausgleich ehevertragliche Regelungen getroffen werden. So bietet es sich an bereits bei Eheschließung z.B. auf die Durchführung des Versorgungsausleichs ganz zu verzichten, weil jeder Ehepartner bereits eine ausreichende Altersvorsorge hat.

Häufig zeichnet sich erst mit Beendigung der Ehe ab, wie die Versorgungslage der Ehegatten für das Alter ist und es ist erforderlich, dass individuelle Regelungen getroffen werden, die dem Interesse der Ehegatten besser entsprechen als die gesetzliche Lage.

Dies geschieht in der Regel im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung, die entweder notariell beurkundet wird oder als gerichtlicher Vergleich geschlossen werden kann.

So kann es angebracht sein auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs ganz zu verzichten oder einzelne Rentenansprüche von der Teilung der Renten auszunehmen. Hat ein Ehegatte seine Altersvorsorge durch Immobilien oder Kapitalwerte aufgebaut und der andere in die gesetzliche Rente einbezahlt, wird man eine andere Interessenslage haben als bei Ehegatten, die beide in das gesetzliche Rentensystem einbezahlt haben. Gerade bei beamtenrechtlichen Versorgungen gibt es einige Besonderheiten, denen Rechnung getragen werden muss.

Das Versorgungsausgleichsgesetz sieht vor von einer Durchführung abzusehen, wenn dies zu einem grob unbilligen Ergebnis führen würde. Hierzu ist ein Antrag beim Familiengericht zu stellen und der Antrag ist zu begründen.

Ein Ausgleich kann ausgeschlossen werden, wenn dies für den Ausgleichsberechtigten unwirtschaftlich wäre, da er aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen aus der übertragenen Rente gar keine Rente erhalten wird. Aktuell trifft dies bei langjährigen Rentenversicherten zu, meistens sind die Ehefrauen betroffen, die einen Grundrentenzuschlag erhalten. Der Grundrentenzuschlag wird genauso geteilt, wie jede andere Rente. Der Ehemann erhält die Hälfte des Grundrentenzuschlages. Liegt das Einkommen des Ehemannes bei Renteneintritt über derzeit einem Betrag von 1.250,00 €, dann wird das darüberhinausgehende Einkommen auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Schlimmstenfalls verfällt der Grundrentenzuschlag vollständig und weder die Ehefrau noch der Ehemann profitieren davon.

Anwaltliche Beratung zum Versorgungsaugleich gehört zwingend zu einer Scheidung

Das Verfahren zum Versorgungsausgleich wird von Amts wegen vom Gericht geführt und damit überlassen viele Anwälte es allein dem Gericht, das Verfahren durchzuführen. Es ist jedoch die Aufgabe des beratenden Anwaltes im Scheidungsverfahren darauf hinzuwirken, dass keine Fehler bei der Ermittlung der auszugleichenden Renten erfolgen und dem Mandanten aufzuzeigen, welche abweichenden Regelungen gesetzlich zulässig und jeweils für den Mandanten sinnvoll sind.

Der Versorgungsausgleich wirkt sich in den meisten Scheidungsverfahren erst viele Jahre nach einer Scheidung aus, wenn die eigene Rente ansteht. Er hat weitreichende Folgen, denn die Entscheidung hat Einfluss auf das zukünftige monatliche Einkommen im Alter. In der Summe geht es daher um viel Geld. Kein Ehegatte wird es verstehen, wenn er im Alter weniger Rente erhält, als ihm bei der Scheidung zugestanden hätte und er womöglich auch darauf angewiesen ist.

Das Versorgungsausgleichsgesetz sieht nur wenige Ausnahmefälle vor, in denen nachträglich eine Korrektur der Entscheidung zum Versorgungsausgleich bei der Scheidung noch getroffen werden kann. Umso wichtiger ist, dass bereits bei der Scheidung Ihr Anwalt Sie fachlich kompetent zum Versorgungsausgleich berät und Lösungen aufzeigt, wie für Sie wirtschaftliche Nachteile in der Altersvorsorge vermieden werden können.

Beim Versorgungsausgleich sparen heißt am Ende Geld verschenken

Wie jede Scheidungsfolgesache, über die eine gesonderte Regelung erfolgt, erhöht auch der Versorgungsausgleich den Verfahrenswert der Scheidung und somit die Scheidungskosten. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs lohnt sich im Ergebnis jedoch für Sie, wenn Ihre Rentenanwartschaften sich damit erhöhen und Ihre Altersvorsorge steigt.

Andererseits kann ein wechselseitiger Verzicht auf den Versorgungsausgleich auch die Scheidungskosten verringern. Das Gericht stellt bei einem formwirksamen Verzicht nur noch fest, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, und damit wird der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich deutlich verringert.

Fazit

Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass sich Ehegatten bei einem Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten lassen müssen. Zu jedem Scheidungsmandat gehört eine fachkundige Beratung zu den Scheidungsfolgesachen und die Prüfung, ob hierzu Regelungsbedarf besteht. Auch bei einer vermeintlich einvernehmlichen Scheidung können beim Versorgungsausgleich schnell erhebliche Vermögenswerte aufgrund von Unwissenheit aufgegeben werden.

Ich begleite als Fachanwältin für Familienrecht viele Scheidungen und der Versorgungsausgleich spielt bei der anwaltlichen Beratung immer eine wichtige Rolle. Für Ihre Fragen rund um eine Trennung und Scheidung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Vereinbaren Sie einfach ein Erstberatungsgespräch bei mir und setzen sich telefonisch oder gerne auch per Mail mit mir in Verbindung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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