Der Widerrufsjoker für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge

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Neue Erfolgsperspektiven  nach dem EuGH-Urteil vom September 2021

Mit einer Aufsehen erregenden Entscheidung vom 09.09.2021 (Az C -  33/20, C - 155/20, C - 187/20) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH)  ein wegweisendes Urteil zur Widerrufbarkeit von  Verbraucherdarlehensverträgen (insbes. KFZ-Finanzierungsverträgen) mit Ausnahme von Immobiliendarlehensverträgen gefällt.  Die Entscheidung, mit der  der EuGH die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)  für europarechtswidrig erklärt hat, dürfte zur Folge haben, dass nunmehr beinahe die Gesamtheit solcher Verträge auch noch  viele Jahre nach Vertragsabschluss widerrufen werden kann. Mehrere instanzgerichtliche Entscheidungen des Landgerichts Braunschweig zuständig für Klagen gegen die VW-Bank (Hinweisbeschlüsse vom 25.10.2021 - 10 O 547/20 sowie vom 21.10.2021, Az. 5 O 6936/19)   sowie jüngst auch das OLG Stuttgart (Urteil vom 02.11.2021 - 6 U 32/19 = BeckRS 202,  32938) - zuständig für Klagen gegen Daimler-Benz - sind bereits auf die Linie der europarechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts eingeschwenkt. Es steht zu erwarten, dass sich diese Rechtsprechungstendenz früher oder später auch bundesweit durchsetzen wird.

Die Pointe des EuGH-Urteils besteht darin, dass der EUGH die  rechtlichen Anforderungen an eine Reihe von Pflichtangaben , die in einem Darlehensvertrag über die KFZ-Finanzierung enthalten sein müssen, damit die 14-tägige Widerrufsfrist in Lauf gesetzt wird, in Frontstellung zum BGH deutlich erhöht hat. Laut EUGH ist insbesondere die Angabe eines konkret bezifferten Verzugszinssatzes erforderlich. Angaben wie 5% über dem Basiszinssatz, wie sie der BGH für zulässig erachtet hatte, genügen demnach nicht.  Erheblich verschärfte Anforderungen gelten auch für die Informationen zur Berechnung einer etwaigen Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Ablösung des Kredits. Dasselbe gilt für die geschuldeten Informationen über außergerichtliche Beschwerdeverfahren.

Dies hat zur Folge, dass die  vom EuGH aufgestellten Anforderungen an die ordnungsgemäße Erteilung dieser Pflichtangaben in den Darlehensverträgen deutscher Banken insbesondere der KFZ-Finanzierungsbanken der Autofirmen flächendeckend nicht erfüllt worden sind, so dass damit im Prinzip (beinahe) jeder KFZ-Finanzierungsvertrag widerrufen werden kann.

Konsequenzen des Widerrufs von Autofinanzierungsverträgen

Verbraucher, die ein Auto über eine Kreditfinanzierung erworben haben, können im Falle eines wirksamen Widerrufes des PKW-Finanzierungsvertrags das Fahrzeug an den Verkäufer zurückgeben. Da es sich bei dem in Kombination abgeschlossenen Kauf- und Kreditvertrag um ein sogen. Verbundgeschäft gem. § 358 BGB handelt, wird zusammen mit dem Kreditwiderruf auch der Kaufvertrag rückabgewickelt. Der Verbraucher gibt sein Auto zurück und erhält im Gegenzug seine Anzahlung und die geleisteten Raten zurück. Die Bank hat demgegenüber einen Anspruch auf den Sollzins für die Zeit ab Auszahlung des Kreditbetrages bis zum Widerruf sowie einen Wertersatzanspruch gegen den Käufer. Aus der Differenz der wechselseitigen Ansprüche errechnet sich der finanzielle Nutzen des KFZ-Käufers aus dem Widerruf.

Bemessung des Wertersatzes

Der Wertverlust bemisst sich laut BGH nach der Vergleichswertmethode. Danach hat der Käufer die Differenz zwischen dem Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen. Nach Auffassung beispielsweise des OLG Düsseldorf ist bei einem Wertersatz für die Fahrzeugnutzung  die Händlermarge abzuziehen. Gemäß einem Urteil des OLG Stuttgart vom 21.09.2021 – 6 U 184/19 ist die Umsatzsteuer ebenfalls aus dem Verkaufspreis herauszurechnen.

Für wen lohnt sich ein Widerruf?

Ein Widerruf ist vor allem für diejenigen sinnvoll, die sich von dem durch den Kreditvertrag finanzierten Kaufvertrag lösen wollen, insbesondere die Käufer eines von Abgasskandal betroffenen Modells. Ein Widerruf rechnet sich auch, wenn die Verzinsung bei Abschluss des Kreditvertrages sehr hoch war und die Restschuld durch ein sehr viel günstigeres Darlehen abgelöst werden kann. In Betracht kommt ein Widerruf auch dann, wenn die Absicht besteht,  einen Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig abzulösen.  Zugleich eröffnet der Widerruf die Möglichkeit, sich von einer überteuertem Restschuld- oder Ratenschutzversicherung zu lösen, die mit dem Finanzierungsvertrag verknüpft ist. In diesem Falle erhält der Darlehensnehmer zumindest den Teil des Versicherungsbetrags zurück, der zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht verbraucht war.

Kostenlose Erstberatung 

Meine Kanzlei bietet im Rahmen einer kostenlosen Erstberatung eine Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Widerrufs. Für eine Prüfung wird der betroffene PKW-Finanzierungsvertrag benötigt. Unterlagen können per E-Mail (ra-dr-kroells@email.de), Fax (040-880 981 55) oder Post zur Prüfung eingereicht werden.

Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung übernimmt regelmäßig die mit der Rechtsverfolgung verbundenen Verfahrenskosten.


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