Die Drohung mit einer Krankmeldung ist kein geeignetes Mittel zur Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen!

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Immer wieder kommt es in der Konfrontation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dazu, dass der Arbeitnehmer – ob ernst gemeint oder nicht – in den Raum stellt, dass er dann, wenn etwas nicht so läuft wie er möchte, ja gegebenenfalls erkranken könnte.

Darin ist die – aus der Sicht des Arbeitgebers aber auch aus der Sicht der Sozialversicherungsgemeinschaft – absolut inakzeptable Drohung zu sehen, dass sich der Arbeitnehmer, mit der Hilfe einer in der Alltagspraxis leider viel zu leicht zu beschaffenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, dem »Zugriff« des Arbeitgebers – in der Regel handelt es sich um Anweisungen des Arbeitgebers Kraft Direktionsrecht –entziehen will oder es liegt ein – nicht minder inakzeptabler – Versuch des Arbeitnehmers vor, seinerseits Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um dessen Willen zu brechen.

Der Arbeitnehmer, der sich zu solchen Aussagen hinreißen lässt, ist nicht nur schlecht beraten, er muss auch damit rechnen, dass der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ausspricht.

In diesem Zusammenhang hat jüngst das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 21.07.2020 (8 Sa 430/19) ein Urteil des Arbeitsgericht Ludwigshafen (1 Ca 728/19) und die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung bestätigt. Der Kündigung ging eine zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kontrovers geführte Diskussion voraus. Diese Diskussion endete damit, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anwies, an einem bestimmten Tag zu einem Abstimmungsgespräch an seinem Arbeitsplatz zur Verfügung zu stehen. Hierbei sollte es auch um einen möglichen Aufhebungsvertrag gehen. Darauf erwiderte der Arbeitnehmer, »er könne ja noch krank werden«. Tatsächlich meldete sich der Arbeitnehmer vor dem Termin telefonisch krank und reichte später eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein.

Das Arbeitsgericht und auch das Landesarbeitsgericht halten die außerordentliche fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bereits eine Straftat (Nötigung oder Erpressung) im Sinne des Strafgesetzbuches vorliegt. Auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle ist ein derartiges Vorgehen des Arbeitnehmers mit den Loyalitätspflichten im Arbeitsverhältnis unvereinbar. Dies gilt auch ohne Rücksicht auf eine später möglicherweise tatsächlich auftretende Krankheit. Bei Drohung mit der Krankmeldung stellt der Arbeitnehmer in Aussicht, seine Interessen notfalls auch ohne Rücksicht darauf durchsetzen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt oder nicht. Als Kündigungsgrund kommt dann – auch – die Drohung mit der Krankmeldung an sich in Betracht.

Rechtstipp für Arbeitgeber: Sollte ein Arbeitnehmer mit einer Krankmeldung drohen ist diese Androhung so gut als möglich zu dokumentieren. Dass der Ausspruch einer (außerordentlichen) Kündigung eine angemessene Reaktion des Arbeitgebers auf ein entsprechendes Verhalten des Arbeitnehmers sein kann, wurde jüngst durch die hier zitierte Entscheidung bestätigt. Aus dem Prozessverlauf wird aber auch deutlich, dass die Kündigung „sauber“ begründet werden muss; diese Begründung muss erfolgen nicht in der Kündigungserklärung selbst erfolgen, aber im Kündigungsschutzprozess – und ggf. in der Anhörung des Betriebsrats – ist so vorzutragen, dass das Arbeitsgericht auf die entscheidenden Probleme aufmerksam gemacht wird. Dann kann der gut beratene Arbeitgeber in einem vergleichbaren Prozess obsiegen.

Rechtstipp für Arbeitnehmer: Das Androhen – ob direkt oder mehr oder weniger indirekt – von Arbeitsunfähigkeit ist zwingend zu unterlassen. Wenn ihr Arbeitgeber Entscheidungen oder Maßnahmen ankündigt, mit denen sie sich aufs erste Hören nicht einverstanden erklären können oder wollen, rate ich dazu, die angekündigte Maßnahme oder Entscheidung anwaltlich prüfen zu lassen. In einer Mehrzahl von Fällen gibt es rechtlich zulässige Maßnahmen, um solchen Entscheidungen oder Maßnahmen entgegenzutreten. Die Drohung mit der Krankmeldung ist nie das Mittel der Wahl.


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