Die Firmenbestattung einer GmbH und die potentielle Haftung für Geschäftsführer, Gesellschafter und Berater.

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1. Einführung

Die Begrifflichkeit "Firmenbestattung" bezeichnet die stillschweigende Auflösung einer Gesellschaft, meist einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), um das offizielle und kostenintensive Liquidationsverfahren zu umgehen. 

Diese Praxis, oft als Grauzone betrachtet, zielt darauf ab, die Gesellschaft aus dem Handelsregister verschwinden zu lassen, ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Auflösungsschritte nach den §§ 65 ff. GmbHG zu durchlaufen. 

Ein wesentlicher Beweggrund hierfür ist die Vermeidung von Kosten und Zeit, die ein reguläres Liquidationsverfahren mit sich bringt. Ebenso kann eine bereits eingetretene Insolvenzreife und/oder fehlende potentielle Käufer eine Motivation für eine Firmenbestattung darstellen.

Jedoch birgt diese Vorgehensweise erhebliche Risiken, insbesondere in Bezug auf die Schädigung der Gläubiger, da diese oft auf ihren Forderungen sitzen bleiben.

Der Gesetzgeber hat deshalb bewusst "Strafnormen" verankert, welche im Falle einer Firmenbestattung ausgelöst werden können.

Auf die Varianten einer Firmenbestattung und mögliche verwirklichte Haftungstatbestände wird nachfolgend eingegangen.


2. Varianten einer Firmenbestattung

Es gibt verschiedene Methoden und Varianten, eine Firmenbestattung durchzuführen, wobei jede ihre eigenen Risiken und Komplexitäten aufweist:

a. Übertragung von Gesellschaftsanteilen

Eine verbreitete Methode der Firmenbestattung ist die Übertragung der Gesellschaftsanteile an eine dritte Partei. 

Diese Partei, oft als "Strohmann" bezeichnet, ist in der Regel eine Person, die keine Absicht hat, das Unternehmen fortzuführen oder die Schulden zu begleichen. 

Durch diese Übertragung versuchen die ursprünglichen Gesellschafter, sich der Verantwortung und Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu entziehen. 

Dies kann jedoch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere wenn die Übertragung als Versuch angesehen wird, Gläubiger zu benachteiligen.

b. Beseitigung von Vermögensgegenständen und Abweisung mangels Masse

Eine weitere Methode ist die Entfernung oder Verschleierung von Vermögenswerten der GmbH. 

Dies kann durch verschiedene Transaktionen erfolgen, die darauf abzielen, das Vermögen der Gesellschaft zu minimieren oder zu verbergen. 

Anschließend wird oft ein Insolvenzantrag gestellt, der aufgrund der angeblichen Vermögenslosigkeit der Gesellschaft abgewiesen wird (Abweisung mangels Masse). 

Diese Praxis kann als betrügerisch angesehen werden (und zusätzlich Straftatbestände verwirklichen), insbesondere wenn sie dazu dient, die Gläubiger zu schädigen.

c. Sitzverlegung ins Nicht-EU-Ausland

Die Verlegung des Firmensitzes in ein Land außerhalb der Europäischen Union ist eine weitere Variante. 

Durch diesen Schritt versuchen Unternehmen, sich der deutschen Gerichtsbarkeit und den damit verbundenen rechtlichen Verpflichtungen zu entziehen. 

Diese Methode kann jedoch komplex sein und erfordert oft die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern. 

Zudem kann sie rechtliche Risiken bergen, insbesondere wenn sie als Versuch gewertet wird, sich der Haftung oder den gesetzlichen Pflichten zu entziehen.

d. Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers

Die Bestellung eines ausländischen Geschäftsführers, der keine tatsächliche Verbindung zum Unternehmen hat, ist eine weitere Methode der Firmenbestattung. 

Dieser Schritt wird oft unternommen, um die Spuren zu verwischen und die Verfolgung durch Gläubiger oder Behörden zu erschweren. Der ausländische Geschäftsführer dient in der Regel nur dem Namen nach und übernimmt keine aktive Rolle in der Unternehmensführung. 

Auch hier bestehen erhebliche rechtliche Risiken, insbesondere wenn die Bestellung als Mittel zur Umgehung von Verantwortlichkeiten interpretiert wird.


3. Gesetzesvorschriften gegen Firmenbestattungen

Das deutsche Recht sieht verschiedene Vorschriften vor, die solche Praktiken unterbinden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollen:

  • § 138 BGB: Dieser Paragraph erklärt sämtliche Maßnahmen und Verträge für nichtig, die gegen die guten Sitten verstoßen, was auf viele Aspekte der Firmenbestattung zutrifft.
  • Haftung der Geschäftsleitung: Über § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a, b InsO kann die Geschäftsleitung haftbar gemacht werden, insbesondere bei Insolvenzverschleppung.
  • Haftung der Gesellschafter: Gesellschafter können über § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG und wiederum über die §§ 826, 823 BGB sowie den §§ 15 a, b InsO zur Verantwortung gezogen werden.
  • Haftung von Anstiftern und Gehilfen: § 830 BGB sieht eine Haftung für diejenigen vor, die als Anstifter oder Gehilfen an der Firmenbestattung beteiligt sind.


4. Fazit

Eine Firmenbestattung kann erhebliche rechtliche Konsequenzen für alle Beteiligten nach sich ziehen, einschließlich der Geschäftsführer, Gesellschafter und sogar externer Berater. 

Die vermeintliche Einfachheit und Kosteneffizienz dieser Methode steht in keinem Verhältnis zu den potenziellen zivil- und strafrechtlichen Haftungsrisiken. 

Es ist daher dringend anzuraten, den gesetzlich vorgeschriebenen Weg der Liquidation zu beschreiten, um sowohl die Rechte der Gläubiger als auch die Integrität des Wirtschaftssystems zu wahren.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub


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