Die Freizügigkeit in der Verfassungsbeschwerde

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Freizügigkeit bezeichnet das Recht, sich an jedem beliebigen Ort aufzuhalten. Der Begriff des „Ziehens“, wie er bspw. im Begriff Umzug steckt, meint dabei in erster Linie die Wahl des Wohnorts. Die Freizügigkeit im Grundgesetz (Artikel 11) beschränkt sich aber nicht nur darauf, sondern schließt auch das nur kurzfristige Verweilen an einem Ort ein.

Inhalt der Freizügigkeit

Ausländer haben das Recht auf Freizügigkeit nicht. Es handelt sich insoweit um ein sog. Deutschen-Grundrecht, das an die Staatsbürgerschaft gebunden ist. Personen aus EU-Mitgliedsstaaten sind insoweit Deutschen gleichgestellt. Andere Ausländer können sich lediglich auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) berufen, die zwar auch die Wahl des Aufenthaltsorts schützt, deren Schutz aber nicht so intensiv wirkt.

Allerdings besteht diese Freizügigkeit nur innerhalb des Bundesgebiets. Ein Recht auf Auswanderung aus dem Bundesgebiet heraus ist damit – jedenfalls nach einer mittlerweile schon etwas älteren Ansicht des Bundesverfassungsgerichts – nicht verbunden. Umgekehrt kann aber ein Deutscher jederzeit in das Bundesgebiet zurückkehren. Letzteres war vor 1990 insbesondere für DDR-Bürger von Bedeutung.

Der Staat darf also grundsätzlich keinen deutschen Staatsbürger davon abhalten, sich an einem bestimmten Ort im Bundesgebiet aufzuhalten. Soweit Personen verpflichtet werden, an einem bestimmten Ort zu verbleiben (z. B. im Gefängnis oder im Rahmen einer Zwangsunterbringung), handelt es sich weniger um eine Frage der Freizügigkeit als vielmehr um die persönliche Freiheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

Zulässige Eingriffe

Der Staat darf in das Recht auf Freizügigkeit wie in jedes andere Grundrecht auch eingreifen. Eingriffe in die Freizügigkeit sind unter den (engen) Voraussetzungen von Art. 11 Abs. 2 GG zulässig. Die aufgezählten Gründe sind:

  • Nichtvorhandensein einer ausreichenden Lebensgrundlage (massive Überbevölkerung)
  • Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand des Staates oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung
  • Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen
  • Jugendschutz
  • Kriminalitätsvorbeugung

Ob ein Platzverweis nach Polizeirecht in die Freizügigkeit eingreift, ist sehr umstritten. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass dieser Eingriff nur marginal ist und meist unter dem Gesichtspunkt der Kriminalitätsvorbeugung gerechtfertigt ist. Dies dürfte durchaus fraglich sein, da die meisten Polizeigesetze sehr viel weitere Möglichkeiten für Platzverweise kennen.

Die meisten Verfassungsbeschwerden rund um die Freizügigkeit drehen sich nicht um direkte Verbote, sich an einer bestimmten Stelle aufzuhalten. Meist geht es um indirekte Auswirkungen der Wahl des Aufenthaltsortes, z. B. „Landeskinderregelungen“, steuerrechtliche Folgen einer Wohn- oder Geschäftssitzverlegung oder auch sozialversicherungsrechtliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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