Die gesetzliche Erbfolge im Überblick

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Das deutsche Erbrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das viele Menschen vor Herausforderungen stellt, insbesondere in Zeiten des Verlusts und der Trauer. Um eine Hilfestellung zu bieten und Klarheit zu schaffen, ist es wichtig, über die grundlegenden Themen des deutschen Erbrechts informiert zu sein.

In dieser Informationsreihe werde ich die wesentlichen Aspekte des deutschen Erbrechts beleuchten, angefangen bei der gesetzlichen Erbfolge und den erbberechtigten Personen bis hin zu den Möglichkeiten der letztwilligen Verfügung, wie Testament und Erbvertrag. Dabei werde ich auch auf Themen wie den Pflichtteilsanspruch, die Gesamtrechtsnachfolge und die rechtlichen Grenzen bei der Erbeinsetzung eingehen.

Das Ziel dieser Informationsreihe ist es, einen ersten Überblick zum deutschen Erbrecht zu geben und dadurch eine Orientierung zu bieten. Denn es handelt sich hierbei um eine komplexe Materie mit der jeder über kurz oder lang in Berührung kommt – häufig leider unerwartet und unvorbereitet. Dabei ist es einerseits wichtig, die Handlungsmöglichkeiten und -pflichten auch in Zeiten der Trauer möglichst schnell zu überblicken und andererseits können durch eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Thematik Regelungsmöglichkeiten eröffnet werden, durch die die eigenen Wünsche individuell umgesetzt und häufig familiärer Streit aber unter Umständen auch Steuerlasten vermieden werden. Die Rechtstipps ersetzen jedoch keine anwaltliche Beratung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sollten Sie meine individuelle Unterstützung wünschen, so kontaktieren Sie mich bitte über dieses Portal oder die Kontaktdaten auf meiner Profilseite.


Der folgende Rechtstipp beleuchtet die wesentlichen Aspekte der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland. Ziel ist es, einen ersten Querschnitt über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen und Begrifflichkeiten zum Thema der gesetzlichen Erbfolge zu geben. Auf eine detaillierte Erläuterung der Unterthemen wird aus Gründen der Übersichtlichkeit bewusst verzichtet. Diese Themen werden vielmehr in den kommenden Wochen im Rahmen separater Rechtstipps tiefergehend betrachtet und erläutert.


      1. Was bedeutet „gesetzliche Erbfolge“?

Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland regelt, wer nach dem Tod einer Person erbt, sofern diese keine abweichende letztwillige Verfügung hinterlassen hat. Sie basiert auf einem hierarchisch strukturierten System, wobei nähere Verwandte bevorzugt werden. Neben den Verwandten können auch Ehegatten erbberechtigt sein. Darüber hinaus sieht das deutsche Erbrecht Regelungen zum Pflichtteilsanspruch vor, um bestimmte nahe Angehörige zu schützen. Mit dem Eintritt in die gesetzliche Erbfolge durch Annahme der Erbschaft übernimmt der Erbe sämtliche Rechte und Pflichten des Verstorbenen.

Das Pendant zur gesetzlichen Erbfolge ist im Übrigen die gewillkürte Erbfolge, welche Eintritt, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügungen wie Testament oder Erbvertrag individuelle Regelungen für seinen Nachlass trifft.


      2. Wer wird gesetzlicher Erbe?

Die gesetzlichen Erben werden in einer bestimmten Reihenfolge ermittelt, die sich nach den Verwandtschaftsverhältnissen zum Verstorbenen richtet. Diese Reihenfolge wird in den verschiedenen sog. Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge festgelegt.

Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die direkten Abkömmlinge des Verstorbenen, in der Regel die Kinder. Sind keine Kinder vorhanden, erben gegebenenfalls Enkelkinder oder andere Abkömmlinge der Kinder. Falls keine Abkömmlinge vorhanden sind, treten die Eltern des Verstorbenen (Erben zweiter Ordnung) in der gesetzlichen Erbfolge an die erste Stelle. Sind auch die Eltern bereits verstorben, erben deren Abkömmlinge, in der Regel die Geschwister des Verstorbenen. Falls auch keine Geschwister oder deren Abkömmlinge vorhanden sind, rücken die Großeltern des Verstorbenen (Erben dritter Ordnung) in den Fokus. Sind diese nicht mehr am Leben, erben deren Abkömmlinge, typischerweise die Onkel und Tanten des Verstorbenen und deren Kinder. Die Reihenfolge setzt sich fort mit Urgroßeltern, deren Abkömmlingen und entfernteren Verwandten entsprechend der gesetzlichen Vorschriften.

Neben den Verwandten wird auch der noch lebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner des Verstorbenen zum gesetzlichen Erben.

Existieren weder Verwandte noch ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner, so wird nach der gesetzlichen Erbfolge der Staat zum Erben.


      3. Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Im deutschen Recht haben bestimmte Personen einen Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Dies ist der Fall, wenn eine letztwillige Verfügung des Erblassers (z.B. ein Testament) vorliegt, diese Personen darin vom Verstorbenen jedoch nicht bedacht wurden. Der Pflichtteilsanspruch ist damit eine gesetzlich garantierte Mindestbeteiligung am Nachlass. Pflichtteilsberechtigt sind:

  • Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, gegebenenfalls Enkel usw.).
  • Eltern des Erblassers: Wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hat, haben die Eltern des Verstorbenen einen Anspruch auf einen Pflichtteil.
  • Ehegatte des Erblassers: Wer beim Erbfall mit dem Erblasser in einer rechtsgültigen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat, ist grundsätzlich ebenfalls pflichtteilsberechtigt.

Der Pflichtteilsanspruch beträgt dabei die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also die Hälfte dessen, was der Pflichtteilsberechtigte erhalten hätte, wenn die gesetzliche Erbfolge eingetreten wäre. Er dient dazu, sicherzustellen, dass nahe Verwandte auch im Falle einer Enterbung einen „angemessenen“ Anteil am Nachlass erhalten. Der Pflichtteilsanspruch kann durch den Erblasser in einem Testament oder Erbvertrag nur unter sehr strengen Voraussetzungen entzogen werden.


      4. Wie kann die gesetzliche Erbfolge vermieden werden?

Anstelle der gesetzlichen Erbfolge greift die gewillkürte Erbfolge, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügungen wie Testament oder Erbvertrag abweichende Regelungen trifft. Hierbei kann der Erblasser festlegen, wer sein Erbe sein soll und in welchem Umfang. Es besteht dabei sowohl die Möglichkeit Personen zu enterben, die anderenfalls gesetzliche Erben werden würden oder Personen zu begünstigen, die nach der gesetzlichen Erbfolge keinen oder einen anderen Erbteil erhalten würden.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, bereits zu Lebzeiten Vermögensverfügungen zu treffen. Dadurch wird zwar nicht die gesetzliche Erbfolge an sich vermieden, unter Berücksichtigung diverser Aspekte kann so jedoch Einfluss darauf genommen werden, was zum Zeitpunkt des Erbfalles dem Nachlass angehört und bei der Verteilung zu berücksichtigen ist.



Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die gesetzliche Erbfolge das Grundgerüst des deutschen Erbrechts bildet und eine geregelte Verteilung des Nachlasses in Fällen gewährleistet, in denen kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist. Sie berücksichtigt die familiären Beziehungen und Interessen und stellt den Versuch des Gesetzgebers dar, eine universal gerechte Verteilung des Nachlasses herbeizuführen. Durch die Abweichungs-möglichkeiten von der gesetzlichen Erbfolge besteht gleichzeitig die Option, dass Erblasser ihre individuellen Vorstellungen und Wünsche für die Verteilung ihres Vermögens umsetzen können.


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