Die Künstlersozialabgabe bei der Postproduktion

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Fällt im Rahmen von Postproduktion die Künstlersozialabgabe an?

Das Sozialgericht Hamburg hat diese Frage in einem Urteil vom 13. April 2023 mit „Nein“ beantwortet. Es ging in diesem Fall um eine Agentur aus der Werbebranche, die größtenteils auf die technische Nachbearbeitung von Fotos spezialisiert ist.


Allerdings ist damit die grundsätzliche Frage noch nicht geklärt.


Im o.g. Fall vor dem SG Hamburg mit dem Aktenzeichen S 48 KR 25/22 (Link zum Urteilstext) wurde festgestellt, dass der Abstand zum eigentlichen kreativen Akt es Fotografierens besonders groß ist. Es kann auch nicht mehr der unmittelbare Bezug zum werblichen Bereich gesehen werden.


Allerdings: Das Bundessozialgericht ordnet im Bereich Werbung und Öffentlichkeitsarbeit die meisten Leistungen rund um die Anfertigung eines Fotos als abgabepflichtig ein. Es muss dazu auch nicht immer im Einzelnen eine kreative Leistung vorliegen.


Zum Beispiel können Leistungen wie


  • Fotoassistenz und Bearbeitung,
  • Maske oder
  • Materialmiete

schon deshalb abgabepflichtig sein, weil sie im Kontext von werblicher Fotografie stehen.


Doch stammt der Großteil dieser Rechtsprechung aus einer Zeit, in der Fotos noch in einer Dunkelkammer entwickelt wurden.


Das konnte im Rahmen des Verfahrens vor dem SG Hamburg zum Ausdruck gebracht werden.


Was hat das SG Hamburg zu dieser Entscheidung bewegt?

Im oben angeführten Verfahren vor dem SG Hamburg ging es um eine Agentur (GmbH & Co. KG), die ganz vorwiegend darauf spezialisiert ist Fotos bestimmte Looks zu geben und Foto-Formate zu konvertieren.


Die Looks waren dabei in branchenüblicher Weise vorgegeben und die Bearbeitung wurde von Freelancern bzw. Sub-Unternehmern vorgenommen.


Die Frage war also, ob auf die Honorare an die Freelancer die Künstlersozialabgabe anfällt.


Der Gegner war die Deutsche Rentenversicherung, die in dieser Frage freilich die Rechtsauffassungen der Künstlersozialkasse vertreten hat.


Das Gericht hat gegen die Ansicht der Deutschen Rentenversicherung und damit gegen eine Abgabepflicht entschieden, weil


  • der eigenschöpferische Gestaltungsspielraum als sehr gering eingestuft wurde und
  • ein genügender Abstand zum werblichen Kontext gegeben war.


Um diese Entscheidung insgesamt zu verstehen, ist es wichtig die Ansichten des Bundessozialgerichts in dieser Frage zu verstehen.


Wie sieht das Bundessozialgericht grundsätzlich den Bereich Werbefotografie und Postproduktion?

Ein kurzer Deep-Dive in die Problematik:


Das Bundessozialgericht hat den Bereich Werbefotografie in der Vergangenheit relativ umfassend als künstlerisch bzw. publizistisch im Sinne des KSVG eingestuft. Alle Tätigkeiten, die mit dem Prozess der Schaffung von Werbefotos in Verbindung stehen, werden quasi „infiziert“.


Das Bundessozialgericht stellt mit seiner Entscheidung vom 25.11.2010 fest, dass die Abgabepflicht besteht


unabhängig davon, ob dem Werbefotografen im konkreten Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder, ob zumindest der Fotograf für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt (BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KS 1/10 R).


Hier spielt also vor allem die Form der Leistung eine Rolle. Es geht um Fotografie im Kontext von Werbung.


Es ist also auch bei der Bearbeitung von Werbefotos so, dass es eigentlich nicht auf den kreativen Spielraum bzw. auf eine künstlerische Leistung des Foto-Bearbeiters ankommt. Der sogenannte „eigenschöpferische Gestaltungsspielraum“ soll gar keine entscheidende Rolle spielen.


Hierbei geht man allerdings davon aus, dass ein Werbefotograf Leistungen aus einer Hand im Stil der 1980er Jahre anbietet.


Natürlich haben sich die Methoden der Foto-Entwicklung entscheidend geändert.


Zum Beispiel: Wo seinerzeit in der Dunkelkammer unter Einsatz von Chemikalien entwickelt wurde, werden heute Daten unter Berücksichtigung bestimmter Voreinstellungen konvertiert.


Soweit dann die eigentliche Anfertigung der Fotos und deren Nachbearbeitung von verschiedenen Dienstleistern ausgeführt werden, stellt sich die Frage, ob dies noch in einem direkten Zusammenhang mit dem werblichen Kontext steht.


Soweit man also deshalb davon ausgeht, dass die Leistung der Postproduktion eher mit der einer (Web-)Designers zu vergleichen ist, spielt der eigene kreative Bearbeitungsspielraum durchaus eine Rolle. Denn für Designer gilt der Tatbestand der künstlerischen Leistung, der insofern inhaltsbezogen beurteilt wird.


Fazit

Nach wie vor ist im Bereich Postproduktion der Einzelfall zu beurteilen. Allerdings zeigt sich, dass die starren Ansichten der Künstlersozialkasse und der Deutschen Rentenversicherung unter Umständen nicht mehr halten.


Wir betreuen laufend entsprechende Verfahren und Rechtsstreits im Zusammenhang mit der Künstlersozialabgabe. Mehr dazu: www.ksk-rechtshilfe.de



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