Bedeutung von „Pastiche“ im Urheberrecht?

  • 3 Minuten Lesezeit

Was ist der Pastiche?


Kurz gesagt soll der Pastiche unter bestimmten Voraussetzungen z.B. Sampling, Remix, Memes, GIFs oder Mashups erlauben. Im Prinzip wird also die Verwendung bzw. die Bearbeitung fremder urheberrechtlich geschützter Werke oder Werkteile zur Schaffung neuer Werke erlaubt (Details zu Remix und Mashup). 


Mit der Urheberrechtsreform von 2021 wurde der neue § 51a UrhG geschaffen, der diesen Begriff benutzt. Der Tatbestand der freien Benutzung (§ 24 UrhG) wurde im gleichen Zuge abgeschafft. Die Reform basierte auf einer EU-Richtlinie.


Das Urheberrecht reagiert mit dieser Reform auf Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesellschaft. Unter dem Gesichtspunkt der Kunstfreiheit, sollen bestimmte Nutzungen fremder Rechte keine Urheberrechtsverletzung mehr darstellen.


Was genau fällt unter den Pastiche i.S.d. § 51a UhG?

Die Gesetzesbegründung zur Urheberrechtsreform legt den Begriff „Pastiche“ sehr weit aus.


Erste Gerichtsentscheidungen haben sich nun mit diesem Begriff beschäftigt.


Das LG Berlin erlaubt in der Entscheidung „The Unknowable“ vom 02.11.2021 (Az.: 15 O 551/19) eine Nutzung eines fremden Werkes (eine Online-Computergrafik) durch einen Maler. Dies tut es mit der Begründung, dass das neu geschaffene Werk sich erkennbar mit dem vorbestehenden Werk in künstlerischer Weise auseinandersetzt und es damit in einen neuen inhaltlichen, und vielfältiger Interpretation zugänglichen, Zusammenhang stellt.


Ähnlich sieht es das OLG Hamburg in einer neuen Entscheidung aus 2022 zum Rechtsstreit „Metal auf Metal“. Hier hatte der Musikproduzent Moses Pelham einen Teil aus dem Stück „Metal auf Metal“ der Gruppe Kraftwerk gesampelt.


In beiden Fällen werden bestehende Werke bzw. Werkteile in künstlerischer Weise in einen neuen Kontext gestellt.


Was wird nicht unter den Begriff des Pastiche fallen?

  • Die Ausnutzung fremder Urheberrechte oder Leistungsschutzrechte aus rein kommerziellen Gründen wird weiterhin eine Urheberrechtsverletzung darstellen.
  • Bisher unveröffentlichte Werke können nicht unter diese Ausnahme fallen.
  • Simple Remakes ohne, dass eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Originalwerk erkennbar ist, werden nicht erlaubt sein.


Wie kann eine Definition von Pastiche lauten?

Pastiche könnte man definieren als „ausnahmsweise erlaubte Nutzung fremder Rechte ohne Lizenzierung, bei Wahrung eines inneren Abstands zu dem vorbestehenden Werk und in Form einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk“.


Wichtig sind vor allem also die Kriterien


  • innerer Abstand und
  • künstlerische Auseinandersetzung.


Der innere Anstand kann in Form einer Hommage bzw. wertschätzenden Beschäftigung mit dem vorbestehenden Werk gegeben sein. Hier ist der Pastiche von einer Parodie abzugrenzen. Der Pastiche muss zumindest einen anderen Sinngehalt oder einen erkennbar anderen Ausdrucksgehalt als das vorbestehende Werk haben.


Bzgl. der künstlerischen Auseinandersetzung ist das oben erwähnte Urteil des LG Berlin („The Unknowable“) aufschlussreich. Dieses stellt sehr treffend darauf ab, dass das neu geschaffene Werk sich erkennbar mit dem vorbestehenden Werk in künstlerischer Weise auseinandersetzt und es damit in einen neuen inhaltlichen und der Interpretation zugänglichen Zusammenhang stellt (s.o.).


Neben dem Begriff des Pastiche, werden in § 51a UrhG auch die Begriffe Karikatur und Parodie verwendet und entsprechende Nutzungen erlaubt. Die Bedeutung des Pastiche wird also auch in Abgrenzung zu den anderen Begriffen definiert.


Nach der Gesetzesbegründung muss (…) ein Pastiche die Auseinandersetzung mit dem vorbestehenden Werk oder dem sonstigen Bezugsgegenstand erkennen lassen. Während Parodie und Karikatur eine humoristische und verspottende Komponente erfordern, kann diese Auseinandersetzung beim Pastiche auch einen Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original enthalten, etwa als Hommage (Wandtke/Bullinger, 5. Auflage, § 51a, Rn. 14).


Die Interessen des Schöpfers des Ausgangswerkes

Der Pastiche soll die Verwertungsrechte und damit die Einnahmen des Schöpfers des Originalwerkes nicht beschädigen. Es soll stets eine Interessensabwägung vorgenommen werden, ob im Einzelfall eine Nutzung gegen die Interessen des Erstschöpfers verstößt.


Fazit

Durch den Pastiche reagiert der Gesetzgeber auf Entwicklungen von Kunst und Kultur in der postmodernen Gesellschaft.


Spätestens seit dem popkulturellen Erfolg der sehr oft auf Sampling oder Remix basierenden Instrumentals der Hip-Hop Musik ist klar, dass die Vorstellung einer von linearer Evolution geprägten Kultur nicht mehr zeitgemäß ist. Das Urheberrecht ist grundsätzlich nicht dazu gedacht, die Kunstfreiheit einzuschränken oder kulturellen Entwicklungen im Wege zu stehen.


Auch im Bereich der Verwendung von Memes, GIFs, MashUps etc. im SocialMedia Kontext, hat der Gesetzgeber den entsprechenden soziokulturellen Entwicklungen Rechnung getragen.



Mehr zum Urheberrecht in der Musikbranche unter diesem Link.


Infos zu Coversongs, Remix und Mashups unter diesem Link.


Zur Webseite der Kanzlei Westermann & Scholl Rechtsanwälte.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Scholl

Beiträge zum Thema