Veröffentlicht von:

Die Wiedergeburt der Störerhaftung oder Totgeglaubte leben länger

  • 3 Minuten Lesezeit

Wie ich bereits in der Vergangenheit ausführlich für das Complianceberater.team berichtet habe, hatte es sich die Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabe gemacht, mittels einer Reform des Telemediengesetzes die sogenannte Störerhaftung für private und nebengewerbliche Betreiber eines WLAN-Hotspots beseitigen zu wollen.

Dies hätte nach der Vorstellung der Legislative zur Folge, dass solche Betreiber ebenfalls zukünftig für die Rechtsverletzungen, welche durch die Nutzer des Netzwerkes begangen werden, nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden könnten. Mit der Änderung des Telemediengesetzes wurde nicht zuletzt das Ziel erfolgt, dass zukünftig offene WLAN-Hotspots möglichst flächendeckend angeboten werden können.

Mit der entsprechenden Änderung des Telemediengesetzes war die Legislative der Ansicht, dass die sogenannte Störerhaftung nun erfolgreich beseitigt sei. Bereits kurz nach der Novellierung des Telemediengesetzes wurden jedoch Stimmen laut, dass die Änderung des Telemediengesetzes nicht eindeutig genug sei.

Am vergangenen Donnerstag, dem 15. September 2016 entschied der Europäische Gerichtshof (Urt. v. 15.09.2016, Az. C484/14), dass ein Geschäftsinhaber, der der Öffentlichkeit kostenlos ein WLAN zur Verfügung stellt, für Urheberrechtsverletzungen eines Nutzers nicht verantwortlich ist. Jedoch darf ihm durch eine Anordnung aufgegeben werden, dass er sein WLAN durch ein Passwort sichern muss, um solche Urheberrechtsverletzungen zu beenden oder ihnen vorzubeugen.

Ausgangspunkt für das vorgenannte Urteil, waren eine Reihe von Fragen, welche das Landgericht München an den Europäischen Gerichtshof gerichtet hat. Dem Münchner Verfahren lag eine Klage eines Mitglieds der Piratenpartei Deutschlands zu Grunde, welches über sein Unternehmen einen frei zugänglichen WLAN-Hotspot anbot, mit der Folge, dass hierüber eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist.

Explizit wurde der Europäische Gerichtshof mit den nachfolgenden Fragen betraut.

  1. Haftet der Kläger auf Unterlassung und muss daher künftige Rechtsverletzungen unterbinden?
  2. Haftet der Kläger auch auf Schadensersatz, sowie die Kosten der Abmahnung und eventuell auch auf die Gerichtskosten?

Mit seiner neuerlichen Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof die zweite Fragestellung dahingehend beantwortet, dass der Kläger keinen Schadenersatz schuldet, sowie die Kosten der Abmahnung und auch keine Gerichtskosten zu tragen hat. Dies begründete er mit der Richtlinie 2000/31/EG (e-commerce-Richtlinie).

Nach dieser Richtlinie haben die europäischen Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass diejenigen Dienstanbieter, die Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk vermitteln, für die von den Nutzern des Netzwerkes begangenen Rechtsverletzungen nicht verantwortlich gemacht werden können, wenn die Dienstanbieter die Übermittlung der Daten nicht veranlasst haben, den Adressaten der übermittelten Daten nicht auswählen und die übermittelten Daten selbst nicht auswählen oder verändern.

Sofern ein WLAN-Hotspot zu geschäftlichen Zwecken betrieben wird, wie dies im Fall des Mitglieds der Piratenpartei Deutschlands zutreffend war, muss eine Verantwortlichkeit des Netzwerkbetreibers verneint werden.

Im Hinblick auf die erste Fragestellung führt der Europäische Gerichtshof aus, dass der Betreiber eines öffentlichen WLAN-Hotspots für den Fall, dass bereits eine Rechtsverletzung festgestellt worden ist, dieser künftig verpflichtet ist, Benutzerkonten für den von ihm zur Verfügung gestellten WLAN-Hotspot zu vergeben. Die Benutzerkonten dürften dann regelmäßig aus einem Benutzernamen und einem dazugehörigen Passwort bestehen.

Gegenwärtige Folgen dieser neuerlichen Entscheidung

Die bereits totgesagte Störerhaftung wird durch die neuerliche Entscheidung sicherlich eine Belebung erfahren. Weiterhin stellte der europäische Gerichtshof ebenfalls klar, dass auch Betreiber von öffentlichen WLAN-Hotspots weiterhin mit Abmahnungen rechnen müssen. Somit ist jedem Betreiber eines öffentlichen WLAN Hotspots nur anzuraten, dieses auch weiterhin zu verschlüsseln und mit Benutzerkonten zu versehen. Darüber hinaus ist noch anzumerken, dass die neuerliche Entscheidung keine Auswirkungen auf private Betreiber von WLAN-Hotspots hat.

Sollten Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an:

Rechtsanwalt Kai Schnabel


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Kai Schnabel

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten