Diesel-Abgasskandal: Was Autobesitzer tun können – Verjährung droht zum Ablauf des Jahres 2018

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Begonnen hat der Diesel-Abgasskandal im Jahr 2015 noch als VW-Abgasskandal. Der Volkswagen-Konzern musste damals zugeben, dass in diversen Pkw-Modellen bei Dieselmotoren eine illegale Abschaltautomatik eingebaut wurde. Vorausgegangen waren Ermittlungen der US-Umweltschutzbehörde, des US-Justizministeriums und der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft. Mithilfe dieser illegalen Automatik erkennt der jeweilige Pkw den Unterschied, ob er im normalen Straßenverkehr bewegt wird oder auf einem Prüfstand. Dementsprechend regelt der Pkw die Verbrennung im Motor anders, nämlich so, dass die geltenden Richtwerte für Abgasemissionen (auf dem Prüfstand) eingehalten werden. Unter normalen Bedingungen, also im Straßenverkehr, werden diese Abgasnormen aber dann nicht mehr eingehalten.

Nachdem dies nicht mehr zu leugnen war, räumte Volkswagen den Betrug ein. Abgesehen von Strafzahlungen leistete Volkswagen auch an die US-Kunden Entschädigungen im zweistelligen Milliardenbereich. Während die US-Kunden großzügig entschädigt wurden, haben es deutsche Kunden deutlich schwerer. Das liegt unter anderem daran, dass die deutschen Behörden im Umgang mit dem Abgasskandal sehr zögerlich agieren, zum Nachteil der Verbraucher. Außerdem konnten sich VW-Kunden in den USA diversen Sammelklagen anschließen. In Deutschland gibt es aber keine „Sammelklagen“.

Stattdessen hat der Gesetzgeber nun eilig ein neues Gesetz für sogenannte Musterfeststellungsklagen eingeführt. Auch wenn dies teilweise in den Medien nun als „Chance“ für die Verbraucher dargestellt wird, ihre Rechte gegen VW und andere Autohersteller durchzusetzen, so sollte man nicht zu viel erwarten. Der deutsche Gesetzgeber hat sich einfach nicht getraut, eine wirklich verbraucherfreundliche Sammelklage in Deutschland einzuführen. Stattdessen hat man etwas geschaffen, dessen Nutzen bereits jetzt fragwürdig ist und bereits jetzt die Frage aufwirft, was Verbraucher am Ende davon haben. Im Ergebnis dürfte es dabei bleiben: Wollen Sie Ihre Rechte durchsetzen, dann müssen Sie selber klagen.

Längst handelt es sich nicht mehr nur um einen VW-Abgasskandal, zwischenzeitlich wurde bekannt, dass auch andere Hersteller illegale Abschaltautomatiken in ihren Dieselmotoren verwendet haben.

Jeder Kunde kämpft für sich!

In Deutschland besteht für Kunden das Problem, dass sie sich keiner Sammelklage anschließen können, vielmehr muss jeder einzelne Kunde selber tätig werden und gegebenenfalls vor Gericht klagen. Alleine bei Volkswagen wurden Dieselmotoren mit illegaler Abschaltautomatik weltweit in etwa 11 Millionen Pkws verbaut. In Deutschland haben zwischenzeitlich tausende Autokäufer Gewährleistungsrechte wegen dieser Motoren geltend gemacht und vor Gericht geklagt. Verglichen mit der Anzahl der manipulierten Motoren ist dies wahrscheinlich aber nur ein geringer Teil der betroffenen Kunden. Ein Großteil der Kunden wartet noch ab, was aber unter Verjährungsgesichtspunkten denjenigen zukünftig zum Verhängnis werden kann.

Bislang ungeklärt ist die Frage, ob betroffene Dieselmodelle zukünftig evtl. stillgelegt werden müssen oder nicht mehr in bestimmte Umweltzonen in Städten einfahren dürfen. Der deutliche Wertverlust ist für die Eigentümer bereits jetzt spürbar. Bis heute wird den betroffenen Kunden von Volkswagen versprochen, man würde mit geringfügigen Modifikationen, im Wesentlichen einem Softwareupdate, das Problem beheben. Hier muss man feststellen, dass Volkswagen diesbezüglich auf Zeit spielt, denn das deutsche Verjährungsrecht spielt allen Autobauern in die Hände, welche solche illegalen Abschalteinrichtungen in ihren Dieselmotoren verbaut haben.

Was können die betroffenen Dieselkunden tun?

Zunächst stellt sich die Frage, ob die betroffenen Pkws an einem sogenannten „Sachmangel“ leiden.

Die Argumentation der Verkäufer in den bereits durchgeführten Gerichtsverfahren ging dahin, dass an dem Pkw überhaupt kein Mangel vorläge. Zwischenzeitlich gibt es aber diverse Gerichtsurteile, in welchen es eindeutig als Sachmangel angesehen wird, wenn ein Pkw mit Dieselmotor ausgestattet ist, der über eine solche illegale Abschaltautomatik verfügt, weil er sonst nicht die gültigen Richtwerte für Abgasemissionen einhält. Auch das Landgericht Bückeburg hat neben diversen anderen Gerichten so entschieden. Insofern besteht für die betroffenen Autokunden eine gute Aussicht, gerichtlich Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Hierbei müssen sich die Kunden auch nicht auf ein vom Hersteller angebotenes Softwareupdate verweisen lassen, vielmehr besteht die Möglichkeit, auch vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn der Hersteller eine zeitnahe sogenannte Hardwarenachrüstung ablehnt.

Problem der Verjährung!

Problematisch ist allerdings das Verjährungsrecht. Beim Kauf eines Neuwagens gilt in der Regel eine zweijährige Verjährungsfrist, diese kann bei Gebrauchtwagen (wenn man ihn von einem Händler kauft) auf ein Jahr reduziert werden.

Insbesondere die betroffenen Volkswagenkunden könnten insofern Probleme bekommen, wenn der Kaufvertrag im Jahre 2015 geschlossen wurde. Demnach wären „normale“ Gewährleistungsansprüche zwischenzeitlich verjährt. Dies ist auch ganz im Sinne der Autobauer, so hat Volkswagen seinen Händlern empfohlen lediglich bis Ende 2017 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Anspruch bis Ende 2018 (gerichtlich) geltend machen!

Im BGB gibt es allerdings eine Sondervorschrift zur Verjährung bei Kaufverträgen in § 438 Abs. 3. Demnach gilt die regelmäßige Verjährungsfrist (3 Jahre), wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nun ist der Vertragspartner in vielen Fällen ein Händler und nicht unmittelbar der Autokonzern. Es gibt jedoch mittlerweile diverse landgerichtliche Entscheidungen, wonach sich der Händler das Wissen des Autokonzerns zurechnen lassen muss, sodass im Ergebnis für alle betroffenen Kunden, die ihren Pkw im Jahre 2015 erworben haben, Gewährleistungsrechte und Schadensersatz noch bis zum Jahresende 2018 geltend gemacht werden können. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Ansprüche dann bis Jahresende gerichtlich geltend gemacht werden müssen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern.

Betroffene Kunden sollten sich daher kurzfristig entscheiden, ihre Rechte geltend zu machen, denn unabhängig von etwaigen zukünftigen Fahrverboten können jedenfalls keine Rechte mehr geltend gemacht werden, wenn die Gewährleistungsansprüche verjährt sind.

Widerruf bei finanziertem Autokauf!

Betroffene Autokäufer können sich auch noch eines weiteren rechtlichen „Kniffes“ bedienen, wenn sie ihren erworbenen Diesel „loswerden“ wollen.

Die Hinhaltetaktik mancher Autobauer hat Kunden dazu bewogen, auch andere Wege zu gehen. Viele Neuwagenkäufe werden heute direkt über konzerneigene Banken des Autoherstellers finanziert.

Viele Autofinanzierungen und/oder Leasingverträge von konzerneigenen Autobanken sind fehlerhaft; dies gilt insbesondere für Verträge ab Juni 2010. Die Autobanken müssen ihre Kunden im Rahmen einer Finanzierung oder eines Leasingvertrages über ein bestehendes Widerrufsrecht informieren. Der Inhalt, den eine solche Widerrufsbelehrung haben muss, ist dabei gesetzlich genau definiert. Entspricht die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben, gilt der Kunde nicht als ordnungsgemäß belehrt. Das bedeutet, der Kunde kann den Vertrag widerrufen, bis er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht und den Beginn der Widerrufsfrist belehrt wurde.

Jahrelang gab es bei Immobilienkrediten eine ähnliche Fallkonstellation. Bei diesen hat der Gesetzgeber durch eine gesetzliche Änderung dafür gesorgt, dass bei Immobilienkrediten ein Widerruf von Altverträgen in vielen Fällen nicht mehr möglich ist. Diese Änderung gilt aber nicht für eine Autofinanzierung oder einen Autoleasingvertrag: Hier können Kunden auch ohne zeitliche Begrenzung für Altverträge diese widerrufen, wenn sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Für den Autokäufer ist dies von besonderer Bedeutung, denn der Kaufvertrag über den Pkw und die Kreditfinanzierung oder der Leasingvertrag stellen einen verbundenen Vertrag gem. § 358 BGB dar.

Beseitigt also der Kunde den Darlehens- oder Leasingvertrag durch Widerruf, ist er auch an den Autokaufvertrag nicht mehr gebunden. Der Kunde muss dann den Pkw zurückgeben, erhält aber auch sämtliche gezahlten Kreditraten und eine etwaige Anzahlung zurück. Zu diesen Fällen liegen ebenfalls bereits mehrere landgerichtliche Entscheidungen vor.

Es gibt also für betroffene Dieselkunden verschiedene Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen, allerdings sollte man im Hinblick auf eine drohende Verjährung zeitnah handeln und nicht zu lange abwarten.



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