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Rücktritt vom Kaufvertrag: Voraussetzungen & Ablauf

  • 19 Minuten Lesezeit
Rücktritt vom Kaufvertrag: Voraussetzungen & Ablauf

Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist ein wichtiges Recht, das dem Inhaber erlaubt, einseitig auf eine bestehende Rechtslage einzuwirken. Durch seine Erklärung wird das Kaufgeschäft rückabgewickelt. Infolgedessen müssen Käufer und Verkäufer sich in der Regel gegenseitig bewilligte Leistungen zurückgewähren. Die Anrechnung von Vorteilen sowie Schadensersatzansprüche sind dabei nicht ausgeschlossen. Wenn Sie vorhaben, von einem Kaufvertrag zurückzutreten, klären Rechtsanwalt Volker Blees und Rechtsanwalt Stefan Grunow Sie über wichtige gesetzliche Regelungen auf.

Rücktritt vom Kaufvertrag: Voraussetzungen und Regelungen

Pacta sunt servanda – einer der Klassiker schlauer Juristenweisheiten, der da bedeutet, „Verträge sind zu erfüllen“, oder einfach gesagt, „Vertrag ist Vertrag“. Wer also einen Vertrag, hier am Beispiel des Kaufvertrags, eingeht, ist an diesen gebunden. Was recht simpel klingt, ist in der Alltagspraxis weit mehr als nur ein Randthema, sodass jeder sicherlich schon einmal einen Kaufvertrag eingegangen ist, der am Ende nicht wirklich befriedigend war. Läuft etwas schief, stehen den Vertragsparteien diverse rechtliche Mittel zur Verfügung, um darauf zu reagieren. Gewährleistungsrechte wie Reparaturen/Ausbesserungen, die Minderungen des Kaufpreises oder der Austausch der Ware sind sicherlich am geläufigsten. Aber auch Verkäufer sind nicht rechtlos gestellt, etwa wenn der Käufer nicht zahlt.

Zusätzlich dazu sieht das BGB das Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag vor. Allerdings ist dieses an verschiedene Voraussetzungen gebunden, ein allgemeines Rücktrittsrecht, das man problemlos und stets gegenüber seinem Vertragspartner ausüben kann, gibt es nicht. Wäre dem so, würden derart viele Unsicherheiten schon bei relevantesten Verträgen des Alltags bestehen, dass das Prinzip der Vertragsfreiheit eklatant gestört wäre, denn: pacta sunt servanda.

Voraussetzung: wirksamer Kaufvertrag

Was sollte in einem Kaufvertrag stehen ?

Voraussetzung ist zunächst, dass ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. Hapert es bereits am Vertrag selbst, kommt es auf einen Rücktritt nicht weiter an, denn von einem unwirksamen Vertrag kann man nur schwerlich zurücktreten. Technisch gesehen müssen also zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Einfach gesagt, Verkäufer und Käufer müssen sich darüber einig sein, dass eine bestimmte Ware des Verkäufers nach Zahlung eines bestimmten Geldbetrags des Käufers in das Eigentum des Käufers übergeht, Grundnorm § 433 BGB. Tritt diese Einigung für die Parteien klar erkennbar hervor, ist der Vertrag wirksam.

Im Anschluss ist das Geld zur vollen Höhe durch den Käufer zu zahlen und der Verkäufer muss die Ware im vereinbarten Zustand übergeben. Spätesten das ist die Phase, in der Probleme auftauchen.

Nun gibt ein Fehler im System nicht sofort das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Es gilt der Grundsatz „Vorrang der Nacherfüllung“. Dem Verkäufer ist zunächst die Möglichkeit einzuräumen, sich doch noch vertragstreu zu verhalten und einen vorhandenen Fehler zu beheben. Erst wenn das scheitert, wird die Frage eines Rücktritts vom Vertrag relevant.

Merke: So ärgerlich ein fehlerhaftes Produkt ist, geben Sie dem Verkäufer die Chance, seinen Fehler zu korrigieren. Anderenfalls schneiden Sie sich selbst weitere Rechte wie den späteren Rücktritt ab.

Scheitert die Aufforderung zur Nacherfüllung jedoch, kommt die Option des Rücktritts in Betracht.

Typische Probleme, die bei einem Kaufvertrag auftreten und einen Rücktritt bedingen können, sind

auf Seiten des Käufers:

  • Der Verkäufer liefert die Ware nicht oder nicht vollständig.
  • Die gelieferte Ware hat nicht die vertraglich vereinbarten Merkmale.
  • Die gelieferte Ware ist mangelhaft.
  • Die Lieferung der Ware wird für den Verkäufer unmöglich.

auf Seiten des Verkäufers:

  • Der Käufer zahlt den Kaufpreis nicht oder nicht vollständig.
  • Der Käufer erfüllt wesentliche Nebenbedingungen nicht.

Ein Rücktrittsrecht kann bereits im Kaufvertrag selbst festgelegt sein oder aber es wird auf das gesetzliche Rücktrittsrecht des BGB zurückgegriffen. Ersteres kommt sicherlich eher für Verkäufer in Betracht, Letzteres wird in der Regel das Mittel der Käufer sein.

Vertragliches Rücktrittsrecht

Im Rahmen der bereits genannten Vertragsfreiheit steht es jedem zu, Verträge so zu schließen, wie er es für richtig hält. Daher besteht auch die Möglichkeit, ein Rücktrittsrecht bereits in den AGB eines Kaufvertrags zu verankern. Werden die AGB jedoch von einem Unternehmer in einer Vielzahl von Fällen gestellt, müssen sich diese an der sogenannten AGB-Kontrolle messen lassen. Dabei sieht § 308 Nr. 3 BGB vor, dass ein allgemeines Rücktrittsrecht ohne Verdeutlichung der Rücktrittsgründe nicht zulässig ist. Ist also ein Rücktrittsrecht in den AGB verankert, dann muss sich dieser Klausel entnehmen lassen, unter welchen ganz konkreten Bedingungen die Möglichkeit eines Rücktritts besteht. Ist das nicht der Fall, ist die Klausel unwirksam mit der Folge, dass ein – zumindest vertragliches – Rücktrittsrecht nicht besteht.

Beispiele für vertraglich vorbehaltene Rücktrittsrechte sind Klauseln, in denen der Kauf von bestimmten Mitwirkungspflichten des Käufers abhängt (beispielsweise ist eine Anzahlung innerhalb einer bestimmten Zeit vorzunehmen) oder aber, wenn der Verkäufer sich den Rücktritt für den Fall vorbehält, dass er selbst von seinem Lieferanten nicht beliefert wird.

Merke: Ein pauschales Rücktrittsrecht kann nicht wirksam in den AGB vereinbart werden. Notwendig ist stets, dass die Voraussetzungen des jeweiligen Rücktritts genannt sind.

Gesetzliches Rücktrittsrecht

Neben vertraglichen Rücktrittsrechten steht das gesetzliche Rücktrittsrecht des BGB. Voraussetzung dafür ist, dass ein bestehender Mangel am Vertragsgegenstand erfolglos unter Setzen einer angemessenen Frist mit der Aufforderung zur Nachbesserung gerügt wurde, § 323 Abs. 1 BGB.

Zwar ist unter bestimmten Voraussetzungen das Setzen einer solchen Frist nicht notwendig, siehe § 323 Abs. 2 BGB und die dortigen Beispiele. Genau dieses ausdrückliche Setzen einer Frist zur Nacherfüllung ist aber immer wieder ein Problem und lässt das Rücktrittsverlangen scheitern, wenn der Käufer zwar den Mangel angezeigt, jedoch keine ausdrückliche Frist zur Nachbesserung gesetzt hat. Für Verbraucher hat sich das nun zum 01.01.2022 geändert. Sofern Verbraucher am Vertrag beteiligt sind (sogenannter Verbrauchsgüterkauf, § 474 BGB), gibt nunmehr der neue § 475d BGB vor, dass eine „angemessene Frist“ lediglich eingehalten werden muss. Auf das Setzen einer ausdrücklichen Frist kommt es gerade nicht mehr an.

Bsp.: Verbraucher A rügt einen Mangel bei Verkäufer B. Nach alter Rechtslage musste A unter setzen einer konkreten Frist B zur Behebung des Mangels auffordern. Nach neuer Rechtslage reicht es aus, wenn der Mangel gerügt wird. Zwar muss Verbraucher A Verkäufer B natürlich eine angemessene Zeit geben, damit dieser den Mangel auch wirklich beseitigen kann. Verbraucher A muss diese Frist aber nicht mehr konkret nennen und kann nach einer angemessenen Wartezeit zurücktreten.

Dennoch, der Rücktritt ist gegenüber dem jeweils anderen Vertragspartner zu erklären. Nur deshalb, weil Sie eine erfolglose Nachbesserung verlangt haben, tritt der wirksame Rücktritt nicht automatisch ein. Daran hat auch die Vereinfachung der Rücktrittsvoraussetzung zum 01.01.2022 nichts geändert.

Merke: Für Verbraucher reicht es ab dem 01.01.2022 aus, wenn der Mangel gerügt wird und der Verbraucher eine angemessene Zeit abwartet, ob der Verkäufer reagiert. Passiert nichts, kann er den Rücktritt erklären. Allerdings muss der Rücktritt nach wie vor erklärt werden.

Merke: Die Vorgaben des erleichterten Rücktritts gelten nur für den Verbrauchsgüterkauf. Im B2B-Sektor gilt weiterhin, dass vor dem Rücktritt eine Frist zur Nachbesserung „gesetzt“ werden muss.

Sicherlich wird im Grundsatz auch weiter zu diskutieren sein, was denn nun eine „angemessene Zeit“ ist. Sofern die Verträge jedoch keine besonderen Eigenschaften aufweisen, dürften 14 Tage als angemessen angesehen werden, sodass ein Zuwarten darüber hinaus nicht erforderlich ist.

Rücktritt und Minderung

Statt eines Rücktritts vom Kaufvertrag besteht ebenso die Option der Minderung, § 441 BGB. Wichtig dabei ist: Es kann wegen desselben Mangels jeweils nur ein Recht ausgeübt werden. Entweder wird der Kaufpreis gemindert oder es wird der Rücktritt vom Vertrag erklärt. Entweder-oder – Sie müssen sich also entscheiden, ob die gekaufte Ware zu einem geminderten Preis für Sie nun attraktiv und sinnvoll ist oder aber ob Sie sich vom Vertrag lösen wollen.

Merke: Ist der Rücktritt rechtlich wirksam, dann ist es vorbei mit der Option der Minderung. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer die Wirksamkeit des Rücktritts bestreitet.

Folgen des Rücktritts

Wird der Rücktritt unter den erforderlichen Voraussetzungen wirksam erklärt, dann ist der Vertrag rückabzuwickeln. Das ist geregelt in § 346 BGB. Vereinfacht gesagt hat der Käufer den Kaufgegenstand zurückzugeben (sofern er ihn erhalten hat) und der Verkäufer hat den erhaltenen Kaufpreis zurückzuzahlen.

Teilweiser Rücktritt

Es kommt vor, dass ein Kaufvertrag nicht vollständig von einem Fehler betroffen ist. Das wäre etwa dann gegeben, wenn mehrere Teillieferungen erfolgen, von denen aber nur eine Teillieferung mangelhaft ist, die übrigen korrekten Teillieferungen für den Käufer aber weiterhin nutzbar sind.

Daher stellt sich die Frage, ob auch ein teilweiser Rücktritt möglich ist. Diese Option räumt das Gesetz in § 323 Abs. 5 BGB ausdrücklich ein. Für einen teilweisen Rücktritt muss es sich dabei um tatsächlich teilbare Leistungen handeln, die einzelnen Teilleistungen müssen also auch in der einzelnen Form nutzbar sein.

Daneben stellt sich aber die Frage, ob bei einer fehlerhaften Teilleistung auch der Rücktritt vom gesamten Vertrag möglich ist. Das aber ist nur denkbar, wenn für den Käufer aufgrund der fehlerhaften Teilleistung kein Interesse mehr am ganzen Vertrag besteht, siehe § 323 Abs. 5 BGB. Das muss im konkreten Einzelfall geprüft werden.

Bsp.: Käufer A kauft von Verkäufer B eine IT-Anlage, bestehend aus Hardware und Software. Dabei ist die Hardware nur mit der zu liefernden konkreten Software kompatibel, anderenfalls müsste die Hardware komplett neu angepasst werden. Wird nun die Software fehlerhaft oder aber gar nicht geliefert, dann macht das Festhalten an der Hardware keinen Sinn, denn ohne die ganz konkrete Software funktioniert sie nicht. Hier kann trotz der korrekten Lieferung der Hardware vom ganzen Vertrag zurückgetreten werden.

Merke: Ein teilweiser Rücktritt ist möglich, solange einzelne Teillieferungen eigenständig Sinn machen. Ein vollständiger Rücktritt bei einer fehlerhaften Teillieferung ist hingegen nur dann möglich, wenn auch die korrekten Teile für sich genommen keinen wirtschaftlichen Sinn mehr ergeben.

Verjährung

Interessant ist, dass das Recht zur Geltendmachung eines Rücktritts für sich genommen nicht verjähren kann. Das ist für den Laien „typisch juristisch spitzfindig“, denn verjähren können nur Ansprüche. Da das Rücktrittsrecht jedoch ein sogenanntes „Gestaltungsrecht“ ist, unterfällt es nicht der Anspruchsverjährung der §§ 194 ff. BGB. Um das nicht ausufern zu lassen, wird aber ein Rücktritt unwirksam, wenn Verjährung für den Anspruch eintritt, der Grundlage des Rücktritts ist, siehe § 218 BGB.

Bsp.: Ist der Rücktrittsgrund ein nicht behobener Mangel, dann ist ein Rücktritt so lange wirksam möglich, wie auch das Nachbesserungsrecht für den Mangel möglich wäre. Ist das Nachbesserungsrecht hingegen verjährt, ist ein Rücktritt unwirksam.

Wird aber das Rücktrittsrecht durch den Käufer trotz Verjährung des „Rücktrittsgrundes“ geltend gemacht und verweigert dieser etwa die Zahlung des Kaufpreises, dann kann der Verkäufer seinerseits vom Kaufvertrag zurücktreten, so ausdrücklich § 438 Abs. 4 BGB. Dies zeigt, welche Stolperfallen im Rahmen eines Rücktritts bestehen können, vor allem dann, wenn ein Fehler des Kaufgegenstandes erst sehr spät erkennbar wird.

Merke: Mit einem Rücktritt sind Sie also so lange auf der sicheren Seite, solange die Verjährung des zugrunde liegenden Mangels noch nicht eingetreten ist.

Widerruf beim Kaufvertrag

In der täglichen Praxis fällt immer wieder auf, dass der Rücktritt vom Vertrag und der Widerruf des Vertrags verwechselt werden. Für die Ausübung eines Widerrufs des Vertrags muss im Grunde gar nichts dargelegt werden. Weder das Vorliegen eines Mangels ist relevant noch müssen überhaupt Beweggründe mitgeteilt werden. Genau das macht den Widerruf attraktiv für Verbraucher.

Allerdings heißt es zwingend zu unterscheiden: Bei einem Widerruf des Vertrags handelt es sich um ein völlig anderes Rechtsmittel, das an völlig andere Voraussetzungen geknüpft ist.

Der Widerruf eines Kaufvertrags steht Verbrauchern in erster Linie bei reinen Onlinekäufen zu. Zweck des Widerrufs ist es, die fehlende direkte Inaugenscheinnahme des Produkts durch den Käufer in einem Ladengeschäft zu kompensieren. Für den Kauf in einem Ladengeschäft ist dies also nicht notwendig, sodass die simple Möglichkeit eines Widerrufs ohne jegliche Begründung dort auch nicht anzuwenden ist. Räumt Ihnen ein Verkäufer im Ladengeschäft ein Widerrufsrecht ein, dann macht er das allein aus Kulanzgründen. Eine Pflicht zur Einräumung eines Widerrufsrechts in einem Ladengeschäft besteht nicht.

Merke ebenso: Wird bei einem Onlinekauf die Widerrufsfrist versäumt, steht auch dem Onlinekäufer das grundsätzliche Recht des Rücktritts zu. Vorausgesetzt natürlich, die entsprechenden Rücktrittsvoraussetzungen sind gegeben.

Anfechtung und Rücktritt

Auch nicht verwechselt werden darf der Rücktritt mit der Anfechtung des Kaufvertrags. Bei der Anfechtung eines Kaufvertrags spielen Mängel oder sonstige Leistungsstörungen keine Rolle. Hier geht es darum, sich von einem Vertrag zu lösen, den man so eigentlich gar nicht abschließen wollte. Anders als bei einem Rücktritt oder einem Widerruf liegt das Problem der Anfechtung damit zu einem früheren Zeitpunkt vor, nämlich im Moment der Erklärung, die der Käufer/Verkäufer abgibt.

Merke: Bei einer Anfechtung ist zu fragen, wollte ich die Erklärung zum Abschluss des Kaufvertrags in exakt dieser Form abgeben? Für den Rücktritt ist hingegen zu fragen, will ich am Vertrag, den ich bewusst und gewollt geschlossen habe, weiter festhalten, obwohl der Vertrag fehlerhaft durchgeführt wird?

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auch nach umfassender Reformierung des Schuldrechts zum 01.01.2022 der Rücktritt vom Vertrag weiterhin ein zentrales Mittel bleibt, um auf gescheiterte Kaufverträge zu reagieren. Gerade die Vereinfachung der Fristsetzung zur Vertragserfüllung vor einem Rücktritt dürfte für Verbraucher vieles erleichtern.

Nacherfüllung hat Vorrang vor Rücktritt

Liegt bei einem Kaufvertrag ein Sachmangel bei der Übergabe der Sache an den Käufer vor, so steht dem Käufer das Recht zur sogenannten „Nacherfüllung“ zu. Nacherfüllung bedeutet, dass der Käufer nach seiner Wahl entweder die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache vom Verkäufer verlangen kann.

In dem Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass die Nacherfüllung stets Vorrang vor einem Rücktritt von einem Kaufvertrag hat. Es besteht also grundsätzlich nicht die Möglichkeit des Käufers, sofort vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn eine mangelhafte Sache übergeben oder geliefert wurde. Denn die Intention des Gesetzgebers ist es, dass die Kaufvertragsparteien zunächst am Kaufvertrag durch die Möglichkeit der Nacherfüllung festhalten sollen. Dem Verkäufer wird damit die Gelegenheit eingeräumt, eine vertragsgemäß geschuldete Leistung gegenüber dem Käufer zu erbringen (sog. Recht zur zweiten Andienung).

Erst wenn die Nacherfüllung gescheitert ist, soll vom Rücktrittsrecht des Käufers Gebrauch gemacht werden können. Grundsätzlich ist die Nacherfüllung dann gescheitert, wenn

  • dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und diese Frist ergebnislos verstrichen ist,
  • der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat,
  • dem Verkäufer die Nacherfüllung unzumutbar ist oder
  • der Verkäufer zwei erfolglose Nachbesserungsversuche vorgenommen hat.

Bei Verbrauchsgüterkäufen (Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware kauft) gibt es zugunsten des Käufers seit Anfang 2022 eine neu geschaffene Regelung bzgl. der Fristsetzung: Für die Geltendmachung von Nacherfüllungsansprüchen bedarf es für den Verbraucher unter anderem dann keiner Fristsetzung mehr, wenn der Verkäufer durch den Verbraucher über den Mangel unterrichtet wurde. Bereits durch die Unterrichtung über den Mangel wird automatisch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung in Gang gesetzt.

Rücktrittserklärung: Muster zum Rücktritt von einem Kaufvertrag

Der Rücktritt vom Kaufvertrag kann grundsätzlich formfrei erklärt werden (zum Beispiel mündlich in einem Telefonat, in Textform per E-Mail oder schriftlich). Zu beachten ist aber, dass es sich bei einer Rücktrittserklärung um eine sogenannte „empfangsbedürftige Willenserklärung“ handelt. Das bedeutet, dass die Rücktrittserklärung erst mit ihrem Zugang beim Verkäufer wirksam wird. Das bloße Absenden der Rücktrittserklärung reicht hierfür nicht. Daher ist es schon aus Beweisgründen unbedingt zu empfehlen, den Rücktritt vom Kaufvertrag schriftlich und per Einschreiben Einwurf zu erklären.

Vorlage für den Rücktritt vom Kaufvertrag bis 2022 von anwalt.de 

Vorlage für den Rücktritt vom Kaufvertrag ab 2022 von anwalt.de

Rückabwicklung eines Kaufvertrags: So funktioniert es 

Der Kaufvertrag an sich wird durch den wirksamen Rücktritt nicht aufgehoben. Vielmehr tritt durch den wirksam erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag eine Änderung des Vertragsinhaltes ein, und zwar dergestalt, dass ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis begründet wird. Rechtsfolge eines wirksamen Rücktritts vom Kaufvertrag ist es danach, dass die empfangenen Leistungen kraft Gesetzes Zug um Zug von den Kaufvertragsparteien zurückzugewähren sind. Das bedeutet, dass der Verkäufer einen erhaltenen Kaufpreis zu erstatten hat und der Käufer die Kaufsache dem Verkäufer zurückgeben muss. Sowohl die Erstattung des Kaufpreises als auch die Rückgabe der Ware ist dabei gleichzeitig fällig. Es besteht also weder für den Käufer noch für den Verkäufer eine Vorleistungspflicht. Zugleich darf auch keiner der Kaufvertragsparteien seinen Teil der Leistung so lange zurückhalten, bis der andere Vertragspartner seinen Teil erbracht hat. In der Praxis stellt sich die Rückabwicklung häufig insbesondere dann als schwierig dar, wenn das Vertrauen in den Vertragspartner nur mäßig oder gar zerrüttet ist.

Für den Käufer stellt sich bei der Rückabwicklung des Kaufvertrages die Frage, ob er die Kosten der Rücksendung der Ware an den Verkäufer zu tragen hat. Bezüglich der Kostentragungspflicht bei Rückgabe der Kaufsache wurde für die bereits erwähnten Verbrauchsgüterkäufe ebenfalls zugunsten des Käufers eine seit Anfang 2022 neu geltende Regelung geschaffen. Diese besagt, dass der Unternehmer nunmehr die Kosten der Rückgabe, also zum Beispiel die Versandkosten der Ware trägt. 

Zudem gibt es bei Verbrauchsgüterkäufen eine Beweislasterleichterung für den Käufer. Für den Nachweis der Rückgewähr der Ware reicht es nämlich aus, dass der Verbraucher nachweisen kann, dass er die Ware zurückgesendet, also zum Beispiel bei der Post aufgegeben hat.

Vom Kauf zur Rückabwicklung

Können Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten?

Um als Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten zu können, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Ist kein Rücktrittsrecht im Kaufvertrag vereinbart, kommt es darauf an, dass der Verkäufer einen gesetzlichen Rücktrittsgrund geltend machen kann. Das ist der Fall, wenn der Käufer den Kaufvertrag nicht oder nicht wie vereinbart erfüllt, also z. B. den Kaufpreis nicht wie vereinbart bezahlt. Warum der Käufer seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag nicht erfüllt, spielt dabei keine Rolle. Es ist deswegen egal, ob sich der Käufer schlicht weigert, zu bezahlen, ob er die Summe nicht aufbringen kann oder andere Gründe vorbringt.

Zahlt ein Käufer nicht, muss man als Verkäufer eine angemessene Frist setzen und den Käufer zur Zahlung bis spätestens zu diesem Termin auffordern. Wie lang eine angemessene Nachfrist ist, hängt vom konkreten Fall ab. Zahlt der Kunde auch nach Ablauf dieser Frist nicht, kann der Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag einleiten.

Verkäufer sind also – wie Käufer – grundsätzlich an einen Kaufvertrag gebunden. Auch wenn ein Verkäufer nach dem Abschluss eines Kaufvertrags also beispielsweise ein besseres Angebot für seine Ware von einem Dritten erhält, darf der Verkäufer nicht grundlos vom Kaufvertrag zurücktreten.

Rücktritt vom Kaufvertrag nach Auto-, Möbel- oder Immobilienkauf

Rücktritt vom Kaufvertrag nach Autokauf 

Auch beim Autokauf gilt der Grundsatz: Kein Rücktritt ohne Grund. Will man also vom Autokaufvertrag wegen eines nicht unerheblichen Mangels zurücktreten, muss man als Käufer den Verkäufer dazu auffordern, den Mangel zu beseitigen.

Was gilt es bei Möbeln zu beachten, wenn Sie einen Rücktritt vom Kaufvertrag erklären wollen? 

Ob z. B. eine Einbauküche zum Selbstzusammenbauen, Boxspringbetten oder der Designerschrank: Jede Anschaffung von Möbeln basiert auf einem Kaufvertrag. Ein Rücktritt vom Kaufvertag bei Möbelstücken ist nicht nur bei einem Mangel möglich. Auch Lieferprobleme können ein Grund für einen Rücktritt sein.

Das Möbelstück ist nicht lieferbar?

Hier ist die Rechtslage relativ klar: Wenn ein Möbelstück nicht lieferbar ist, nachdem der Kaufvertrag geschlossen wurde, entfällt der Anspruch des Verkäufers auf Zahlung. Das ist allgemein für derartige Fälle der „Unmöglichkeit“ gesetzlich geregelt. Als Käufer kann man dann, ohne eine Frist setzen zu müssen, direkt vom Kaufvertrag zurücktreten.

Die Lieferung verzögert sich?

Lieferverzögerungen bei Möbeln kommen häufig vor, daher ein wichtiger Tipp vorneweg: Lassen Sie sich Ihren Liefertermin immer schriftlich geben. Eine ungefähre mündliche Aussage des Verkäufers über einen Liefertermin ist nicht bindend und im Nachhinein schwer zu beweisen. Ein Liefertermin wird meist in Kalenderwochen angegeben, seltener ist ein genaues Datum.

Wenn der genannte Liefertermin überschritten ist, ist es sinnvoll, dem Verkäufer daraufhin schriftlich eine angemessene Frist zu setzen, bis zu der er endgültig liefern soll. Wie lange diese Frist sein darf, kann man nicht pauschal sagen. Sie darf aber wesentlich kürzer sein als die ursprünglich vereinbarte Lieferfrist. Hier kommt es schlichtweg auf den Einzelfall an. Falls der Verkäufer auch diese Frist verstreichen lässt, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Sinnvoll ist es, diesen Rücktritt schriftlich zu erklären. Mehr dazu finden Sie im Gliederungspunkt „Rücktrittserklärung: Muster zum Rücktritt von einem Kaufvertrag“.

Es gibt nur eine Möglichkeit, um direkt von einem Kaufvertrag zurückzutreten, wenn sich eine Möbellieferung verzögert: wenn eine Lieferfrist verbindlich vereinbart ist. Sie müssen bereits beim Vertragsschluss dem Verkäufer mitteilen, dass die Einhaltung des Liefertermins für Sie von wesentlicher Bedeutung ist. In diesem Fall kann man als Käufer ohne Fristsetzung direkt vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn das Möbelstück nicht zum vereinbarten Termin geliefert wurde.

Mangel am Möbelstück entdeckt? 

Der typische Mangel bei einem Möbelstück umfasst neben Kratzern, Transportbeschädigungen oder falschen Farbtönen auch eine fehlerhafte Montage durch den Hersteller bzw. Verkäufer.

Egal welcher Mangel von Ihnen festgestellt wird, das Prozedere bleibt dasselbe: Nacherfüllung hat Vorrang vor Rücktritt. Erst nach zwei gescheiterten Versuchen der Nacherfüllung durch den Verkäufer (z. B. Beheben des Mangels, Ersatzlieferung) ist der Rücktritt für den Käufer möglich.

Was ist bei Immobilien zu beachten, wenn Sie einen Rücktritt vom Kaufvertrag erklären möchten? 

Wie können Verkäufer einer Immobilie vom Kaufvertrag zurücktreten?

Es gibt zwei rechtliche Konstellationen für einen Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag.

  1. Die einfachere Variante: Der Rücktritt vom Kaufvertrag und die Bedingungen dafür sind im notariellen Kaufvertrag geregelt. 
  2. Der Verkäufer kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Käufer in Zahlungsverzug gerät, der Käufer also den Kaufpreis nicht wie vereinbart bezahlt, obwohl der Kaufpreis fällig ist. Entweder ist im Immobilienkaufvertrag ein festes Datum für die Kaufpreiszahlung vereinbart oder der Käufer erhält eine Fälligkeitsmitteilung des Notars. Wenn bis zum jeweiligen Stichtag kein Geld des Käufers eingegangen ist, befindet sich der Käufer mit Verstreichen des Tages in Zahlungsverzug, der Verkäufer kann zurücktreten.

Als Käufer zurücktreten

Auch als Käufer einer Immobilie kann man vom Immobilienkaufvertrag zurücktreten, wenn auch unter recht engen Voraussetzungen. Denn in der Regel findet sich in einem Kaufvertrag über eine Immobilie ein Gewährleistungsausschluss. Salopp kann man das mit „gekauft wie gesehen“ umschreiben. Das heißt, ein Rücktritt wegen eines einfachen Mangels ist beim Immobilienkauf nur selten möglich – egal ob Sachmangel (Schimmel etc.) oder Rechtsmangel (Belastungen im Grundbuch z. B. mit Wegerecht). Falls es im Kaufvertrag keinen Gewährleistungssauschluss gibt, ist es ähnlich wie bei einem normalen Kaufvertrag. Ausführungen dazu finden Sie im Gliederungspunkt Können Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten?“

Aber auch im Falle eines Gewährleistungsausschlusses sind für Immobilienkäufer zwei Konstellationen für einen Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag denkbar:

  1. Im Immobilienkaufvertrag ist ein Rücktrittsrecht auch für den Käufer unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen (vertragliches Rücktrittsrecht).
  2. In bestimmten Situationen ist ein Rücktritt auf gesetzlicher Grundlage denkbar. Damit ein Immobilienkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann, muss allerdings ein erheblicher Mangel an der Immobilie vorliegen. Das kann der Fall sein, wenn die Immobilie mit nicht übertragbaren bzw. nicht löschbaren Schulden belastet ist. Denkbar ist ein Rücktritt auch, wenn Sie als Käufer nach Unterzeichnung des Kaufvertrages erhebliche Mängel an der Immobilie feststellen, die der Verkäufer arglistig verschwiegen oder über die er arglistig getäuscht hat. Bei einer arglistigen Täuschung ist der Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag unwirksam. Was hier jedoch sehr wichtig ist: Der Käufer muss dem Verkäufer die arglistige Täuschung nachweisen können. Das ist in der Regel nur sehr schwer möglich. Zudem kommt hinzu, dass der Anspruch nach drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Mangel verjährt.

Ob Verkäufer oder Käufer: Ein Rücktritt vom Kaufvertrag sollte gerade bei Immobilien gut überlegt sein. Dadurch entsteht ein immenser bürokratischer Aufwand; hinzu kommt die Suche nach einer neuen Immobilie oder nach einem neuen Käufer. Eine bessere Alternative kann unter Umständen eine Mediation sein, bei der ein Anwalt zwischen den beiden Parteien vermittelt. Hier eine sinnvolle Lösung zu finden, ist von beidseitigem Interesse, und somit sollte der Rücktritt vom Kaufvertrag nur die Ultima Ratio sein.

FAQs – Häufige Fragen und Antworten zum Rücktritt von Kaufvertag

Ist Rücktritt von jedem Kaufvertrag möglich?

Grundsätzlich sind Verträge, so auch Kaufverträge, einzuhalten. Ein Rücktritt von einem Kaufvertrag ist also nicht immer „einfach so“ möglich. Wenn nicht vertraglich ein Rücktrittsrecht vereinbart ist, muss ein gesetzlicher Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag vorliegen. Ein Rücktritt ist deshalb grundsätzlich nur möglich, wenn ein Vertragspartner die vertraglich geschuldete Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt. Ist das der Fall, ist ein Rücktritt von jedem Kaufvertrag möglich – unabhängig davon, was verkauft bzw. gekauft wird (Gegenstände, Immobilien etc.).

Wie lange habe ich ein Rücktrittsrecht von einem Kaufvertrag?

Juristisch betrachtet verjährt das Rücktrittsrecht eines Kaufvertrags nicht: Nur Ansprüche verjähren, nicht aber Rechte. Trotzdem kann man den Rücktritt nicht zeitlich unbegrenzt erklären. Das Rücktrittsrecht bzw. der Rücktritt ist nicht wirksam, wenn der Anspruch verjährt ist, der Grundlage für den Rücktritt ist (z. B. Anspruch auf Nacherfüllung wegen Mangel). Wann das Rücktrittsrecht erlischt, hängt außerdem davon ab, was Gegenstand des Kaufvertrages war, ob also z. B. ein Auto oder ein Haus gekauft wurde, weil das BGB hier unterschiedliche Verjährungsfristen festlegt.

Wann gilt kein Rücktrittsrecht?

Es gibt Fälle, in denen ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag entfällt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Mangel an der Sache geringfügig ist, der Mangel vom Käufer selbst verursacht wurde oder dieser ihm im Vorfeld des Vertragsschlusses bekannt war. Nur wenn eine Privatperson von einem Unternehmen einen Gegenstand kauft (Verbrauchsgüterkauf), ist es seit 0101.2022 unerheblich, ob der private Käufer den Mangel kannte oder nicht – auch wenn er den Mangel kannte, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.

Foto(s): ©Pexels/rodnae productions, ©anwalt.de/BWI

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