Drohung eines Schutzgelderpressers muss dem Sachversicherer als Gefahrerhöhung angezeigt werden

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Der BGH hat jetzt in einer Entscheidung vom 16.06.2010 (Az.: IV ZR 229/09) eine Streitfrage zur Gefahrerhöhung in einer Weise geklärt, die rechtlich zwar schwer angreifbar sein dürfte, kriminalpolitisch aber gleichwohl ein gewisses Unbehagen hinterlässt.

Der Versicherungsnehmer war Inhaber einer Gaststätte, für die er eine Einbruchdiebstahlversicherung abgeschlossen hatte. In dieser Eigenschaft war er vor dem Versicherungsfall wiederholt mit dem Ziel der Schutzgelderpressung bedroht worden. Diese Drohungen waren zudem vor dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall mit verschiedenen kleineren Straftaten bekräftigt worden. Der Versicherungsnehmer hatte diese Schutzgelderpressung seiner Versicherung nicht mitgeteilt. Nachdem er dann in seiner Schadensmeldung erstmals auch die Entwicklung der vorangegangenen Erpressungsversuche geschildert hatte, kündigte die Versicherung den Versicherungsvertrag fristlos wegen Nichtanzeige der Gefahrerhöhung und berief sich auf Leistungsfreiheit. Der BGH hatte nun zu entscheiden, ob hier eine anzeigepflichtige objektive Gefahrerhöhung vorgelegen hat.

Der BGH hat zunächst bestätigt, dass eine derartige Schutzgelderpressung als objektive Gefahrerhöhung anzusehen ist, da hier aufgrund der nachhaltigen Drohungen von einer Gefahrenlage auszugehen war, bei der der Versicherer den in Rede stehenden Versicherungsvertrag nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte. Ohne Bedeutung war hier nach Auffassung des BGH auch, dass der Versicherungsnehmer durchaus rechtmäßig gehandelt hat, indem er die Schutzgelderpressung zurückgewiesen hat. Für die versicherungsrechtliche Beurteilung ist allein entscheidend, dass hier das Risiko für die Versicherung durch den Entschluss Dritter, die versicherte Sache zu beschädigen oder zu zerstören, wesentlich erhöht worden ist.

Diese Gefahrerhöhung wurde vom BGH auch als anzeigepflichtig angesehen und nicht etwa als mitversicherte Gefahr beurteilt. In der Vergangenheit hatte hierzu das OLG Karlsruhe entschieden, die insoweit angedrohte Schädigung der versicherten Sache erhöhe zwar das Risiko objektiv, sei aber von Anfang an mitversichert gewesen, da der versicherte Gegenstand immer dem Risiko der vorsätzlichen Schädigung ausgesetzt sei. Der BGH hat insoweit jetzt festgestellt, dass die Schutzgelderpressung allein wohl noch nicht ausreicht, um eine Gefahrerhöhung zu begründen, da das eigentliche Ziel des Schutzgelderpressers regelmäßig nicht die Beschädigung oder Zerstörung der versicherten Sache sei, sondern nur Mittel zum Zweck. Zudem führt der Vollzug der Drohung regelmäßig dazu, dass die Tat als solche letztlich fehlschlägt, da mit Zerstörung der Sache eine Erpressung nicht mehr möglich ist. Entsprechend ist nie sicher, ob ein Schutzgelderpresser seine Drohung tatsächlich wahr macht. Im vorliegenden Fall wurde dies jedoch anders beurteilt, weil dem hier streitgegenständlichen Versicherungsfall bereits entsprechende Handlungen vorausgegangen waren, aus denen sich deutlich entnehmen ließ, dass der Schutzgelderpresser hier tatsächlich konkret bereit war, seine Drohungen zu verwirklichen. Hinsichtlich der Frage der noch vom OLG Karlsruhe angenommenen Mitversicherung wies der BGH darauf hin, dass die vorsätzlich wiederholte Zerstörung oder Beschädigung zum Zweck der Durchsetzung einer rechtswidrigen Geldforderung deswegen nicht mehr mitversichert sei, weil letztlich der Prämienkalkulation des Versicherers die Vorstellung zugrunde liege, dass derartige Ereignisse allenfalls selten, keineswegs aber wiederholt auftreten.

Dem Umstand, dass die Erhöhung der Gefahr die Folge kriminellen Verhaltens Dritter war und der Versicherungsnehmer keine Möglichkeit hatte, der Gefahrerhöhung entgegenzutreten, wurde in diesem Zusammenhang nicht als maßgeblich angesehen, da der Versicherer ebenfalls keine Verantwortung für die veränderte Sachlage trägt. Dies ist rechtlich auch zutreffend, da die objektive Gefahrerhöhung typischerweise außerhalb der Einflussmöglichkeit des Versicherungsnehmers liegt.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass Versicherungsnehmer in dieser Situation vor der unerfreulichen Wahl stehen, die Schutzgelderpressung anzuzeigen, was regelmäßig zur Kündigung des Vertrages führen dürfte, oder die weitere Entwicklung abzuwarten, womit sie das Risiko eingehen, dass die Versicherung leistungsfrei wird. Wie bereits angemerkt, verbleibt insoweit im Hinblick auf die besondere kriminalpolitische Situation ein gewisses Unbehagen.


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