Erbschaftssteuer vermeiden – wie geht das?

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Wenn ich etwas testamentarisch vererbe, möchte ich in der Regel, dass der von mir bestimmte Erbe auch den gesamten Betrag erhält und für sich nutzen kann, und nicht die Hälfte in Form von Erbschaftssteuer wieder abgeben muss.

Auch aus der Perspektive des Erben ist es sinnvoll, sich, idealerweise noch vor Eintreten des Erbfalles, Gedanken darüber zu machen, ob sich auf legalem Wege Erbschaftssteuer sparen lässt, und wenn ja, wie. Ich möchte Ihnen in aller Kürze erklären, wie die Erbschaftssteuer funktioniert, und wie sie sich umgehen, oder jedenfalls deutlich reduzieren lässt.

In diesem Rechtstipp erfahren Sie:

  • Wie die Erbschaftssteuer funktioniert
  • Wie hoch die Erbschaftssteuer ist
  • Ob die Erbschaftssteuer vermeidbar ist
  • Wie sich die Erbschaftssteuer reduzieren lässt


Wie funktioniert die Erbschaftssteuer?

Die Erbschaftssteuer ist, gemeinsam mit der Schenkungssteuer, im Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) geregelt. Sie fällt an, wenn man eine Schenkung, eine Erbschaft oder eine zweckgebundene Zuwendung erhält (letztere unterscheidet sich dadurch, dass sie an eine Verpflichtung gekoppelt ist, etwa, wenn ein Erblasser testamentarisch festlegt, dass ein bestimmter Teilbetrag seines Nachlasses zur Pflege seines Haustieres zu verwenden ist) und ist vom Erben bzw. Beschenkten zu entrichten.

Der Erbe ist gemäß § 30 ErbStG verpflichtet, binnen einer Frist von 3 Monaten seine Erbschaft dem Finanzamt zu melden. Tut er das nicht, erfährt das Finanzamt durch die Bank oder die Versicherung von der Erbschaft, da diese ebenfalls meldepflichtig sind. Dann droht ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung.


Wie hoch ist die Erbschaftssteuer?

Die Höhe der Erbschaftssteuer ist abhängig vom Umfang des Erbes, sowie dem Verhältnis zwischen Erblasser und Erben. Das Gesetz unterscheidet hier die nahen Angehörigen, entfernteren Verwandten und alle anderen Personen in drei Steuerklassen:

Steuerklasse I:
 Eltern, Ehepartner, Kinder (auch Adoptivkinder)
Steuersatz 7-30 %
Steuerklasse II:
Geschwister, Nichten/Neffen, Schwiegereltern, Ex-Ehepartner
Steuersatz: 15-43 %
Steuerklasse III:
Alle anderen Personen
Steuersatz: 30-50 %

Eine Ausnahme bilden Unternehmensnachfolger. Diese fallen, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, immer in Steuerklasse I.


Ist die Erbschaftssteuer vermeidbar?

Das Steuerrecht ist eine komplizierte Angelegenheit. Die Zahl der denkbaren Szenarien ist schier unendlich und, abhängig von den jeweils gegebenen Voraussetzungen gibt es verschiedene Wege, Erbschaftssteuer zu sparen. Ob sie sich vollständig vermeiden lässt, ist stark vom Einzelfall abhängig, jedenfalls aber gibt es zuverlässige Mittel, die Steuerlast zu verringern.


Wie lässt sich die Erbschaftssteuer reduzieren?

1. Freibeträge ausschöpfen

Der erste Schritt in Hinsicht auf die Reduzierung der Erbschaftssteuer ist die Ausschöpfung des jeweils geltenden Freibetrages.

Die gesetzlichen Freibeträge billigen dem Erben einen steuerfreien Rahmen zu. Sie betragen in Steuerklasse I zwischen 100.000 und 500.000 €, in Steuerklasse II und III jeweils 20.000 €.

Erst, wenn das Erbe diesen Betrag überschreitet, fällt dafür Steuer an.

Wer bei der Verteilung seines Erbes die Freibeträge im Blick hat, kann dafür sorgen, dass seine Erben gar keine Steuer zahlen müssen.

Bei Erbschaften, die den normalen gesetzlichen Freibetrag überschreiten, ist jedoch (unter Umständen) noch ein weiterer Kniff möglich: Es gibt nämlich gesetzliche Spezialfreibeträge in bestimmten Fällen, die mit dem regulären Freibetrag kombiniert werden können.

So haben beispielsweise Ehepartner und Kinder des Erblassers zusätzlich Anspruch auf den Versorgungsfreibetrag. Dieser beträgt für die Ehepartner nochmal 256.000 €, für Kinder (je nach Alter bis maximal 27 Jahren) zwischen 10.300 und 52.000 €.

Außerdem infrage kommen der Haushaltsfreibetrag (für Küchengeräte, Mobiliar und Kleidung), der  für Steuerklasse I bei 40.000 € liegt, sowie unter Umständen der Pflegefreibetrag, auf den der Erbe Anspruch hat, wenn er den Erblasser zu Lebzeiten unentgeltlich gepflegt hat. Dieser beläuft sich auf weitere 20.000 €.

Ihr gesetzlicher Freibetrag lässt sich auf diese Weise also unter Umständen vervielfachen.

2. Supervermächtnisklausel in Berliner Testament

Wenn zwei Ehepartner beschließen, sich testamentarisch gegenseitig als Alleinerben einzusetzen, um einander finanziell abzusichern, spricht man von einem „Berliner Testament“. In dieses Testament lässt sich, wenn die Eheleute Kinder haben, die sogenannte Supervermächtnisklausel einfügen, die besagt, dass der erbende Ehepartner über das Erbe frei verfügen darf und somit an die Kinder weiterleiten kann. So kann gewährleistet werden, dass die für den Ehepartner geltenden Freibeträge nicht überschritten werden, und das Erbe steuerfrei bleibt.

3. Indirektes Erben

Das System der Freibeträge kann dahingehend „ausgetrickst“ werden, dass man eine Erbschaft nicht direkt sondern über den Umweg durch die höchstmögliche Steuerklasse vererbt.

Dies bietet sich an, wenn man etwas an eine Person vererben möchte, die in Steuerklasse II oder III fällt, dieser aber die hohe Erbschaftssteuer ersparen möchte, die dort anfällt.

Dies lässt sich am Einfachsten anhand eines Beispiels verdeutlichen:

Erblasser A. Möchte sein Haus einem alten Freund B. vermachen. Da kein Verwandtschaftsverhältnis besteht, fällt B. Jedoch in Steuerklasse III, hätte also mit einer Steuerlast von bis zu 50 % zu rechnen.

Also verfügt A. In seinem Testament, dass seine Eltern das Haus erben, verbunden mit der Auflage, dass diese das Haus zu gegebener Zeit an B. Weitervererben sollen. Auf diese Weise erhält B. Das Haus (mit Verzögerung einiger Jahre) mit dem Freibetrag der Eltern von A.

4. Lebzeitige Schenkung

Bei der Schenkungssteuer lässt sich der Freibetrag alle 10 Jahre von neuem ausschöpfen. Wer also frühzeitig anfängt, stückweise Schenkungen an seine potentiellen Erben zu tätigen, kann theoretisch sein Erbe komplett steuerfrei mit warmen Händen verteilen, was den Vorteil hat, dass der Erblasser zu Lebzeiten sicher gehen kann, dass alles in den Händen landet, in denen er es sehen möchte.

Das bedeutet übrigens nicht, dass man, nachdem man alles verschenkt hat, mittel- und obdachlos sterben muss, denn, insbesondere im Falle von Immobilien, aber auch hoher Kapitalanlagen, gibt es das Nießbrauchsrecht. Dieses besteht darin, dass man eine Schenkung (etwa des eigenen Hauses) tätigt, sich jedoch die lebenslange Nutzung desselben vorbehält.

5. Änderung von Familienverhältnissen

Zumindest unter gewissen Umständen kann man durch Eheschließung mit einem potentiellen Erben oder dessen Adoption dafür sorgen, dass dieser in die Steuerklasse I „aufrückt“, und im Erbfall den höchstmöglichen Freibetrag erhält.

Dies sind nur einige theoretische Möglichkeiten, die Erbschaftssteuer zu reduzieren, und im besten Fall, ganz zu vermeiden. Um im Einzelfall den bestmöglichen Weg zu finden, und alle Optionen auszuschöpfen, die sich bieten, ist es ratsam, sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, der Ihre persönliche Situation dahingehend analysieren und Ihnen die für Sie und Ihre Angehörigen sinnvollste Lösung herausarbeiten, und Sie gegebenenfalls bei der Aufsetzung der entsprechenden Unterlagen (Testament, Erbvertrag, Nießbrauchsvertrag, etc.) unterstützen kann.

Dr. De Leve & Kersten sind auf Erbrecht spezialisiert und arbeiten bundesweit.

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