Erhöhung der Erbschaftsteuer für Immobilien?

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Sollte man Grundeigentum noch in 2022 verschenken, um Steuern zu sparen?

Notare und auf Schenkungs- und Erbschaftssteuer spezialisierte Kanzleien verzeichnen seit Oktober einen Ansturm von Immobilieneigentümern. Diese wollen noch in diesem Jahr Häuser, Wohnungen, Gewerbeimmobilien etc. auf die nächste Generation im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Grund ist der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 und die mediale Berichterstattung über eine daraus folgende Erhöhung der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer bei Immobilien.

Warum soll die Erbschaftsteuer für Immobilien erhöht werden?

Formal ändert sich die Erbschaftsteuer auf Grundeigentum nicht. Steuersätze, Freibeträge, Steuerbefreiungen etc. bleiben gleich. Ändern soll sich die Bewertung der Immobilien, damit der vom Finanzamt ermittelte Steuerwert dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht. Das hat in der Vergangenheit das Bundesverfassungsgericht gefordert, das darüber wacht, dass bei der Besteuerung der Gleichheitsgrundsatz eingehalten wird. Die neuen Regelungen im Bewertungsgesetz führen also dazu, dass Immobilien, die in der Vergangenheit zu niedrig bewertet wurden, höher bewertet werden, was faktisch in diesen Fällen zu einer Steuererhöhung führt.

Was ändert sich bei der Bewertung von Immobilien bei Erbschaften und Schenkungen?

Die Änderungen im Jahressteuergesetz, die sich auf die Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer auswirken, betreffen das Bewertungsgesetz. Sowohl das Ertragswertverfahren als auch das Sachwertverfahren soll an die in 2021 geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) angepasst werden.

Unter anderem ist eine Begrenzung der abzugsfähigen Bewirtschaftungskosten vorgesehen, der pauschale gesetzliche Liegenschaftszins soll sinken, für die Baukosten sollen Regionalfaktoren eingeführt werden und die Wertzahlen beim Sachwertverfahren sollen an das aktuelle Marktniveau angepasst werden.

Bei welchen Immobilien droht eine Erhöhung der Erbschaftsteuer (nicht)?

Viele Immobilien – gerade in Ballungszentren – werden gar nicht, oder nur eingeschränkt von den neuen Regelungen bei der Bewertung betroffen sein, da ohnehin bereits das Vergleichswertverfahren zur Anwendung kommt, die Liegenschaftszinssätze sogar unterhalb von 3,5 Prozent liegen oder Gutachterausschüsse bereits Sachwertfaktoren ermitteln.

Ob für eine konkrete Immobilie eine Erhöhung der Erbschaftsteuer droht und wie nennenswert diese ausfallen könnte, muss daher sorgfältig geprüft werden. Das Ergebnis hängt von zahlreichen Faktoren ab, wie der Lage, der Nutzung, dem Alter etc. und kann daher nicht pauschal für alle Immobilien oder auch Gruppen von Immobilien vorhergesagt werden.

Wer sollte jetzt noch in 2022 Häuser, Wohnungen etc. übertragen?

Ergibt die Prüfung, dass die konkrete Immobilie von den bisherigen Regelungen profitiert, indem ihr Steuerwert nach dem Bewertungsgesetz deutlich unter dem tatsächliche Wert liegt und führt die geplante Gesetzesänderung voraussichtlich zu einer höheren Bewertung, kann die Übertragung im Einzelfall geboten sein. Beachten Sie, dass aber auch dann die steuerfreie Vererbung oder Schenkung selbstverständlich noch möglich ist, soweit man sich innerhalb der Freibeträge bewegt oder Steuerbefreiungen z.B. für das Familienheim in Anspruch nehmen kann. 

Grundsätzlich sollten Sie aber nur dann eine Immobilienschenkung vornehmen, wenn diese ohnehin für die nächste Zeit beabsichtigt war und wenn Sie alle Konsequenzen nach eingehender Beratung kennen. Eine vorweggenommene Erbfolge sollte niemals ausschließlich steuerlich motiviert sein und der oder die Schenker sollten sich bestmöglich absichern – zum Beispiel mit einem Vorbehaltsnießbrauch, der auch steuerlich sinnvoll sein kann.

Bis wann muss die Schenkung vorgenommen werden, damit noch das alte Recht gilt?

Soll bei einer Änderung der Gesetzeslage eine Besteuerung noch nach bisherigem Recht erfolgen, muss die Schenkung am Tag vor dem Inkrafttreten der Rechtsänderung ausgeführt sein, da zu diesem Zeitpunkt entsteht.

Eine Immobilienschenkung gilt in steuerlicher Hinsicht aber nicht erst mit der Eintragung im Grundbuch als vollzogen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gilt eine Grundstücksschenkung schon dann als ausgeführt, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in der vorgeschriebenen Form abgegeben haben und der Beschenkte deswegen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken. Es reicht also aus, dass beim Notar die Auflassung erklärt wird und die Umschreibung im Grundbuch vom Schenker bewilligt wurde.

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